European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00075.19M.0822.000
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die Beklagte und ihre Nebenintervenienten haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortungen selbst zu tragen.
Begründung:
Der 1. Nebenintervenient auf Seite des Klägers (1. NI.K) war Eigentümer einer Liegenschaft, die er im Jahr 2014 dem Kläger verkaufte. Das beklagte Bauunternehmen hatte 2001/2002 das darauf befindliche Haus errichtet. Es hatte sich zur Flachdachabdichtung der 1. Nebenintervenientin auf Seite der Beklagten (1. NI.B) bedient. Die 2. Nebenintervenientin auf Seite der Beklagten (2. NI.B) hatte das Dämmmaterial hergestellt. Die 2. Nebenintervenientin auf Seite des Klägers (2. NI.K) erstellte in der Folge ein Gutachten über die Schäden und Mängel der Terrasse.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von 45.000 EUR wegen eines mangelhaften Terrassenaufbaus, wodurch es zu Wassereintritten komme; weiters begehrt er die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle Folgeschäden.
Die Beklagte bestritt die Abtretung der Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche des 1. NI.K an den Kläger. Die Ansprüche seien im Übrigen verjährt, weil es bereits 2009 zu Wassereintritten gekommen sei; auch habe der Terrassenaufbau den zur Zeit der Werkerstellung gültigen normativen Vorgaben entsprochen.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Allfällige Schadenersatzansprüche aus der Verletzung des Vertrags über die Errichtung des Gebäudes stünden mangels eines Nachweises der Abtretung dem 1. NI.K zu, nicht jedoch dem Kläger.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück; den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig, weil eine gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob es bei einer kumulativen Konkurrenz von haftungsbegründendem bzw vertragswidrigem Verhalten eines Schädigers und einem in die Sphäre des Geschädigten fallenden Zufalls zu einer Schadensteilung komme. Es stellte die Abtretung der Ansprüche gegen die Beklagte durch den 1. NI.K an den Kläger fest und bejahte somit dessen Aktivlegitimation. Nach den (bisherigen) Feststellungen sei das Werk mangelhaft. Wassereintritte 2009 und 2014 hätten andere Ursachen gehabt. Der Kläger habe erst Ende 2014 von der Durchfeuchtung des Verputzes und der Schimmelbildung erfahren; die Mitte 2017 eingebrachte Klage sei daher nicht verjährt. Der Kläger könne schon vor Beauftragung eines Fremdunternehmens mit der Verbesserung das erforderliche Deckungskapital einfordern, wenn er die Beseitigung der Schäden beabsichtige. Allerdings sei die Ursache der Schadhaftigkeit der Abdichtung und des Dämmstoffs nicht feststellbar; somit sei nicht erwiesen, dass es sich diesbezüglich um Mangelfolgeschäden handle. Die erforderliche Sanierung des Putzes und der Färbelung seien Folgen der schadhaften Abdichtung; der Aufwand für die Sanierung dieser Bauteile sei somit nicht der Beklagten zuzurechnen. Die Beklagte habe nur die Kosten für die Behebung des Mangels des unzureichenden Terrassengefälles allein zu tragen. Hinsichtlich der Kosten, die mit dem Abbau und der Herstellung eines ordnungsgemäßen Umkehrdachs samt begehbarer Fläche zusammenhängen, liege kumulative Kausalität der Vertragsverletzung der Beklagten und eines Zufalls in der Sphäre des Klägers vor, weshalb es hier zu einer Schadensteilung 1:1 komme. Weil aber die Kosten für die Sanierung des Putzes und der Färbelung nicht gesondert festgestellt seien, sei das Urteil des Erstgerichts aufzuheben. Zudem fehlten Feststellungen zum Einwand „neu für alt“; die Feststellungen zur Kausalität seien widersprüchlich und jene zum Terrassengefälle unvollständig.
Der Kläger beantragt mit seinem Rekurs, in der Sache zu entscheiden und der Klage Folge zu geben.
Die Beklagte sowie die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten beantragen in ihrer jeweiligen Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben und eine klagsabweisende Sachentscheidung zu fällen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist, ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts, in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1.1. Der Oberste Gerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass bei Konkurrenz eines dem Geschädigten zurechenbaren Zufalls mit einem Haftungsgrund in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 1304 ABGB eine Schadensteilung, im Zweifel auf der Basis von 50:50, vorzunehmen ist (RIS‑Justiz RS0027286). Diese Auffassung wird auch von der Lehre geteilt (vgl Karner in KBB5 § 1302 ABGB Rz 8 mwN; Schacherreiter in ABGB‑ON §§ 1301, 1302 ABGB Rz 46 f mwN; Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1302 Rz 49a, jeweils unter Bezugnahme auf 6 Ob 163/05x; siehe jedoch schon 7 Ob 648/89).
