OGH 8Ob77/19k

OGH8Ob77/19k29.8.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Mag. Wulf Wilhelm Sieder, Rechtsanwalt in Enns, gegen die beklagten Parteien 1. E***** und 2. C*****, beide vertreten durch Dr. Anton Frank, Mag. Ursula Schilchegger‑Silber, Dr. Tanja Gottschling ua, Rechtsanwälte in Wels, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 20. Mai 2019, GZ 1 R 68/19x‑20, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00077.19K.0829.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der den Revisionswerbern offenbar vor Augen stehende Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist nach ständiger Rechtsprechung ua dann gegeben, wenn das Urteil mit sich selbst insoweit in Widerspruch steht, als einzelne Aussprüche innerhalb des Spruchs einander logisch ausschließen (vgl RIS‑Justiz RS0042171). Der Widerspruch muss demnach den Spruch der Entscheidung selbst betreffen (6 Ob 9/16s mwN).

Das ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat der von den Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge gegeben und diesen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auferlegt. Nur im Resümee seiner den Standpunkt der Beklagten zur Gänze widerlegenden Ausführungen, die Rechtsrüge sei „damit begründet“, hat es ganz offenkundig das Wort „nicht“ bzw die Vorsilbe „un‑“vergessen.

2.1 Des Weiteren behaupten die Beklagten, das Berufungsgericht habe ihre Mängelrüge, dass die Eigentümereigenschaft der Klägerin an der zu räumenden Liegenschaft vom Erstgericht ohne jegliche Begründung festgestellt worden sei, nicht vollständig erledigt. Dabei übersehen die Rechtsmittelwerber jedoch, dass das Berufungsgericht (wie offenbar auch schon das Erstgericht) mangels substantiierter Bestreitung durch die Beklagten als im Sinne des § 267 ZPO schlüssig zugestanden angenommen hat, dass die klagende Vermieterin auch Eigentümerin der Bestandliegenschaft ist. Ungeachtet dessen ist die Relevanz dieser Tatsache ohnehin nicht ersichtlich, weil die Beklagten in erster Instanz die mangelnde Aktivlegitimation der Klägerin nicht eingewandt haben.

2.2 Aktenwidrigkeit haftet einer Entscheidung nur dann an, wenn die für die richterliche Willensbildung bestimmenden Verfahrenserklärungen oder Beweisergebnisse in der Begründung der Entscheidung in Abweichung vom Inhalt der Niederschriften, Eingaben oder Beilagen dargestellt wurden (RS0043397). Es bildet daher keine Aktenwidrigkeit, dass die von der Gegenseite, also der Klägerin, erstmals mit der Berufungsbeantwortung vorgelegten Urkunden ./F und ./G, aus denen hervorgehen soll, dass die Klägerin nicht Liegenschaftseigentümerin (sondern ihrerseits Bestandnehmerin) ist, nicht in die Berufungsentscheidung eingeflossen sind.

2.3 Ein angeblicher Mangel im erstinstanzlichen Verfahren, der in der Berufung zwar geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint wurde, kann nicht mehr in der Revision gerügt werden, außer das Berufungsgericht hat infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen (RS0042963 [T52]). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

3. Soweit die Beklagten sich in ihrer Revision gegen die Feststellungen wenden, dass der Bestandgegenstand weder auf unbestimmte Zeit vermietet noch seitens der Klägerin auf Kündigung oder Aufhebung des Bestandvertrags bis 31. 3. 2031 verzichtet wurde, ist ihnen zu erwidern, dass Tatfragen in dritter Instanz nicht bekämpfbar sind (RS0042903 [T5, T7]). In der Berufung ließen die Beklagten diese Feststellungen unbekämpft.

4. Insgesamt gelingt es den Rechtsmittelwerbern nicht, mit ihren Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Stichworte