European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E123897
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Erhöhung der Unterhaltsvorschüsse für die Monate Oktober und November 2013 über den Betrag von 110,40 EUR hinaus.
Dem Kind wurden aufgrund einer gemäß § 382a EO gegen ihren Vater erlassenen einstweiligen Verfügung mit Beschluss des Erstgerichts vom 14. 11. 2013 Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG für den Zeitraum 1. 10. 2013 bis 30. 9. 2018 in Höhe von 105,40 EUR monatlich bewilligt.
Mit Beschluss vom 9. 6. 2015 verpflichtete das Erstgericht den Vater zur Leistung von Unterhalt in Höhe von 350 EUR monatlich (ua) für die Monate Oktober und November 2013.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts G* vom 21. 11. 2013, AZ *, war über das Vermögen des Unterhaltsschuldners das Schuldensregulierungsverfahren eröffnet worden. Nachdem ein Zahlungsplan am 13. 10. 2017 nicht angenommen worden war, wurde mit Beschluss vom 14. 12. 2017 das Abschöpfungsverfahren eingeleitet.
Mit Beschluss vom 16. 3. 2018 sprach das Erstgericht aus, das gemäß § 7 Abs 1 IO unterbrochene Verfahren fortzusetzen und bewilligte die Erhöhung der Unterhaltsvorschüsse für Oktober und November 2013 von 105,40 EUR auf 110,40 EUR monatlich; den darüber hinausgehenden Antrag auf Erhöhung um weitere 239,60 EUR auf die titelmäßige Höhe von 350 EUR wies es ab.
Es führte aus, aus dem Antrag des Vaters auf Annahme eines Zahlungsplans ergebe sich, dass dieser bei einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von 2.100 EUR monatlich (einschließlich anteiliger Sonderzahlungen) und einem pfändbaren Bezugsteil von 339 EUR (bei zwei Unterhaltspflichten), innerhalb des Abschöpfungszeitraums von fünf Jahren einen Betrag von insgesamt 20.340 EUR (339 EUR x 60) an den Treuhänder zur Verteilung an die Gläubiger abtreten könne. Dies entspreche bei einer Gesamtforderungshöhe von 1.063.836 EUR, worin die rückständige Unterhaltsforderung der Minderjährigen enthalten sei, ohne Berücksichtigung der Vergütung des Treuhänders einer Quote von rund 1,9 %. Eine Anhebung der Unterhaltsvorschüsse sei höchstens im Umfang der erreichbaren Quote von 1,9 % vom Erhöhungsbetrag (244,60 EUR), das seien aufgerundet 5 EUR monatlich, möglich.
Das Rekursgericht gab dem gegen den antragsabweisenden Teil der Entscheidung gerichteten Rekurs des Kindes nicht Folge. Es ließ den Revisionsrekurs zu, weil zum Einfluss eines Abschöpfungsverfahrens auf die Vorschussgewährung für die Zeit vor Insolvenzeröffnung insbesondere nach dem IRÄG 2017 keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Rechtlich führte es aus, im Fall der Erhöhung des Unterhalts seien gemäß § 19 UVG auch die Unterhaltsvorschüsse zu erhöhen. Dabei sei allerdings § 7 Abs 1 Z 1 UVG anzuwenden. Während die rechtskräftige Bestätigung eines Zahlungsplans zur Restschuldbefreiung führe, sodass der Unterhaltsschuldner nur mehr auf Zahlung der Quote in Anspruch genommen werden könne, habe die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens nicht sofort die Restschuldbefreiung zur Folge. Diese sei dem Schuldner aber vom Gericht nach Beendigung des Abschöpfungsverfahrens zu erteilen, ohne dass es nach § 213 IO idF IRÄG 2017 einer Mindestquote bedürfe. Die gerichtliche Bestätigung eines Zahlungsplans sei zwar für sich allein nicht geeignet, Bedenken am Bestehen der Unterhaltspflicht hervorzurufen. Da der Unterhaltspflichtige die ausständigen Unterhaltsforderungen aber nur bis zur festgesetzten Quote zahlen müsse, bestünden insoweit Bedenken gegen den aufrechten materiellen Bestand des erhöhten Exekutionstitels, weshalb die Vorschüsse für den Zeitraum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur im Ausmaß der auf die Erhöhungsbeträge entfallenden Quote zuerkannt werden könnten. Würden die Unterhaltsvorschüsse für den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung im Fall der Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens im vollen und nicht bloß in dem der Insolvenzquote entsprechenden Ausmaß erhöht, würde der Unterhaltsschuldner im Abschöpfungsverfahren schlechter behandelt als bei Annahme eines Zahlungsplans.
