OGH 8Ob70/19f

OGH8Ob70/19f24.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** W*****, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei L***** N*****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen restlich 40.167,59 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Mai 2019, GZ 16 R 64/19b‑50, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00070.19F.0924.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger wurde aus der stationären Behandlung in einer von der Beklagten getragenen Krankenanstalt auf eigenen Wunsch gegen sogenannten Revers entlassen. Gemäß § 24 Abs 4 Satz 1 KAKuG hat, wenn der Pflegling, seine Angehörigen oder sein gesetzlicher Vertreter die vorzeitige Entlassung wünschen, der behandelnde Arzt bzw Zahnarzt auf allfällige für die Gesundheit nachteilige Folgen aufmerksam zu machen und darüber eine Niederschrift aufzunehmen. Ob diese Aufklärung hier hinreichend erfolgte kann – wie bereits vom Berufungsgericht erkannt – letztlich offen bleiben, weil nach den Feststellungen auch eine weitergehende Aufklärung, welchen Inhalts immer, auch über die Möglichkeit genau jenes Verlaufs, der letztlich eingetreten ist, den Kläger nicht von seinem Entlassungswunsch abbringen hätte können. Wenn auch das pflichtgemäße Verhalten den Schaden nicht verhindert hätte, ist dessen Unterlassung für den Schadenseintritt nicht kausal (7 Ob 238/07m = JBl 2009, 247 [Bumberger]; 8 Ob 53/14y = RIS‑Justiz RS0022913 [T16]; Karner in KBB5 § 1295 Rz 14 uva).

2. Der Umfang der

ärztlichen Aufklärungspflicht ist eine Frage des Einzelfalls und als solche – abgesehen von auffälligen Fehlbeurteilungen – nicht revisibel (RS0026763 [T5]). Dies gilt auch für die gesetzlich besonders geregelte Aufklärungspflicht nach § 24 Abs 4 KAKuG (1 Ob 743/80 = JBl 1982, 491; vgl auch Radner/Haslinger/Reinberg/Radner, Krankenanstaltenrecht § 24 KAKuG Anm 5) und damit auch für die Frage, ob spätere Erkenntnisse eine Ergänzung der im Rahmen der vorzeitigen Entlassung erfolgten Aufklärung erfordern.

Der Kläger wurde vor seiner Entlassung – noch ohne Laborbefund – zwei Tage gegen den Keim Staphylococcus aureus intravenös antibiotisch behandelt. Nach den Regeln der ärztlichen Kunst wäre eine jedenfalls zweiwöchige intravenöse Behandlung indiziert gewesen. Nach Äußerung seines Wunsches auf vorzeitige Entlassung wurde der Kläger vom Arzt unter anderem auf die aus medizinischer Sicht erforderliche intravenöse Antibiotikagabe hingewiesen. Nur weil er auf die Entlassung bestand, wurde der Kläger auf orale Antibiotikagabe umgestellt und entlassen. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass keine

weitere Aufklärung des Klägers dadurch erforderlich wurde, dass erst nach der Entlassung der Laborbefund ergab, welcher Keim vorlag, ist keinesfalls unvertretbar, hatte sich doch aus medizinischer Sicht im Ergebnis nichts Wesentliches geändert. Der Kläger war auch bereits wegen der Infektion und der daraus resultierenden Wundheilungsstörung operiert worden. Vor und nach dem Laborbefund war die intravenöse Gabe des Antibiotikums geboten. Die hierfür erforderliche stationäre Behandlung hatte der Kläger aber gerade abgelehnt.

3. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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