European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00063.18S.0912.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Dominik D***** betreffenden Einziehungserkenntnis, soweit sich dieses auf ein Notebook Toshiba Satellite, einen USB‑Speicher 8 GB silber und ein Mobiltelefon LG D855 bezieht, im Enrico P***** betreffenden Einziehungserkenntnis, soweit sich dieses auf einen PC, ein Notebook HP, einen USB‑Speicher Sandisk und ein Mobiltelefon Samsung GT‑I9505 bezieht, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Leoben verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten zunächst dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten D*****, S*****, Z*****, Sa***** und W***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung – Dominik D***** (zu 1, 2, 5, 6, 7, 8, 10 und 11), Andreas S***** (zu 1, 3, 5 und 10), Christian Z***** (zu 10 und 14), Michael Sa***** (zu 5 und 10) und Patrick W***** (zu 12, 13 und 16) jeweils mehrerer Verbrechen nach § 3g VG schuldig erkannt (I).
Danach haben sie sich in K***** und an anderen Orten auf andere als die in §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, und zwar
1) Dominik D***** und Andreas S***** im Jahr 2013, indem sie in Österreich eine Vereinigung mit dem Namen „Legion Werwolf – Sektion Ostmark“ als Untergruppe der in Deutschland etablierten und vom abgesondert verfolgten Harald F***** geleiteten „Legion Werwolf“ zu gründen versuchten, deren Zweck es hätte sein sollen, eine Plattform für gemeinsame Aktivitäten von nationalsozialistischen Gleichgesinnten (etwa Organisation von Fahrten zu „Rechtsrock‑Konzerten“, Feiern, Grillabende zum Ideenaustausch etc) zu bieten, wobei Dominik D***** der „Präsident“ der Sektion Ostmark hätte sein sollen und sie in diesem Rahmen eine WhatsApp‑Gruppe mit dem Namen „Legion Werwolf“ etablierten, im Rahmen derer es untereinander sowie mit weiteren Personen zu einem regen Gedankenaustausch betreffend ihre nationalsozialistische Gesinnung kam;
2) Dominik D***** um den 11. März 2014, indem er auf seinem öffentlich zugänglichen facebook‑Account zahlreiche Bilder, auf denen er und andere Personen in szenetypischer Kleidung (Pullover und T‑Shirts mit der Aufschrift „Legion Werwolf“, T‑Shirt mit der Aufschrift „Blood & Honour“) abgebildet sind, Bilder von Symbolen mit nationalsozialistischem Bezug (brennendes Sonnenrad), Einträge über Abteilungen der SS (15. Waffen-Grenadier‑Division der SS; 9. SS‑Panzer‑Division), Einträge über die Alpen‑ und Donau‑Reichsgaue zur Zeit des Dritten Reichs und zur Waffentechnik im 2. Weltkrieg, Links zu Seiten mit rechtsradikalem Inhalt (zB A3stus) und unter der Kategorie „Musik“Namen und Logos von einschlägigen „Rechtsrock-Bands“(zB Satans Elite Kommando, Überzeugungstäter, Bewegungsmelder 2013, Words of Anger, Act of Violence, 28 Sounds) sowie Bilder von Programmen von „Rechtsrock-Konzerten“(Blood & Honour, Hammered 2014 etc) postete;
3) Andreas S***** um den 11. März 2014 und den 15. Mai 2014, indem er auf seinem öffentlich zugänglichen facebook‑Account zahlreiche Bilder, auf denen er und andere Personen in szenetypischer Kleidung (T‑Shirts mit der Aufschrift „Stahlgewitter“ [indizierte Rechtsrock‑Band], „garantiert indiziert“, Rock against Communism) abgebildet sind, Links zu der facebook‑Seite „Whlandserfranken“, auf der Personen bei Wehrsportübungen in deutschen Uniformen des zweiten Weltkriegs abgebildet sind, Links zu diversen Seiten mit rechtsradikalem Inhalt (Fußballfans gegen Antifa 2.0, Anti‑Antifa Deutschland, auch ohne Sonne braun etc), unter der Kategorie „Musik“ Namen und Logos von einschlägigen „Rechtsrock‑Bands“ (zB 28 Sounds, RAC [Rock against Communism], Oldschool Records, NSBM [National socialist black metal] etc) sowie Bilder von Programmen von „Rechtsrock-Konzerten“ postete und als Interessen unter anderem diverse Waffen und sonstige Themenbereiche des Dritten Reichs (Karabiner 98k, Sturmgewehr 45, Jagdpanzer V, Sturmgeschütz III, 1. SS‑Panzerdivision „Leibstandarte SS Adolf Hitler“, Hermann Göring, 2. SS‑Panzerdivision „Das Reich“, Horst Wessel, Michael Wittmann [SS‑Panzerkommandant]) angab;