In seinem Revisionsrekurs beantragt das Kind, den angefochtenen Beschluss im antragsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Revisionsrekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
1. Der zuständige Fachsenat hat bereits zu 10 Ob 13/12b (iFamZ 2012/125, 175 [Neuhauser]) zu den Auswirkungen der Eröffnung eines Abschöpfungsverfahrens über das Vermögen des Unterhaltsschuldners auf den Anspruch des Kindes auf Unterhaltsvorschüsse für vor der Insolvenzeröffnung fällig gewordene Unterhaltsansprüche Stellung genommen.
1.1. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits fällige Unterhaltsforderungen sind Insolvenzforderungen (vgl RIS‑Justiz RS0037149 [T20]) und werden von den Insolvenzwirkungen erfasst. Dieser Teil der Unterhaltsforderungen ist auf die Quote beschränkt und unterliegt auch einer möglichen teilweisen Schuldbefreiung (10 Ob 13/12b mwN; 10 Ob 47/15g).
1.2. Dem vorliegenden Revisionsrekursverfahren liegen ausschließlich zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits fällige Forderungen zugrunde. Aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 21. 11. 2013 ist nämlich nicht nur der für Oktober 2013, sondern – gemäß § 1418 ABGB – auch der für November 2013 geltend gemachte höhere Unterhaltsanspruch zur Gänze dem Zeitraum vor Insolvenzeröffnung zuzuordnen und damit Insolvenzforderung (RIS‑Justiz RS0119129).
2. Wird der Unterhalt erhöht, sind gemäß § 19 Abs 2 UVG auch die Unterhaltsvorschüsse zu erhöhen, um den Gleichlauf zwischen den Unterhaltsvorschüssen und dem Unterhaltstitel herzustellen (RIS‑Justiz RS0109104). Auch im Verfahren nach § 19 UVG ist allerdings § 7 Abs 1 Z 1 UVG anzuwenden (RIS‑Justiz RS0117325; RS0105311 [T1]), wonach das Gericht Titelunterhaltsvorschüsse ganz oder teilweise zu versagen hat, soweit sich aus der Aktenlage ergibt, dass die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht nicht (mehr) besteht oder – der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend – zu hoch festgesetzt ist.
Dadurch soll der Staat vor der Gewährung zu hoher Unterhaltsvorschüsse geschützt werden, die offensichtlich nicht der gesetzlichen Unterhaltspflicht entsprechen, sei es, weil die Inanspruchnahme missbräuchlich wäre (zB bei überhöhten Unterhaltstiteln, die auf einem Konsensergebnis beruhen) oder weil sich die Verhältnisse seit der Titelschaffung wesentlich geändert haben. § 7 Abs 1 UVG ermöglicht es in diesen Fällen dem Gericht, die Vorschüsse in der der gesetzlichen Unterhaltspflicht entsprechenden Höhe zu bemessen (10 Ob 46/09a; 10 Ob 13/12b = iFamZ 2012/125, 175 [Neuhauser]).
3. Zu 4 Ob 277/02t hatte der Oberste Gerichtshof den Anspruch auf Unterhaltsvorschüsse aufgrund eines Unterhaltserhöhungsbeschlusses im Fall eines rechtskräftig bestätigten Zahlungsplans zu beurteilen.
Den Ausgangspunkt seiner rechtlichen Erwägungen bildete die Ausgestaltung der Restschuldbefreiung im Zahlungsplanverfahren. Gemäß § 156 iVm § 193 Abs 1 IO wird der Schuldner bereits mit Rechtskraft des Beschlusses, mit dem der Zahlungsplan bestätigt wird, – auch mit Wirkung gegenüber allen Rückgriffsberechtigten – von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den über die Quote hinausgehenden Ausfall zu ersetzen. Mit der Begründung, dass der Unterhaltspflichtige die rückständigen Unterhaltsforderungen nur bis zur festgesetzten Quote zu zahlen habe, wurden (entsprechend der Fassung des § 7 Abs 1 Z 1 UVG vor dem FamRÄG 2009) „begründete Bedenken“ gegen das Bestehen des Exekutionstitels angenommen. Die Unterhaltsvorschüsse für den dort strittigen, vor Insolvenzeröffnung liegenden Zeitraum wurden deshalb nicht im vollen Ausmaß, sondern nur im Ausmaß der auf die Erhöhungsbeträge entfallenden Quote erhöht (ebenso 10 Ob 47/15g).