1.2. Somit ist die Zulassungsfrage zur Haftungsteilung bei kumulativer Konkurrenz von vertragswidrigem Verhalten des Schädigers und einem in die Sphäre des Geschädigten fallenden Zufalls durch höchstgerichtliche Rechtsprechung eindeutig geklärt.
2. Aber auch der Rekurs vermag keine erheblichen Rechtsfragen aufzuzeigen.
2.1. Der Rekurswerber bestreitet das Vorliegen von kumulativer Kausalität, weil der Gesamtschaden allein durch die Beklagte verursacht worden sei. Damit weicht er aber vom festgestellten Sachverhalt ab: Nach den Feststellungen sind der Tausch der Bahn und die Sanierung von Putz und Färbelung nur infolge der Versprödung der Bahn (deren Ursache nicht feststellbar ist) erforderlich, nicht aber wegen des mangelhaften Gefälles.
2.2. Ähnlich sind die Rekursausführungen zu beurteilen, wonach erst nach erfolgter Verbesserung eine Abrechnung durchzuführen sei (und somit Spruchreife vorliege); auch diese Ausführungen gehen davon aus, dass die Beklagte für sämtliche gegenständlichen Schäden hafte, womit die zitierten Feststellungen übergangen werden.
2.3. Soweit der Kläger ausführt, die Beklagte habe kein Vorbringen erstattet, welches die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts betreffend kumulative Kausalität begründen könnte, ist er darauf zu verweisen, dass der Einwand des Schädigers, überhaupt kein schadenskausales Ereignis zu vertreten, als Minus den Einwand kumulativer Kausalität in sich trägt (vgl RS0027044; 4 Ob 31/07y zum Einwand des Mitverschuldens als Minus im Verhältnis zur Behauptung des Alleinverschuldens).
2.4. Der Kläger releviert in seinem Rekurs weiters, dass ein Abzug „neu für alt“ erst nach Abschluss der Sanierungsarbeiten vorzunehmen sei. Auch dieser Einwand trägt nicht, konnte sich doch das Berufungsgericht auf die Rechtsprechung stützen, wonach (bereits) im Rahmen der Ermittlung des Verbesserungsaufwands ein derartiger Abzug vorzunehmen ist (vgl 5 Ob 292/05k).
2.5. Den Rekursausführungen, wonach die Nichtfeststellbarkeit der Ursachen der Mängel an der Abdichtung und der Feuchtigkeit in den Dämmplatten zu Lasten der Beklagten gehe, die sich nach § 1298 ABGB freibeweisen müsse, ist entgegenzuhalten, dass die Beweislast für den Kausalzusammenhang den Geschädigten trifft; die Beweislastumkehrung nach § 1298 ABGB betrifft nur den Verschuldensbereich (RS0022686). Auch die vom Kläger zitierte Entscheidung 5 Ob 89/17z besagt nichts anderes.
Zusammenfassend gelingt es dem Kläger nicht, in seinem Rekurs eine grobe Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Ist aber die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht nicht zu beanstanden, so kann der Oberste Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, nicht überprüfen, ob sich die vom Berufungsgericht angeordnete Ergänzung des Verfahrens oder der Feststellungen tatsächlich als notwendig erweist (RS0042179 [T22]).
3. Die Beklagte und die ihr beigetretenen Nebenintervenienten machen in ihren Rekursbeantwortungen jeweils geltend, dass die Klage spruchreif im Sinne einer Klageabweisung sei, weil aus näher genannten Gründen die aktive Klagelegitimation fehle. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof zwar aus Anlass eines Rekurses gegen einen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss nicht nur die aufgeworfenen Rechtsfragen, sondern die rechtliche Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz in jeder Richtung zu überprüfen hat; das gilt jedoch nicht, wenn die Erledigung einzelner (auch einredeweise geltend gemachter) aus verschiedenen Tatsachen abgeleiteter Rechtsgründe (hier: Aktivlegitimation) durch das Berufungsgericht unbekämpft geblieben ist und daher mangels Anfechtung keiner Nachprüfung unterliegen (1 Ob 532/85 = SZ 58/43; RS0043903 [T2, T6], zuletzt 5 Ob 148/13w; Zechner in Fasching² § 519 Rz 111).
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagte und ihre Nebenintervenienten haben in ihren Rekursbeantwortungen nicht auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen.
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