5) Dominik D***** vom Jahr 2005 bis zum 1. Oktober 2015, Michael Sa***** vom Jahr 2013 bis zum 1. Oktober 2015 und Andreas S***** in den Jahren 2013 und 2014, indem sie regelmäßig in der Öffentlichkeit Kleidungsstücke mit nationalsozialistischem Bezug oder mit Symbolen bzw Codes trugen, um ihrer Gesinnung Ausdruck zu verleihen (Dominik D***** und Andreas S***** Pullover mit der Aufschrift „Töten für W.O.T.A.N“ [Will of the aryan nation] und NSBM [National socialist black metal], Dominik D***** Pullover mit aufgedruckter Handgranate und dem Namen der Rechtsrock‑Band „Rotte Charlotte“, T-Shirt mit der Aufschrift „Terroristen mit E‑Gitarre“, Kapuzenpullover mit Schwarzer Sonne am Rücken, Schleife mit der Aufschrift „Großdeutschland“, Jeansjacke mit der Aufschrift „Großdeutschland“, „White Power“ und dem Symbol der „Schwarzen Sonne“ sowie dem Aufdruck eines Sonnenrades und eines Sturmgewehrs, T‑Shirt mit dem Aufdruck eines stilisierten Reichsadlers und einem Wolfskopf anstelle des Hakenkreuzes, T‑Shirt mit der Aufschrift „Legion‑Werwolf‑Ostmark“, Michael Sa***** Pullover mit der Aufschrift „Bloodline“ und „Ostmark“ und dem Aufdruck eines Maschinengewehrs, T‑Shirt mit dem Namen der Rechtsrock‑Band „Rotte Charlotte“, Andreas S***** T‑Shirt mit dem Namen der indizierten Rechtsrock‑Band „Stahlgewitter“);
6) Dominik D***** vom Jahr 2010 bis zum 1. Oktober 2015, indem er bei mehreren Gelegenheiten seine Tätowierungen von Symbolen mit nationalsozialistischem Bezug (Schwarze Sonne am linken Unterschenkel, an der rechten Wade und am rechten Unterarm, Odalrune am rechten Oberarm, Keltenkreuz mit Reichsadler und Odalrune am rechten Oberarm und Wolfsangel am rechten Oberarm) in der Öffentlichkeit präsentierte oder kurze Kleidung trug, sodass diese Symbole sichtbar waren;
7) Dominik D***** am 18. und am 28. November 2014, indem er sich in Telefongesprächen mit „Führerbunker“ meldete und in weiteren Kommunikationen per Telefon, SMS und WhatsApp nationalsozialistische Grußformeln wie „88“, „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“ verwendete;
8) Dominik D***** vom Jahr 2012 bis zum 1. Oktober 2015, indem er in seiner Wohnung zahlreiche Gegenstände mit nationalsozialistischem Bezug oder mit nationalsozialistischen Symbolen, nämlich Fotoalben, Lichtbilder, Stempel, Dokumente aus der NS‑Zeit, Bücher, Dolche, Orden, Stahlhelme, Gürtelschnallen, Zeitschriften, Wein‑ und Bierflaschen mit dem Bildnis Adolf Hitlers, Uniformkappen, eine Büste Adolf Hitlers, Flaggen, Polster und Bilder teils für jeden Besucher frei sichtbar aufhängte oder platzierte, teils bei verschiedenen Gelegenheiten anderen Personen – zumindest jedoch Patrick W***** und Christian Z***** – zeigte und Symbole oder Bilder mit nationalsozialistischem Bezug an den Wänden der Wohnung für jeden Besucher sichtbar anbrachte (Schwarze Sonne, Bild eines deutschen Sturzkampfbombers);
10) Dominik D*****, Christian Z***** und Michael Sa***** vom Jahr 2013 bis zum 1. Oktober 2015 und Andreas S***** in den Jahren 2013 und 2014, indem sie sich zu zahlreichen Gelegenheiten in einer für diesen Zweck von Dominik D***** und Michael Sa***** angemieteten Räumlichkeit trafen, wo im Rahmen von Grillfesten und Trinkgelagen, zu welchen teilweise auch weitere Personen eingeladen wurden, zumindest das Lied „Schwarze Division“ der Band „Stahlgewitter“, in welchem die Vernichtung des hauptsächlich von Menschen mit türkischen Wurzeln besiedelten Berliner Stadtteils Kreuzberg durch eine SS‑Division herbeigesehnt wird und welches (unter anderem) die Textpassage „Wir brauchen sie wieder, das ist kein Witz, die Jungs in Schwarz mit dem doppelten Blitz“ enthält, mehrmals abgespielt und mitgesungen wurde;
11) Dominik D***** am 8. September 2014, indem er im Rahmen eines Telefonats gegenüber einem Mitarbeiter eines Telekommunikationsunternehmens als Kundenkennwort für sein Mobiltelefon die Zahlenkombination „1488“ (Bedeutung: „14 Words“ und „Heil Hitler“ angab);
