OGH 7Ob111/18a

OGH7Ob111/18a20.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D* Versicherung AG *, vertreten durch Dr. Gernot Breitmeyer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M* Versicherung AG, *, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner und Mag. Werner Diebald, Rechtsanwälte in Köflach, wegen 273.508,52 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 6. April 2018, GZ 2 R 45/18g‑52, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 29. Jänner 2018, GZ 18 Cg 13/15d‑46, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E124626

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.718,54 EUR (darin enthalten 453,09 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Am 12. 11. 2013 erlitt Dr. W* F* (idF: Versicherungsnehmer) in New York einen Schlaganfall. Er wurde in ein Spital gebracht und behandelt. Am 6. 12. 2013 erfolgte sein Rücktransport nach Österreich durch eine Flugambulanz.

Die Klägerin bezahlte – soweit für das Revisionsverfahren relevant – sowohl die Behandlungskosten durch das New Yorker Spital als auch die Kosten der Rückholung durch die Flugambulanz.

Der Versicherungsnehmer ist Inhaber einer D* Karte und dadurch versicherte Person des zwischen der D* AG und der Klägerin abgeschlossenen Versicherungsvertrags (Bündelversicherung mit Auslandsreisekrankenversicherung).

Der Versicherungsnehmer hat zudem mit der Beklagten einen Krankheitskostenversicherungsvertrag abgeschlossen.

Der bei der Klägerin abgeschlossene Versicherungsvertrag hat folgenden für diese Entscheidung bedeutsamen Inhalt:

Art. 9 Subsidiarität:

Alle Versicherungsleistungen mit Ausnahme jener aus der Verkehrsmittel-Unfallversicherung sind subsidiär. Sie werden daher nur erbracht, soweit nicht aus anderen bestehenden Privat- oder Sozialversicherungen oder von sonstigen Dritten (wie Beförderungsunternehmen, Automobilclubs, Beherbergungsbetrieben, etc) Ersatz verlangt werden kann.

[… ]

 

Dem Versicherungsvertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und der Beklagten mit der Bezeichnung „Tarif Z 95, T 13, Sonderklasse, Komfortschutz Österreich“ mit Gesundheitsvorsorgeprogramm „Ego 4 you“, liegen die „Besonderen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskostenversicherung, Spitalskostentarif Z 95, T 13 – Österreich“ („Besondere Versicherungsbedingungen“ [BVB]) und die „Ergänzenden Versicherungsbedingungen für den Rücktransport von Kranken und Verstorbenen aus dem Ausland und für ambulante und stationäre Heilbehandlungen im Ausland sowie für die Bergung durch einen Rettungshubschrauber“ („Ergänzende Versicherungsbedingungen“) zu Grunde. Die BVB lauten auszugsweise:

„I. Stationäre Heilbehandlung in Krankenhäusern (§ 5 Abs 8 bis 12 AVB-1995)

A. Stationäre Heilbehandlung und Entbindung in der Sonderklasse/Mehrbettzimmer eines Vertragskrankenhauses nach diesem Tarif

(1) Bei stationärer Heilbehandlung in der Sonderklasse/Mehrbettzimmer eines Vertragskrankenhauses übernimmt der Versicherer anstelle aller anderen Leistungen (Pflegegebühren, Operationskosten, Behandlungskosten bei operativen oder nichtoperativen Fällen, Geburtskostenbeihilfe) die durch Gesetz, Verordnung oder Vertrag festgesetzten oder vereinbarten Aufzahlungskosten auf die Leistungen der Pflichtkrankenkasse oder eines Sozialversicherungsersatztarifs (Kostendifferenz auf die Sonderklasse/Mehrbettzimmer) und zwar auch dann, wenn fallweise die tariflichen Leistungen zur vollen Kostendeckung nicht ausreichen.

[…]

B. Stationäre Heilbehandlung in der Sonderklasse/Mehrbettzimmer eines anderen Krankenhauses

(1) Bei stationärer Heilbehandlung, die nicht unter Punkt  A. fällt, werden folgende Leistungen erbracht:

a) Pflegegebühren – sind die Differenz der Kosten der Allgemeinen Gebührenklasse auf die Sonderklasse

[...]