4. Anders als beim Zahlungsplan tritt im Abschöpfungsverfahren der Schuldner den pfändbaren Teil seiner Forderungen auf Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder auf sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion ab Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem das Abschöpfungsverfahren eingeleitet wird, für die gesetzlich bestimmte Dauer an den Treuhänder ab (§ 199 Abs 2 IO). Dieser hat die Beträge, die er durch die Abtretung erlangt, und sonstige Leistungen des Schuldners oder Dritter an die Gläubiger zu verteilen (§ 203 Abs 1 IO).
4.1. Der Abtretungszeitraum betrug gemäß § 199 Abs 2 IO idF vor dem IRÄG 2017 (BGBl I 2017/122) sieben Jahre; er wurde mit dem IRÄG 2017 auf fünf Jahre verkürzt. Die Restschuldbefreiung wird mit einem grundsätzlich nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung zu fassenden Gerichtsbeschluss erteilt, mit dem das Abschöpfungsverfahren für beendet zu erklären und gleichzeitig auszusprechen ist, dass der Schuldner von den im Verfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit ist.
4.2. Nach der Rechtslage vor dem IRÄG 2017 behandelte § 213 Abs 1 Z 2 IO den Regelfall der Beendigung des Abschöpfungsverfahrens. Demnach war dieses für beendet zu erklären, wenn die Laufzeit der Abtretungserklärung (von sieben Jahren) abgelaufen war und die Insolvenzgläubiger während des Insolvenz- und Abschöpfungsverfahrens zumindest 10 % der Forderungen erhalten hatten. War es dem Schuldner nicht gelungen, während des Abschöpfungsverfahrens 10 % der Insolvenzforderungen abzutragen, ermöglichte § 213 Abs 2 IO die sofortige Erteilung der Restschuldbefreiung nach Billigkeit. Eine Einstellung des Abschöpfungsverfahrens (mit Restschuldbefreiung) konnte darüber hinaus schon dann erfolgen, wenn seit der Abtretungserklärung (nur) drei Jahre verstrichen waren und die Insolvenzgläubiger während des Insolvenz- und Abschöpfungsverfahrens zumindest 50 % der Forderungen erhalten hatten (§ 213 Abs 1 Z 1 IO).
4.3. Mit dem IRÄG 2017 entfällt das Erfordernis einer Mindestquote. Vielmehr hat das Gericht gemäß § 213 Abs 1 IO idF IRÄG 2017 das Abschöpfungsverfahren, das nicht (vorzeitig) eingestellt wurde, unabhängig vom Erreichen einer bestimmten Quote nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung für beendet zu erklären und gleichzeitig auszusprechen, dass der Schuldner von den im Verfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit ist (Restschuldbefreiung).
4.4. Nach durch das IRÄG 2017 nicht berührter Rechtslage können Unterhaltsrückstände unter bestimmten (im vorliegenden Fall nicht gegebenen) Voraussetzungen überhaupt von der Wirkung der Restschuldbefreiung ausgenommen sein (§ 215 IO; Kodek, Privatkonkurs² Rz 709).
5. Zu 10 Ob 13/12b (iFamZ 2012/125, 175 [Neuhauser]) hatte der Oberste Gerichtshof die Auswirkungen der Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens auf die Erhöhung der Unterhaltsvorschüsse für vor der Insolvenzeröffnung liegende Zeiträume nach der Rechtslage vor dem IRÄG 2017 zu beurteilen.
