OGH 9ObA13/19f

OGH9ObA13/19f27.2.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Hon.‑Prof. Dr. Dehn und den Hofrat Dr. Stefula und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Ingomar Stupar und ADir. Gabriele Svirak als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** K*****, vertreten durch Dr. Farhad Paya Rechtsanwalt GmbH in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei L*****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 2018, GZ 7 Ra 53/18w‑15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:009OBA00013.19F.0227.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Tatfrage gehört die Feststellung der den Sachverhalt bildenden Tatsachen einschließlich aller Schlussfolgerungen (RIS‑Justiz RS0111996). Das Berufungsgericht kann ohne Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes aus erstinstanzlichen Feststellungen andere tatsächliche Schlussfolgerungen ziehen (RIS‑Justiz RS0118191 [T1]). Dass es nach dem 16. 2. 2017 keine „Interventionsmaßnahmen“ des Klägers gegeben habe, ist eine aufgrund der unstrittigen Schreiben vom 19. 5. 2017 und 6. 11. 2017 unrichtige tatsächliche Schlussfolgerung des Erstgerichts, welche das Berufungsgericht ohne Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes aus dem festgestellten Sachverhalt ausscheiden durfte. Es liegt damit keine eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darstellende Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes vor (vgl RIS‑Justiz RS0042151).

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Fortsetzungsanspruch wegen behaupteter Unwirksamkeit einer Kündigung oder einer Versetzung nicht zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden. Vielmehr bedingt das Klarstellungsinteresse des Dienstgebers eine Aufgriffsobliegenheit des Dienstnehmers, sein Interesse an der Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses oder dem alten Arbeitsplatz ohne Aufschub gegenüber dem Dienstgeber geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0028233; RS0119727; 9 ObA 12/13z Pkt VI.2; 9 ObA 55/18f).

2.2. Die zeitliche Grenze für die Geltendmachung ist unter Bedachtnahme auf § 863 ABGB zu ziehen und zu beurteilen, ob das Verhalten des Arbeitnehmers als stillschweigendes Einverständnis mit der Beendigung bzw Versetzung oder als Verzicht auf die Geltendmachung der Unzulässigkeit der Beendigung bzw Versetzung aufzufassen ist. Die bloße Nichtgeltendmachung durch längere Zeit dokumentiert für sich allein in der Regel noch keinen Verzicht; vielmehr müssen Umstände hinzukommen, die die spätere Geltendmachung als unzulässig erscheinen lassen (RIS‑Justiz RS0028233 [T5]). Es geht also darum, dass der Arbeitnehmer, sein Recht, dessen Geltendmachung ihm freisteht, im Hinblick auf die synallagmatische Arbeitsrechtsbeziehung in angemessener Zeit geltend zu machen hat. Können doch sonst dem Arbeitgeber, der auf die Wirksamkeit der von ihm getroffenen Rechtsgestaltung vertraut, Nachteile entstehen (RIS‑Justiz RS0028233 [T12]).

2.3. Im vorliegenden Fall gab der Kläger nach Erhalt des Schreibens vom 19. 10. 2016, mit dem er aufgrund von Bedenken der Beklagten an seiner Einsatzdiensttauglichkeit vom Feuerwehreinsatzdienst in den Normaldienst überstellt wurde, mündlich und durch seinen Anwalt am 20. 12. 2016 auch schriftlich deutlich zu verstehen, er sei seines Erachtens zu Unrecht versetzt worden. Die Beklagte teilte dem Kläger aber ebenso deutlich sowohl mündlich als auch in Beantwortung des Anwaltsschreibens am 16. 2. 2017 schriftlich mit, dass seine Rückkehr in den Feuerwehreinsatzdienst ausgeschlossen sei. Im Weiteren stellte der Kläger mit an die Beklagte gerichtetem Anwaltsschreiben vom 19. 5. 2017 „Anträge“, die Überstellung aufzuheben und ihn wieder im Feuerwehreinsatzdienst zu verwenden, und wiederholte diese, nachdem die Beklagte nicht mehr reagiert hatte, mit Schreiben vom 6. 11. 2017. Erst am 25. 1. 2018 brachte er die vorliegende Klage ein. Angesichts dessen, dass der Kläger seit seiner Versetzung im Oktober 2016 seine Arbeit im Normaldienst als Maler und Anstreicher zur Zufriedenheit der Beklagten verrichtete, die Beklagte ihm im Februar 2017 letztmalig mitgeteilt hatte, eine Rückkehr in den Feuerwehreinsatzdienst sei nicht zu verantworten, sie auf die beiden folgenden Anwaltsschreiben überhaupt nicht mehr reagierte und der Kläger anwaltlich vertreten war, liegt die Beurteilung der Vorinstanzen, der Kläger habe mit seiner erst 15 Monate nach der Versetzung und elf Monate nach dem letzten Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 16. 2. 2017 erhobenen Klage seiner Aufgriffsobliegenheit nicht entsprochen, bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände im zulässigen Ermessensspielraum und ist nicht zu beanstanden.

Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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