OGH 7Ob90/19i

OGH7Ob90/19i26.6.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. E***** W*****, vertreten durch DDr. Fürst Rechtsanwalts-GmbH in Mödling, gegen die beklagte Partei L***** V*****, vertreten durch Nitsch Pajor Zöllner Rechtsanwälte OG in Mödling, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 5. April 2019, GZ 19 R 5/19z‑29, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00090.19I.0626.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die von der Klägerin als Nichtigkeitsgrund (und gleichzeitig als Mangelhaftigkeit) geltend gemachte unzureichende Begründung der berufungsgerichtlichen Entscheidung liegt nicht vor.

2. Die Klägerin bestreitet die Wirksamkeit des Eintritts der Beklagten in das Hauptmietverhältnis mangels Unternehmensveräußerung. Die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Mietrechtsübergang nach § 12a MRG stellt sich – entgegen ihrer Ansicht – nicht.

3.1 Das Recht des Hauseigentümers, jeden Dritten von der Benützung seines Eigentums auszuschließen, wird durch die von ihm, sei es durch einen Mietvertrag, sei es durch einen anderen obligatorischen Vertrag getroffene Verfügung beschränkt, so dass, solange diese Verfügung aufrecht ist, nur derjenige, zu dessen Gunsten sie getroffen wurde, vom Hauseigentümer in Anspruch genommen werden kann, nicht aber derjenige, der sein Recht auf Benützung eines zum Haus gehörigen Raumes aus dem Recht des Vertragspartners des Hauseigentümers abzuleiten in der Lage ist (RS0010416; vgl auch RS0010351). Das heißt, solange ein das freie Eigentumsrecht beschränkendes Rechtsverhältnis aufrecht ist, kann der Vermieter nicht unmittelbar gegen Personen mit Räumungsklage vorgehen, die ihr Benützungsrecht aus dem Recht seines Vertragspartners abzuleiten in der Lage sind und mit dessen Zustimmung das Objekt benützen (vgl RS0010408).

Anhaltspunkte dafür, dass es zu einer Aufkündigung des Bestandverhältnisses oder einer einvernehmlichen Auflösung im Sinn einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer (vormaligen) Bestandnehmerin gekommen ist, ergeben sich aus dem Akteninhalt ebenso wenig wie dafür, dass das Hauptmietrecht von dieser ersatzlos aufgegeben wurde und sie auf die Mietrechte, selbst für den Fall, dass eine wirksame Übertragung an die Beklagte nicht zustande gekommen sein sollte, verzichtet hat. Die Beklagte wiederum nutzt das Objekt unabhängig davon, ob es zu einem Übergang der Hauptmietrechte gekommen ist, im Innenverhältnis zur (vormaligen) Bestandnehmerin der Klägerin jedenfalls mit deren Zustimmung. Eine titellose Benützung liegt schon aus diesem Grund nicht vor.

3.2 Im Übrigen wird der Vollständigkeit halber ausgeführt: Das konstitutive Anerkenntnis ist eine Willenserklärung, die dadurch zustande kommt, dass der Gläubiger seinen Anspruch ernstlich behauptet und der Schuldner die Zweifel am Bestehen des behaupteten Rechts dadurch beseitigt, dass er das Recht aufgibt. Es setzt somit die Absicht des Anerkennenden voraus, unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung zu schaffen. Das konstitutive Anerkenntnis gehört damit zu den Feststellungsverträgen. Es ruft das anerkannte Rechtsverhältnis auch für den Fall, dass es nicht bestanden haben sollte, ins Leben und hat somit rechtsgestaltende Wirkung (5 Ob 37/18d; vgl RS0110121; RS0032541).

3.3 Ein konstitutives Anerkenntnis kann auch schlüssig durch solche Handlungen erklärt werden, die unter Berücksichtigung aller Umstände keinen Grund, daran zu zweifeln übrig lassen (RS0014279 [T7]). Ob ein Verhalten– aus der maßgeblichen Sicht des redlichen Erklärungsempfängers (RS0014158 [T10]) – als schlüssiges Anerkenntnis verstanden werden durfte, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und ist in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (allgemein zur konkludenten Willenserklärung und ihrem Inhalt [RS0042936, RS0044358; RS0044298]).

3.4 Das Rekursgericht qualifizierte die Vorschreibung und Annahme des unter Berufung auf das Anhebungsrecht nach § 12a MRG erhöhten Hauptmietzinses durch die Klägerin als Anerkenntnis des von der Beklagten behaupteten Eintritts in das Mietverhältnis.

Diese Rechtsansicht wurde vom Obersten Gerichtshof – bei identer Sachverhaltsgrundlage – bereits in dem zwischen den Streitteilen geführten Verfahren zur Überprüfung des von der Klägerin nach § 12a MRG vorgeschriebenen erhöhten Hauptmietzinses als jedenfalls vertretbar beurteilt (5 Ob 37/18d).

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO):

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