5.1. Die Entscheidung geht von der Erwägung aus, dass nach Einleitung des Abschöpfungsverfahrens über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen die Höhe der erreichbaren Quote ebenso wie die Erteilung der Restschuldbefreiung sowie deren etwaiger Zeitpunkt grundsätzlich ungewiss bzw zweifelhaft sind. Allerdings wertete der Oberste Gerichtshof das Verhältnis des monatlich an den Treuhänder abzuführenden Betrags zu den Gesamtverbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners als Anhaltspunkte für eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die titelmäßige Unterhaltspflicht zu hoch sei und der Schuldner keine höhere Quote als die § 213 Abs 1 Z 2 IO idF vor dem IRÄG 2017 entsprechende Quote von 10 % erreichen werde. Der Umstand, dass im Abschöpfungsverfahren der Anspruch bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung formell weiter aufrecht sei, stehe Anhaltspunkten iSd § 7 Abs 1 Z 1 UVG nicht entgegen, weil nicht der Gesichtspunkt des formalen Aufrechtseins des Titels maßgeblich sei, sondern allein die hohe Wahrscheinlichkeit für dessen materielle Unrichtigkeit. Der Einwand, während des Abschöpfungsverfahrens stehe dem Minderjährigen für die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufenen Unterhaltsrückstände neben der aliquoten Befriedigung durch die Ausschüttungen im Wege des Treuhänders eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit aus der – nicht in die Abschöpfungsmasse fallende – Differenz der Existenzminima nach § 291a und § 291b EO offen, rechtfertige im konkreten Fall keine andere Beurteilung. Die Befriedigungsaussichten aus dem Differenzbetrag der Existenzminima seien als ungünstig einzuschätzen, weil daraus vorrangig die laufenden Unterhaltsforderungen des Minderjährigen zu befriedigen seien.
5.2. An diesem Standpunkt hielt auch die Entscheidung 10 Ob 107/15f grundsätzlich fest (RIS‑Justiz RS0127735).
6. Gründe dafür, dass die dargestellten Erwägungen in Fällen von dem IRÄG 2017 unterliegenden Abschöpfungsverfahren nicht mehr zuträfen, sind nicht ersichtlich.
6.1. Die Verkürzung des Abtretungszeitraums und der Wegfall der Mindestquote des § 213 Abs 1 IO aF aufgrund des IRÄG 2017 erleichtern vielmehr die Erlangung der Restschuldbefreiung im Abschöpfungsverfahren (ErläutRV 1588 BlgNR 25. GP 12). Das IRÄG 2017 ändert nichts an der Möglichkeit, im konkreten Einzelfall aus der Höhe des im Beurteilungszeitpunkt geleisteten Abschöpfungsbetrags im Verhältnis zu den Gesamtverbindlichkeiten Anhaltspunkte für eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür zu entnehmen, dass die titelmäßige Unterhaltspflicht im Hinblick auf die zu erwartende Restschuldbefreiung materiell zu hoch ist.
6.2. Die Problematik, dass die Höhe der im Abschöpfungsverfahren erreichbaren Quote nach Einleitung des Abschöpfungsverfahrens noch ungewiss ist, wurde bereits zu 10 Ob 13/12b behandelt. Die im Revisionsrekurs angesprochenen, sich aus § 210 Abs 1 Z 2 IO ergebenden Unsicherheitsfaktoren hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners – dieser hat Vermögen, das er während des Abtretungszeitraums von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch unentgeltliche Zuwendung erwirbt, herauszugeben – bestanden bereits nach der Rechtslage vor dem IRÄG 2017 und wurden schon der Entscheidung 10 Ob 13/12b zugrundegelegt. Durch das IRÄG 2017 hinzugekommen ist lediglich die Verpflichtung des Schuldners, auch Vermögen, das er als Gewinn in einem Glücksspiel erwirbt, herauszugeben. Eine konkret bestehende Wahrscheinlichkeit eines derartigen Vermögenserwerbs wäre bei der Beurteilung des Vorliegens von Anhaltspunkten gemäß § 7 Abs 1 Z 1 UVG zu berücksichtigen, steht aber den dargestellten Erwägungen nicht grundsätzlich entgegen.
6.3. Der Wegfall der für die Restschuldbefreiung gemäß § 213 Abs 1 IO erforderlichen Mindestquote führt lediglich dazu, dass die zu erwartende Höhe der nach Erteilung der Restschuldbefreiung materiell-rechtlich bestehenden Unterhaltspflicht des Schuldners im Ergebnis auch unter der nach alter Rechtslage erforderlichen Mindestquote von 10 % liegen kann.
An den der Entscheidung 10 Ob 13/12b zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen ergeben sich durch das IRÄG 2017 hingegen keine Änderungen.
7. In seiner Glosse zur Entscheidung 10 Ob 13/12b kritisiert Neuhauser, § 7 Abs 1 Z 1 UVG dürfe nicht zur Beurteilung der Chancen der Einbringlichkeit gesetzlicher Unterhaltsansprüche herangezogen werden, da dem Kind durch das UVG gerade das Liquiditätsrisiko abgenommen werden solle (iFamZ 2012/125, 175 f). Diese Kritik ist insofern zutreffend, als das UVG dem Kind das Einbringlichkeitsrisiko abnimmt. Sie trifft allerdings nicht den entscheidenden Punkt.