C. Stationäre Heilbehandlung in der Sonderklasse/Mehrbettzimmer in Europa

(1) Bei stationärer Behandlung in der Sonderklasse/Mehrbettzimmer eines allgemein öffentlichen Krankenhauses im europäischen Ausland werden die Honorare, Behandlungskosten und Tageskosten (Pflegegebühr, Sachaufwand) abzüglich der satzungsgemäß zu vergütenden Leistungen des Sozialversicherungsträgers oder eines Sozialversicherungsersatztarifes in voller Höhe vergütet.

[… ]

Die Ergänzenden Versicherungsbedingungen haben folgenden auszugsweisen Inhalt:

„Eine Versicherung nach diesem Tarif kann nur abgeschlossen werden oder bestehen, wenn ein Haupttarif abgeschlossen wird oder besteht. Als Haupttarife gelten Spitalskostentarife mit jeweils letztgültiger Anpassungsstufe. Falls im Folgen den nicht etwas anderes bestimmt ist, gelten für diese Versicherung die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten und die Krankenhaus-Taggeldversicherung (AVB-1995) und die Besonderen Versicherungsbedingungen des Haupttarifes.

Die Höhe der Leistungen ergibt sich aus dem zweiten Abschnitt – Leistungen:

I. Versicherungsfall

Versicherungsfall nach diesem Tarif ist ein medizinisch begründeter und ärztlich angeordneter Rücktransport aus dem Ausland (Punkt II.A.), […] eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung im Ausland (Punkt II.E.) und die Bergung eines verunglückten Versicherten durch einen Rettungshubschrauber (Punkt II.F.).

In den Fällen der Punkte II.A. [...] ist ein Versicherungsfall und eine Leistungspflicht des Versicherers nicht gegeben, wenn der Auslandsaufenthalt nur zum Zweck einer Heilbehandlung angetreten wurde.

II. Art und Umfang des Versicherungsschutzes

A. Krankenrücktransport aus dem Ausland

(1) Ersetzt werden die entstehenden Kosten eines Rücktransportes des Versicherten aus dem Ausland zum Zwecke der medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung in Österreich, wenn dieser medizinisch begründet und ärztlich angeordnet ist oder wenn ein stationärer Krankenhausaufenthalt im Ausland von mehr als fünf Tagen zu erwarten ist, sowie einer dem Versicherten nahestehenden mitversicherten Begleitperson (Ehegatten, Elternteil, Kind).

Medizinisch begründet ist ein Krankenrücktransport aus dem Ausland, wenn eine lebensbedrohende Erkrankung (auch als Folge eines Unfalles) vorliegt und die ärztliche Versorgung im Ausland unzureichend ist.

In jedem Falle werden nur die zusätzlich entstehenden Kosten getragen. Hat der Versicherte bei anderen Versicherungsträgern, Vereinigungen oder Institutionen einen vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch auf die Kosten des Krankenrücktransportes aus dem Ausland, besteht Versicherungsschutz im Rahmen dieser Ergänzenden Versicherungsbedingungen nur insoweit, als die Kosten durch diese Dritten nicht übernommen werden. ….

[... ]

E. Leistungen für eine medizinisch notwendige, stationäre Heilbehandlung im Ausland

(1) Bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung in der Sonderklasse/Mehrbettzimmer eines ausländischen Krankenhauses, die auf Grund des medizinischen Standards in Österreich nicht durchführbar ist, werden weltweit die vollen Kosten (entsprechend und in Verbindung mit den Leistungen des Haupttarifes) abzüglich der satzungsgemäß zu vergütenden Leistungen des Sozialversicherungsträgers oder eines Sozialversicherungsersatztarifs einschließlich der Transportkosten für die Hin- und Rückreise übernommen.

Diese Leistungen werden nur erbracht, wenn sie vom Versicherer bzw von einem vom Versicherer beauftragten Unternehmen organisiert werden.

Ein allenfalls im Haupttarif vorgesehener Selbstbehalt für stationäre Heilbehandlungen wird ebenfalls in Abzug gebracht.“

Krankenhäuser außerhalb Europas „sind im Haupttarif nicht explizit angeführt“.

