OGH 2Nc19/19w

OGH2Nc19/19w1.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Musger und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** 2017 verstorbenen L***** C*****, zuletzt *****, über den Delegierungsantrag des Witwers R***** C*****, vertreten durch Dr. Alexander Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0020NC00019.19W.0701.000

 

Spruch:

Als zur Führung des Verlassenschaftsverfahrens zuständiges Gericht wird anstelle des Bezirksgerichts Steyr das Bezirksgericht Innere Stadt Wien bestimmt.

 

Begründung:

Die am ***** 2017 in Linz verstorbene Erblasserin hinterlässt den Witwer und zwei volljährige Kinder. Der Witwer gab aufgrund des Testaments vom ***** 2006 die bedingte Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass ab.

Mit Beschluss vom 9. 7. 2018, GZ *****, sprach das Bezirksgericht Innere Stadt Wien seine Unzuständigkeit aus und überwies das Verlassenschaftsverfahren gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Steyr, weil die Verstorbene in dessen Sprengel ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Einem dagegen gerichteten Rekurs der Kinder gab das Rekursgericht nicht Folge. Der Beschluss erwuchs in Rechtskraft.

Der Witwer beantragte die Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen (§ 31 JN) an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien. Alle am Verlassenschaftsverfahren Beteiligten seien in Wien ansässig. Auch der mit der schriftlichen Abhandlungspflege betraute Vertreter des Witwers habe seinen Kanzleisitz in Wien. Es könne daher dort das Verlassenschaftsverfahren rascher und mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden.

Die in Wien bzw Mödling wohnhaften Kinder erklärten, sich dem Delegierungsantrag anzuschließen bzw dagegen keine Einwände zu haben. Auch nach der Stellungnahme des Bezirksgerichts Steyr sei eine Delegierung an ein Wiener Gericht für alle Beteiligten zweckmäßig.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen für die beantragte Delegierung liegen vor.

Gemäß § 31 Abs 1 und 2 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei vom übergeordneten Gericht ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine solche Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen kann auch im Verlassenschaftsverfahren erfolgen (10 Nc 30/14i; 6 Nd 503/98; vgl RS0046117).

Zwar sind Delegierungsanträge erst nach Erledigung allfälliger Zuständigkeitsstreitigkeiten zu behandeln (RS0046338), weil dadurch der ordnungsgemäßen Erledigung des Zuständigkeitsstreits nicht vorgegriffen werden darf (RS0046196). Der rechtskräftige Überweisungsbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien enthält jedoch eine bindende Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit (RS0040183; RS0046315; RS0002439). Wegen Bedenken gegen die inländische Gerichtsbarkeit alleine kann eine Delegierung nicht verweigert werden (RS0046239). Die diesbezügliche Uneinigkeit zwischen dem Witwer und den pflichtteilsberechtigten Kindern, die einen letzten gewöhnlichen Aufenthalt der Erblasserin in Spanien behaupten, steht der Delegierung daher nicht entgegen.

Stimmen die Beteiligten einem Delegierungsantrag zu, ist an die Zweckmäßigkeit kein allzu strenger Maßstab anzulegen (vgl RS0046233). Der Witwer und die Kinder wohnen in Wien bzw Wien‑Umgebung. Nach der Aktenlage wurde bisher, neben dem Zuständigkeitsstreit, lediglich die Todesfallaufnahme (ohnehin) vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien durchgeführt. Danach befindet sich im Sprengel des Bezirksgerichts Steyr kein Vermögen. Neben Liegenschaftsvermögen in Spanien sind an Aktiva lediglich Bankguthaben angeführt, Passiva bestehen– mit Ausnahme der vom Witwer beglichenen Begräbniskosten – keine. Im Hinblick auf diese Umstände ist die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien geeignet, eine Verkürzung und Verbilligung des Verfahrens zu bewirken, weshalb dem Delegierungsantrag stattzugeben ist (vgl RS0046117).

Stichworte