European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00239.18F.0305.000
Spruch:
Die
Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 694,90 EUR bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Klägerin macht Ersatzansprüche nach dem
Amtshaftungsgesetz geltend. Sie stützt diese auf ein Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht, das ihre – als Mieterin eines Grundstücks – gegen die Besitzerin eines auf dem Zufahrtsweg zu diesem Grundstück geparkten Fahrzeugs gerichtete Unterlassungsklage abwies. Die Klage wurde damit begründet (was auch festgestellt wurde), dass das Fahrzeug der (dort) Beklagten auf dem Zufahrtsweg wiederholt so geparkt war, dass dadurch das Wegfahren der Klägerin erschwert wurde, weil dies – je nach Fahrzeugtyp – ein Reversieren bzw Rückwärtsfahren erforderlich machte.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts, welches das klageabweisende Ersturteil bestätigte und gemäß § 508 Abs 3 ZPO nachträglich aussprach, dass die ordentliche Revision zulässig sei, gerichtete Revision der Klägerin ist entgegen dem nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhängt. Dies ist gemäß § 510 Abs 3 ZPO kurz zu begründen:
1. Amtshaftungsansprüche setzen gemäß § 1 Abs 1 AHG ein rechtswidriges und schuldhaftes Organverhalten voraus (1 Ob 85/18h mwN). Sie werden nur durch eine unvertretbare Rechtsanwendung begründet (vgl etwa RIS‑Justiz RS0049912; RS0049955; RS0049969). Eine solche Unvertretbarkeit und damit ein Verschulden des Organs wird in der Regel angenommen, wenn dessen Entscheidung oder Verhaltensweise von einer klaren Rechtslage oder einer ständigen Rechtsprechung ohne sorgfältige Überlegung der Gründe abweicht (RIS‑Justiz RS0049951 [T4]). Die Prüfung der Vertretbarkeit einer Rechtsansicht begründet grundsätzlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, es sei denn, es läge eine den Beurteilungsspielraum überschreitende und damit korrekturbedürftige Fehlbeurteilung vor (RIS‑Justiz RS0049955 [T10]; vgl auch RS0049912 [T11]). Dies ist hier aber nicht der Fall.
2. Einerseits prüfte das Berufungsgericht im Anlassverfahren (Vorprozess), ob sich der Anspruch aus dem Miteigentum der Vermieterin des von der Klägerin genutzten Grundstücks am – auch zur Liegenschaft der Klägerin führenden – Zufahrtsweg ableiten lasse. Es vertrat die Rechtsansicht, dass es der Klägerin an der Aktivlegitimation fehle, weil sie sich mit ihrer Klage in Widerspruch zum Willen der übrigen Miteigentümer gesetzt habe, von denen einzelne dem monierten Verhalten der im Vorprozess Beklagten ausdrücklich zugestimmt und die übrigen Miteigentümer – mit Ausnahme der Vermieterin – dagegen nichts einzuwenden gehabt hatten.
Die Revision vermag nicht darzulegen, dass es eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung darstellt, wenn das Berufungsgericht diese Rechtsansicht als zumindest vertretbar erachtete. Die Klägerin zitiert in ihrem Rechtsmittel auch nur diejenige Rechtsprechung, von der das Berufungsgericht im Vorprozess ohnehin ausging und aus der sich die von diesem zugrunde gelegte Rechtsansicht ergibt, wonach es dem einzelnen Miteigentümer an der Aktivlegitimation fehlt, wenn er sich in Widerspruch zu den anderen Miteigentümern setzt (vgl RIS‑Justiz RS0012114 [T1, T8, T17]). Dass diese Rechtsprechung in unvertretbarer Weise auf den im Vorprozess festgestellten Sachverhalt angewendet worden wäre, zeigt die Revisionswerberin nicht nachvollziehbar auf. Soweit sie meint, das Amtshaftungsverfahren sei zum Anlass zu nehmen, die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Zulässigkeit der Erhebung der Negatorienklage eines Miteigentümers im Falle des Bestehens eines Widerspruchs gegen die Klagsführung eines oder mehrerer Miteigentümer, nicht aber aller übrigen Miteigentümer „klarzustellen“, verkennt sie das Wesen dieses Verfahrens, in dem nicht – wie im Rechtsmittelverfahren – zu prüfen ist, ob die in Betracht kommende Entscheidung richtig war, sondern nur ob sie auf einer bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung beruhte (RIS‑Justiz RS0049955 [T7; T9]; RS0050216 [T2; T7]). Die Revisionswerberin lässt mit ihrem Ansinnen auf Klarstellung der Rechtslage insbesondere für die „Rechtsentwicklung“ vielmehr erkennen, dass sie dem Berufungssenat im Anlassverfahren insgesamt gar keinen Verstoß gegen eine klare Rechtslage oder ständige Rechtsprechung vorwirft.
3. Wenngleich auch einem Mieter die
Unterlassungsklage gegen störende
Eingriffe Dritter zusteht (RIS-Justiz RS0010644), nahm der Oberste Gerichtshof einen Eingriff in das Eigentumsrecht an der beeinträchtigten Liegenschaft selbst (aus dem die Mieterin ihre Ansprüche ebenfalls ableitete) nicht bereits dann an, wenn das Aus- und Einfahren zu einem Grundstück – wie hier – durch ein parkendes Fahrzeug erheblich
erschwert wird (2 Ob 56/12t). Dass das Berufungsgericht die Abweisung der Klage im Vorprozess auch insoweit als vertretbar ansah, als diese auf das „Alleineigentum an der gemieteten Liegenschaft“ und dessen Beeinträchtigung durch das geparkte Fahrzeug gestützt wurde, bedarf daher im Ergebnis keiner Korrektur. Die Revision hält dem auch keine stichhaltigen Argumente entgegen und vermag insbesondere keine Rechtsprechung aufzuzeigen, wonach das Parken eines Fahrzeugs schon deshalb in die Rechte des Mieters bzw Eigentümers eines angrenzenden Grundstücks eingriffe, weil es das Ausfahren aus diesem Grundstück erschwert. Schon das Erstgericht hat darauf hingewiesen, dass es keinen „gesetzlichen Anspruch“ darauf gibt, vorwärts aus einer Zufahrtsstraße auszufahren, wenn auf der eigenen Liegenschaft keine Möglichkeit zum Reversieren besteht.
Soweit die Revision schließlich im Abstellen des Fahrzeugs einen Verstoß gegen § 24 Abs 3 lit d StVO erblickt, weil es auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr geparkt worden sei, so dass nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freigeblieben seien (woraus ohne weitere Begründung ein Eingriff in die Rechte am gemieteten Grundstück abgeleitet wird), wurde eine solche Behauptung weder im Vorprozess noch in diesem (Amtshaftungs-)Verfahren in erster Instanz erhoben, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die mangelnde Zulässigkeit der Revision hingewiesen, womit ihr Schriftsatz als zweckentsprechende Rechtsverfolgungsmaßnahme zu qualifizieren ist.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)