Die Klägerin begehrte zuletzt 273.508,52 EUR sA. Während der Versicherungsnehmer aus dem Krankenversicherungsvertrag mit der Beklagten einen Anspruch auf Deckung der Heilbehandlungs- und Rücktransportkosten habe, sei die Klägerin aufgrund der in ihren Versicherungsbedingungen enthaltenen Subsidiaritätsklausel nicht zur (tatsächlich geleisteten) Zahlung verpflichtet gewesen. Aus diesem Grund habe die Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 67 VersVG, subsidiär gemäß § 1042 ABGB (aber auch gemäß § 1422 ABGB) einen Rückforderungsanspruch. Da die Klägerin keine Versicherungsträgerin, keine Vereinigung und keine Institution im Sinne des Art II.A. Abs 1 der Ergänzenden Versicherungsbedingungen der Beklagten sei, müsse die Beklagte der Klägerin ungeachtet der in dieser Vertragsbestimmung enthaltenen Subsidiaritätsklausel die gesamten Rücktransportkosten ersetzen.

Die Klausel II.E. der Ergänzenden Versicherungsbedingungen der Beklagten sei untypisch, intransparent, überraschend, gröblich benachteiligend, sittenwidrig und daher „nichtig bzw. unwirksam“.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Während die Klägerin als Auslandsreisekrankenversicherer die Versicherungsleistungen, deren Rückersatz sie von der Beklagten begehrt, erbringen habe müssen, habe die Beklagte als Zusatzkrankenversicherer nach der „Sonderklasse-Zusatzkrankenversicherung (Komfortschutz Österreich)“ keine Leistung zu erbringen. In Punkt II.E. ihrer Ergänzenden Versicherungsbedingungen sei eine Kostenübernahme nur bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung in einem ausländischen Krankenhaus vereinbart, die aufgrund des medizinischen Standards in Österreich nicht durchführbar ist. Dies überdies nur dann, wenn diese Leistungen von der Beklagten oder von einem von ihr beauftragten Unternehmen organisiert würden. Da der Versicherungsnehmer nicht wegen des österreichischen medizinischen Standards in New York medizinisch behandelt worden und diese Behandlung auch nicht von der Beklagten organisiert worden sei, sei sie nicht deckungspflichtig gewesen, sodass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch gegen die Beklagte nicht zustehe.

Zu den Rücktransportkosten stützte sich die Beklagte darauf, dass sich die in den Versicherungsverträgen der Klägerin und der Beklagten enthaltenen einfachen Subsidiaritätsklauseln aufheben würden und daher die Beklagte der Klägerin nur die Hälfte der Rücktransportkosten zu ersetzen habe.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin 44.307,74 EUR sA zu bezahlen (davon entfallen – soweit für das Revisisonverfahren von Interesse – 35.000 EUR auf die halben Kosten des Rücktransports und 8.457,48 EUR auf den Ersatz laut Tarif I.B. des Haupttarifs [Kosten des Krankenhausaufenthalts]; das Mehrbegehren wies es ab. Da die Kosten des Rücktransports von beiden Versicherungen gedeckt seien, liege eine Doppelversicherung vor, sodass § 59 VersVG zur Anwendung komme. Sowohl der Versicherungsvertrag der Klägerin als auch jener der Beklagten enthielte eine einfache Subsidiaritätsklausel. Sie seien ergänzend dahin auszulegen, dass sie sich für diesen Fall gegenseitig aufheben. Die Subsidiaritätsklausel im Vertrag der Beklagten erfasse auch die Klägerin, weil ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer den Begriff „andere Versicherungsträger“ nicht auf Sozialversicherungsträger oder Körperschaften öffentlichen Rechts reduziere. Die Klausel II.E. der Ergänzenden Versicherungsbedingungen sei nach dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers auszulegen. Nur dann, wenn eine medizinische Heilbehandlung aufgrund des medizinischen Standards in Österreich nicht durchführbar sei, solle es demnach zu einer Übernahme der Kosten ausländischer stationärer Heilbehandlung kommen.

Das nur von der Klägerin gegen den abweisenden Teil des Urteils angerufene Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung. Aus dem Gesamtgefüge des Vertragstexts ergebe sich, dass die Ergänzenden Versicherungsbedingungen keinen Haupttarif enthielten, sondern voraussetzen. Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer werde daher die darin enthaltene Klausel II.E. nicht als einen weiteren Haupttarif für medizinisch notwendige stationäre Krankenhausaufenthalte im nichteuropäischen Ausland verstehen. Hinsichtlich der Kosten des Rücktransports liege eine Doppelversicherung im Sinne des § 59 Abs 1 VersVG vor. Die Subsidiaritätsklausel im Versicherungsvertrag der Beklagten erfasse nicht nur öffentlich-rechtliche Ansprüche gegen Sozialversicherungsträger, sondern auch vertragliche Ansprüche gegen Versicherungsträger, Vereinigungen oder Institutionen.

Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil der Oberste Gerichtshof eine der Klausel II.E. der Ergänzenden Versicherungsbedingungen der Beklagten vergleichbare Versicherungsbedingung noch nicht auszulegen hatte.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, dem Klagebegehren insgesamt Folge zu geben, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Dem Berufungsurteil haftet keiner der Nichtigkeitsgründe des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO an. Die Entscheidung ist überprüfbar. Selbst eine mangelhafte Begründung würde überdies keine Nichtigkeit begründen (RIS‑Justiz RS0042133 uva).

2. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 f ABGB) ausgehend vom Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers auszulegen (RIS-Justiz RS0050063). Die einzelnen Klauseln sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RIS‑Justiz RS0008901). In allen Fällen ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0008901 [T5, T7, T87]).

3. Zu den Rücktransportkosten:

3.1. Die Revisionswerberin bestreitet nicht die Anwendung der einfachen Subsidiaritätsklauseln, die Beurteilung, dass sie einander aufheben und die Aufteilung der Versicherungleistungen. Ihr Einwand, die Klausel in den Bedingungen der Beklagten sei unwirksam, weil der Ausgleichsanspruch des anderen Versicherers ausgeschlossen werde, es liege keine echte Subsidiarität vor, „wenn der Anspruch zunächst entstehen aber nachträglich erlöschen soll und zwar sobald und soweit Entschädigungen von anderen Versicherern erlangt werden“, ist nicht nachvollziehbar.

3.2. Die hier zu beurteilende einfache Subsidiaritätsklausel der Beklagten bringt klar zum Ausdruck, dass die Beklagte im Rahmen der Ergänzenden Versicherungsbedingungen nur soweit Versicherungsschutz gewährt, als die Kosten nicht durch Dritte übernommen werden. Dies entspricht dem üblichen Inhalt einer einfachen Subsidiaritätsklausel (vgl Kollhosser in Prölss/Martin VVG27, § 59 Rn 23).

3.3. Die Revisionswerberin stützt sich weiters ohne nähere Begründung darauf, dass unter dem Begriff „Versicherungsträger“ eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts mit Aufgaben im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung zu verstehen sei.

3.4. Die Subsidiaritätsklausel der Beklagten stellt auf andere Versicherungsträger, Vereinigungen oder Institutionen ab. Das Wort „andere“ setzt das Vorhandensein eines „ersten“ Versicherungsträgers voraus. Dieser kann im gegebenen Zusammenhang nur die Beklagte selbst sein. Sie ist ein „privater Versicherungsträger“ wie die Klägerin. Wären dagegen unter „Versicherungsträger, Vereinigungen oder Institutionen“ nur öffentlich-rechtliche Körperschaften gemeint, wäre das einleitende Wort „andere“ bedeutungslos.

Die Klausel bezieht sich außerdem auf gesetzliche und vertragliche Ansprüche auf Kostenersatz, was ebenfalls auf die Einbeziehung „privater Versicherungsträger“ hinweist. Überdies kann von einem allgemeinen Begriffsverständnis von „Sozialversicherungsträger“ ausgegangen werden. Es wird allgemein erwartet, dass dieser Begriff verwendet wird, wenn er gemeint wird.

4. Zu den Behandlungskosten:

4.1. Die Revisionswerberin meint zur Klausel II.E.1., dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer aus dem Gesamtgefüge und den Überschriften (“Ergänzende Versicherungsbedingungen … und für stationäre Heilbehandlungen im Ausland …“) einen über den Haupttarif hinausgehenden Versicherungsschutz erwarte. Er könne nicht erkennen, dass lediglich geplante und in Österreich nicht durchführbare Behandlungen abgedeckt sein sollten. Auch die Klausel I. der Ergänzenden Versicherungsbedingungen, die den Versicherungsfall beschreibe, beziehe sich nur auf medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlungen im Ausland ohne weitere Voraussetzungen. Die Klausel II.E.1. sei daher irreführend und verstoße gegen §§ 864a und 879 ABGB.

