OGH 13Os29/19t

OGH13Os29/19t10.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juli 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Leitner in der Finanzstrafsache gegen Dominik F***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 4. Dezember 2018, GZ 601 Hv 18/18z‑13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00029.19T.0710.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dominik F***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er im Jahr 2013 in K***** vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflichten, und zwar durch die Nichterklärung von Einkünften, eine Verkürzung an Einkommensteuer für das Jahr 2012 um 162.579 Euro bewirkt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 (richtig) lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts war der Angeklagte mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien, AZ 93 Hv 178/12w, je eines Verbrechens „des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 und 148 StGB“ und „der Untreue nach § 153 StGB“ sowie der Vergehen „der Veruntreuung nach § 133 StGB“ und „der Urkundenfälschung nach § 223 StGB“ schuldig gesprochen und zur Zahlung von 81.078,57 Euro an die Z***** GmbH und von 254.640 Euro an die H***** GmbH verurteilt worden. Dieser Verurteilung lag nach den Konstatierungen – soweit hier von Bedeutung – zugrunde, dass er als Angestellter der beiden genannten Gesellschaften den Ankauf von Waren fingiert und das zu deren Bezahlung erhaltene Bargeld für sich behalten hatte (US 3 f).

Gegenstand des nunmehr angefochtenen Urteils bildet die Unterlassung der Einkommensteuererklärung für die solcherart erzielten Einkünfte aus den Dienstverhältnissen zu den beiden Unternehmen im Jahr 2012 (US 4).

Warum das Recht des Angeklagten, sich im genannten Strafverfahren nicht selbst zu belasten (§ 7 Abs 2 StPO, Art 6 MRK [ Grabenwarter/Pabel , EMRK 6 § 24 Rz 138]), die vom Erstgericht vorgenommene Subsumtion hindern soll, leitet die Beschwerde nicht aus dem Gesetz ab (siehe aber RIS-Justiz RS0116565).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei hinzugefügt, dass sich die Offenlegungspflicht auf abgabenrelevante Umstände beschränkt, während darüber hinausgehende für den Steuertatbestand nicht maßgebliche Informationen (wie hier die strafgesetzwidrige Herkunft des Einkommens) für die Steuerbemessung irrelevant und daher vom Abgabepflichtigen nicht gefordert sind (RIS-Justiz RS0109800; VwGH 99/15/0154, VwSlg 7766 F). Zudem findet der vom Beschwerdeführer angesprochene „Nemo tenetur-Grundsatz“ seine Grenze dort, wo es nicht mehr um ein bereits gesetztes Fehlverhalten, sondern um die Schaffung neuen Unrechts geht (RIS-Justiz RS0109800 [T3]). Mögliche Selbstbelastung führt daher gerade nicht zu einer entsprechenden Reduktion des Tatbestands des § 33 Abs 1 FinStrG. Da sich die Garantien des Art 6 MRK auf den jeweils verfahrensgegenständlichen Vorwurf beziehen, ist der Gefahr der Selbstbezichtigung nicht in dem Verfahren zu begegnen, das die abgabenrechtliche Pflicht zum Gegenstand hat, sondern in jenem, welches auf die Verfolgung des durch die Erfüllung dieser Pflicht allenfalls preisgegebenen strafbaren Verhaltens gerichtet ist (eingehend dazu Lässig in WK 2 FinStrG § 33 Rz 57).

Auch die Rechtsbehauptungen, dass die Einkommensteuerpflicht von der – nach der Beschwerdeauffassung hier nicht festgestellten (vgl aber US 3) – Verwendung widerrechtlich erlangten Einkommens abhänge und ein Zuspruch an Privatbeteiligte (§ 366 Abs 2 StPO) die diesbezügliche Einkommensteuerpflicht aufhebe, werden nicht aus dem Gesetz abgeleitet.

Im Übrigen löst nach ständiger Rechtsprechung das durch ein strafgesetzwidriges Tun oder Unterlassen aus (dem allgemeinen Wirtschaftsverkehr entsprechenden) Rechtsgeschäften gewonnene Einkommen gerade dann die Einkommensteuerpflicht aus, wenn es – wie hier – den Kriterien des § 2 EStG entspricht (RIS-Justiz RS0109799 [vgl insbesondere T2]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Hinzugefügt sei, dass das Zitieren des § 33 Abs 3 lit a FinStrG (US 2) im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) verfehlt ist, weil § 33 Abs 3 FinStrG (bloß) Legaldefinitionen des Bewirkens (von Abgabenverkürzungen), also der möglichen Arten und des Zeitpunkts der technischen Vollendung der Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 und Abs 2 FinStrG, enthält, die finanzstrafrechtlichen Tatbestände der Abgabenhinterziehung hingegen in diesen Normen und in § 33 Abs 4 FinStrG umschrieben sind (RIS-Justiz RS0087102, Lässig in WK² FinStrG § 33 Rz 29).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte