OGH 10ObS123/19i

OGH10ObS123/19i13.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Wolfgang Kozak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Rehabilitationsgeld, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 25. Juli 2019, GZ 6 Rs 44/19s‑19, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00123.19I.0913.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1 Das als unbefristete Dauerleistung ausgestaltete Rehabilitationsgeld ist durch Bescheid des Pensionsversicherungsträgers gemäß § 99 ASVG zu entziehen (§ 143a Abs 1 ASVG).

1.2 Voraussetzung für eine Entziehung des Rehabilitationsgeldes ist der Eintritt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der ursprünglichen Zuerkennung (vgl RS0106704). Zeitpunkt der ursprünglichen Leistungszuerkennung ist die Erlassung des Gewährungsbescheids. Der Zustand im Bescheidzeitpunkt ist daher dem Zustand im Zeitpunkt der Entziehung gegenüberzustellen (RS0083876).

2.1 Die Änderung kann etwa in der Besserung des körperlichen oder geistigen Zustands des Versicherten, aber auch in der Wiederherstellung oder Besserung seiner Arbeitsfähigkeit infolge Gewöhnung und Anpassung an die Leiden bestehen (RS0083884).

2.2 Wesentlich – und damit rechtlich bedeutend – ist eine Änderung dann, wenn sie eine Besserung des zuvor bestandenen geistigen oder körperlichen Zustands mit sich bringt, die zur Folge hat, dass Verrichtungen, die zum Gewährungszeitpunkt ausgeschlossen waren, nunmehr möglich sind (RS0084113). Diese Änderung muss zur Folge haben, dass der Leistungsbezieher dadurch auf dem Arbeitsmarkt wieder einsetzbar ist, weshalb die Entziehung der Leistung sachlich gerechtfertigt ist (RS0083884 [T5]).

3. Von diesen Grundsätzen der Rechtsprechung weichen die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht ab:

Die Klägerin war zum Gewährungszeitpunkt infolge einer depressiven Störung und der daraus resultierenden Reduktion der allgemeinen Wachheit und starken Verlangsamung der Reaktionen nicht mehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer geregelten Tätigkeit nachzugehen. Zum Entziehungszeitpunkt ist eine leistungskalkülrelevante Verbesserung insofern eingetreten, als diese massive Verlangsamung der Reaktionen nicht mehr bestand, sodass die Klägerin wieder in der Lage ist, allen Anforderungen, die an den von ihr in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag ausgeübten Beruf einer Warenpräsentatorin/Promoterin gestellt werden, gerecht zu werden. Darüber hinaus kommen für sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch eine Reihe von weiteren Tätigkeiten (Packerin, Telefonistin, etc) in Betracht. Darin liegt eine – rechtlich relevante – „wesentliche“ Änderung der Verhältnisse; weiterer Feststellungen zu dieser Thematik bedarf es nicht.

4. Ausgehend von diesen Feststellungen hält sich die Rechtsansicht der Vorinstanzen, es lägen die Voraussetzungen für den Entzug des Rehabilitationsgeldes vor, im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung.

Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Stichworte