4.2. § 59 Abs 2 VersVG geht als Sonderregelung jeder anderen Regressregelung, insbesondere auch dem § 67 Abs 1 Satz 1 VersVG jedenfalls dann vor, wenn der Schädiger der Versicherungsnehmer eines Vertrags ist, durch den die Doppelversicherung entstanden ist (RIS‑Justiz RS0116373). Voraussetzung ist, dass entweder beide Versicherungen Haftpflicht-(Sachersatz-)Versicherungen sind oder zumindest eine der beiden Versicherungen das Haftpflicht-(Sachersatz-)Interesse des Schädigers einschließt (7 Ob 165/16i mwN). Da eine Krankenversicherung zu beurteilen ist, liegt der Sonderfall nicht vor.

4.3. Es handelt sich hier um eine Zusatzkrankenversicherung für Sonderklasse mit Komfortschutz in Österreich. Sonderbestimmungen gelten für Heilbehandlungen in Europa. Schon durch das Hervorheben, dass sich die Versicherung primär auf Österreich bezieht, kann von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht ohne weiteres ein umfassender Versicherungsschutz auch im Ausland erwartet werden.

4.4. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Revisionswerberin ist die Klausel II.E.1., die ausdrücklich auf Heilbehandlungen im Ausland, die aufgrund des medizinischen Standards in Österreich nicht durchführbar sind, Bezug nimmt, eindeutig. Dass die Einschränkung auf den medizinischen Standard in Österreich nicht bereits in der Überschrift enthalten ist, ändert daran nichts, weil auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht damit rechnet, dass eine Überschrift bereits alle Leistungsdeterminaten enthält, sondern vielmehr damit, dass diese im nachfolgenden Text spezifiziert werden. Die Umschreibung des Versicherungsfalls in Punkt I. der Ergänzenden Versicherungsbedingungen erwähnt zwar nur „eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung im Ausland“, verweist aber unmittelbar anschließend in einer Klammer auf Pkt II.E. der Bedingungen. Dies macht klar, dass die genaue Risikobeschreibung in diesem Punkt zu finden ist.

4.5. Ein Verstoß gegen § 864a ABGB ist nicht erkennbar: Dem Versicherer steht es frei, bestimmte Risiken vom Versicherungsschutz auszunehmen. Voraussetzung ist, dass dies für den Versicherungsnehmer (oder Versicherten) klar erkennbar geschieht (RIS‑Justiz RS0016777 [T4]). Umgekehrt muss der Versicherungsnehmer stets mit Risikoausschlüssen und -begrenzungen rechnen, weil es in Österreich keine All-Risk-Versicherung gibt (RIS-Justiz RS0119747).

4.6. In Bezug auf § 879 Abs 3 ABGB ist die Leistungsbeschreibung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, bis auf einen kontrollfreien Kernbereich, der jedenfalls die Festlegung der Versicherungsart und die Prämienhöhe umfasst, der Inhaltskontrolle zugänglich, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich um die Stufe der primären Umschreibung der versicherten Gefahr oder um Risikoausschlüsse handelt. Kontrollmaßstab für die Leistungsbeschreibung außerhalb des Kernbereichs sind die berechtigten Deckungserwartungen des Versicherungsnehmers (RIS-Justiz RS0128209).

Die Krankenzusatzversicherung ergänzt die gesetzliche Sozialversicherung um zusätzliche Leistungen, und zwar hier noch dazu besonders hervorgehoben für Österreich. Eine Deckungserwartung dahingehend, dass eine Krankenzusatzversicherung auch alle Kosten einer notwendigen Heilbehandlung im Ausland übernimmt, besteht damit nicht. Die Bedingungslage ist insoweit in sich schlüssig, als sich der Versicherungsschutz nur dann auf das Ausland bezieht, sofern in Österreich die notwendige Heilbehandlung aufgrund des medizinischen (allgemeinen) Standards in Österreich nicht zur Verfügung steht.

4.7. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

4.8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

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