Die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens führt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 213 IO zur Restschuldbefreiung des Unterhaltsschuldners. Der von der Restschuldbefreiung erfasste Teil der Forderung wird gemäß § 214 Abs 3 IO zu einer Naturalobligation (Mohr in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 214 IO Rz 4), ist also nicht einklagbar (vgl RIS‑Justiz RS0052128). Damit betrifft die Wahrscheinlichkeit, eine Restschuldbefreiung (in einem bestimmten Umfang) zu erlangen, nicht die Chancen der Einbringlichkeit, sondern die Frage, ob die titulierte Unterhaltsforderung materiell weiterhin in voller Höhe besteht.
8. Die Vorinstanzen sind von den in der Entscheidung 10 Ob 13/12b dargelegten Grundsätzen nicht abgewichen.
8.1. Das Erstgericht stützte sich bei der Erhöhung der Unterhaltsvorschüsse auf den Beschluss vom 9. 6. 2015, mit dem der Vater rechtskräftig zur Leistung von Unterhalt in Höhe von 350 EUR monatlich für Oktober und November 2013 verpflichtet worden war.
8.2. Die für das Schuldenregulierungsverfahren maßgeblichen Änderungen der IO durch das IRÄG 2017 traten im Wesentlichen am 1. 11. 2017 in Kraft. Sie sind anzuwenden, wenn das Insolvenzverfahren nach dem 31. 10. 2017 eröffnet wurde oder der Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nach diesem Datum bei Gericht eingelangt ist (§ 279 Abs 1, 3 IO). § 280 IO regelt das Übergangsrecht hinsichtlich der bei Inkrafttreten des Gesetzes anhängigen Abschöpfungsverfahren. Nach dieser Bestimmung werden die Verkürzung des Zeitraums der Abtretungserklärung von sieben auf fünf Jahre und der Entfall des Erfordernisses einer Mindestquote für anhängige Verfahren nur teilweise und in zeitlicher Abstufung wirksam. Während eine Mindestquote gemäß § 280 IO auch in sämtlichen bereits anhängigen Verfahren entfällt, in denen nach dem 31. 10. 2017 über die Erteilung einer Restschuldbefreiung zu entscheiden ist, kommt die Verkürzung des Abschöpfungszeitraums auf fünf Jahre in diesen alten Verfahren, wenn überhaupt, nur zeitverzögert und nicht in vollem Ausmaß zum Tragen. In allen laufenden Verfahren, in denen die Abtretung vor dem 1. 11. 2015 wirksam wurde, bleibt es unverändert bei einer insgesamt siebenjährigen Laufzeit. Nur wenn der Abschöpfungszeitraum erst nach diesem Datum zu laufen begonnen hat, verringert sich nach § 280 IO die effektive Gesamtdauer sukzessive bis zum 1. 11. 2022. Ungeschmälert kommt die Verkürzung auf fünf Jahre erst jenen Schuldnern zugute, deren Abtretungszeitraum am 1. 11. 2017 oder später begonnen hat (RIS‑Justiz RS0131932 [T3]).
8.3. Im vorliegenden Fall, in dem das Abschöpfungsverfahren über das Vermögen des Unterhaltsschuldners am 14. 12. 2017, sohin nach Inkrafttreten der hier interessierenden Bestimmungen des IRÄG 2017 eröffnet wurde, kann dieser – wiewohl ein Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens bereits vor dem 31. 10. 2018 vorlag – die Restschuldbefreiung unter Entfall der Mindestquote des § 213 IO aF erreichen. Hinsichtlich des Abschöpfungszeitraums, der erst nach dem 1. 11. 2017 begonnen hat, kommt ihm zudem die Verkürzung auf fünf Jahre zugute.
8.4. Unter Zugrundelegung dieses Abschöpfungszeitraums sowie des im Insolvenzverfahren erstatteten, im vorliegenden Verfahren aktenkundigen Vorbringens des Unterhaltsschuldners zu seinem voraussichtlichen Einkommen, seinen Sorgepflichten und der Gesamthöhe der Insolvenzforderungen haben die Vorinstanzen zutreffend starke Anhaltspunkte iSd § 7 Abs 1 Z 1 UVG dafür angenommen, dass die im Beschluss vom 9. 6. 2015 festgesetzte Höhe der Unterhaltspflicht des Schuldners von der materiellen Rechtslage abweicht.
Gegen das konkrete Ausmaß der Vorschusserhöhung enthält der Revisionsrekurs keine Ausführungen.
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