European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00117.19B.1024.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können zwar auch über Tatsachen geäußerte Vermutungen und Verdächtigungen sowie in Frageform aufgestellte Behauptungen Tatsachenbehauptungen sein (RS0031675). Deren Weitergabe in Vermutungsform ist als „Verbreitung“ anzusehen, wäre doch bei anderer Deutung § 1330 Abs 2 ABGB gegen geschickte Formulierungen wirkungslos. Die Berichterstattung muss deshalb neutral und ausgewogen sein, weil sonst durch die Wiedergabe von Verdächtigungen dritter Personen der Schutz des § 1330 Abs 2 ABGB leicht umgangen werden könnte (RS0031816; jüngst 6 Ob 141/18f).
Der Oberste Gerichtshof hat allerdings bereits in der Entscheidung 6 Ob 256/08b in einem (dem hier zu beurteilenden ähnlichen) Fall, in dem von einer Tageszeitung im Zusammenhang mit dem (dortigen) Kläger, einem Biathleten, über eine Doping-Liste und über eine anonyme Anzeige wegen Blutdopings sowie des Verdachts des Versicherungsbetrugs berichtet worden war, die Beurteilung des (dortigen) Rekursgerichts, es liege insgesamt eine neutrale Berichterstattung und nicht eine unzulässige Identifikation mit den in der Anzeige erhobenen Vorwürfen vor, nicht beanstandet, weil – trotz reißerischer Überschrift – im Wesentlichen sehr ausgewogen berichtet worden sei. Die (dortige) beklagte Partei habe nicht nur floskelhaft auf die Unschuldsvermutung hingewiesen, sondern an mehreren Stellen der inkriminierten Artikel betont, dass es sich um noch nicht erwiesene Vorwürfe handelt; ausdrücklich sei betont worden, dass die Anzeige anonym und deshalb mit Vorsicht zu genießen sei. Schließlich seien einzelne Sportler mit den – ausdrücklich als „gewagt“ bezeichneten – Behauptungen in der anonymen Anzeige konfrontiert und deren Äußerungen dahin zusammengefasst worden, sie hätten „glaubwürdig“ beteuert, nichts mit Doping zu tun zu haben; es liege „Rufmord“ vor. Auch die Äußerung eines Sprechers der Staatsanwaltschaft, wonach die betroffenen Sportler strafrechtlich keine Unannehmlichkeiten zu erwarten hätten, sei zitiert worden. Über den Fotos einzelner Angezeigter habe sich in Fettdruck der Hinweis „Es gilt die Unschuldsvermutung“ befunden, und der damalige Bundeskanzler und Sportminister sei mit der Äußerung zitiert worden, er warne „vor jeder Art von Vorverurteilung“.
Im vorliegenden Fall haben die Beklagten in mehreren Berichten zwar über Gerüchte um Geldwäsche, die im Zusammenhang mit einem anonymen Sponsoring an den klagenden Sportverein geäußert worden seien, berichtet, wobei 31 Mitgliedsvereine Aufklärung über die Herkunft der Sponsorgelder forderten. Die Beklagten wiesen jedoch mehrfach darauf hin, dass es sich dabei um ein Gerücht handle, für das es keine Beweise gebe, weshalb man sich davon auch distanziere; es gelte die Unschuldsvermutung. Zitiert wurde außerdem der Rechtsanwalt eines derjenigen, die Vorwürfe gegen den klagenden Verein erhoben hatten, mit den Worten: „Auch wir werfen niemandem Geldwäsche vor, wollen aber selbst nicht in diesen Verdacht kommen!“ Im letzten Beitrag wurde getitelt „Keinerlei Verdacht für 'Geldwäsche'“ und ausgeführt, man habe dem klagenden Sportverein nie ein rechtswidriges Verhalten vorgeworfen, sondern lediglich darüber berichtet, dass 31 Vereine aufgrund der bestehenden Rechtslage zur Verhinderung von Geldwäsche eine Herkunftsüberprüfung eines anonymen Sponsorings eingefordert hätten.
Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage von einer distanzierten, neutralen Berichterstattung ausgingen, so ist dies im Sinn der Entscheidung 6 Ob 256/08b nicht zu beanstanden.
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