12) Patrick W***** vom Jahr 2012 bis zum 1. Oktober 2015, indem er in seiner Wohnung zahlreiche Gegenstände mit nationalsozialistischem Bezug oder mit nationalsozialistischen Symbolen, nämlich Wehrdienst-abzeichen des Dritten Reiches, Bilder, Bücher, Bekleidungsstücke, Schaufensterpuppen mit Wehrmachts‑ und Feuerwehrbekleidung, militärische Ausrüstungsgegenstände, Fahnen, Bajonette, Dolche, Gasmasken, Gürtel, Helme, ein Feldtelefon, eine Hitler‑Büste, Kalender, Armbinden, zehn Weinflaschen mit dem Bildnis Adolf Hitlers und diverse Kriegsfiguren bei verschiedenen Gelegenheiten anderen Personen – zumindest jedoch Dominik D***** – zeigte und ihnen teils zum Kauf oder zum Tausch anbot und indem er darüber hinaus dem Dominik D***** weitere Gegenstände mit nationalsozialistischem Bezug (Ausrüstungsgegenstände, Fotoalben etc), welche er hätte beschaffen können, zum Kauf oder Tausch anbot;
13) Patrick W***** vom Jahr 2012 bis zum 1. Oktober 2015, indem er in mehreren SMS als Grußformel den Zahlencode „88“ (Bedeutung „Heil Hitler“) verwendete;
14) Christian Z***** vom Jahr 2011 bis zum 1. Oktober 2015, indem er mehrere Poloshirts mit der Aufschrift „Sektion Mürztal“ und dem Symbol der „Schwarzen Sonne“ an andere weitergab und mehrere Aufkleber mit derselben Aufschrift und demselben Symbol an diversen Orten – darunter auch an seinem Briefkasten – anbrachte;
15) Patrick W***** im Jahr 2014 oder 2015, indem er anlässlich einer Feier im Lokal „R*****“ in B***** zusammen mit weiteren Personen lautstark das Lied „Polackentango“ der rechtsextremen Band „Landser“ mitsang, als dieses für einen Gast des Lokals gespielt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die von Dominik D***** aus Z 6, 10a, 11 lit a, 11 lit b, von Andreas S***** aus Z 5, 6, 8, 9, 10a, 11 lit a, 12 und 13, von Christian Z***** aus Z 10a, von Michael Sa***** aus Z 6 und 10a und von Patrick W***** aus Z 6 und 10a, jeweils des § 345 Abs 1 StPO, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden. Diese verfehlen, wie auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend aufzeigt, ihr Ziel.
Zur Vermeidung von Wiederholungen ist vorweg klarzustellen:
Die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet, andernfalls entzieht sich das Vorbringen einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0115902).
Die im Wahrspruch der Geschworenen hinsichtlich der nationalsozalistischen Betätigung in den Hauptfragen jeweils angeführten Zusätze (vgl dazu US 2 bis 17) sind unter dem Blickwinkel hinreichender Konkretisierung unbedenklich. Deren Bedeutungsinhalte sind Tatfragen und als solche – im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO iVm § 302 Abs 1StPO) – von den Geschworenen zu lösen. Allenfalls nötige Klarstellungen sind Sache der Rechtsbelehrung und fallen somit in den Schutzbereich (nicht der Z 6, sondern) der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO (Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 31 f mwN; Lässig, WK‑StPO§ 312 Rz 22).
Die Geltendmachung materieller Nichtigkeit im geschworenengerichtlichen Verfahren verlangt den Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatsachen (§§ 330 f, 342 dritter Satz StPO) mit der im Schuldspruch (§§ 260 Abs 1 Z 2, 270 Abs 2 Z 4 StPO iVm § 302 Abs 1 StPO) vorgenommenen Subsumtion (RIS‑Justiz RS0101148, RS0101403). Ein Rückgriff auf im
Wahrspruch nicht festgestellte (angebliche) Ergebnisse des Beweisverfahrens ist insoweit ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0101089 [T1]).
Soweit die Rügen einen Rechtsfehler mangels Feststellungen behaupten, weil der Wahrspruch infolge fehlender Anführung des Bedeutungsinhalts des Verhaltens die Beurteilung der den Angeklagten zur Last gelegten Handlungen als Betätigung im nationalsozialistischen Sinn nicht ermöglichen, übersehen die Nichtigkeitswerber, dass die Beurteilung der Sachverhaltsgrundlagen des normativen Tatbestandsmerkmals „nationalsozialistisch“ (einschließlich des Bedeutungsinhalts einer äußeren Handlung oder Textstelle) auf der Feststellungsebene angesiedelt und somit den Geschworenen vorbehalten ist. Bejahen diese die Schuldfrage, ist davon auszugehen, dass sie eben jene Voraussetzungen als erwiesen angenommen haben, aufgrund derer das zu beurteilende Sachverhaltselement dem normativen Tatbestandsmerkmal „nationalsozialistisch“ entspricht. Dessen Bejahung ist daher einer Anfechtung mit Rechts‑ oder Subsumtionsrüge entzogen (RIS‑Justiz RS0119234; Lässig in WK2 VG § 3g Rz 17).
Der Nichtigkeitsgrund der Z 10a des § 345 Abs 1 StPO greift seinem Wesen nach erst, wenn sich „aus den Akten“ nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der im
Wahrspruch der Geschworenen konstatierten entscheidenden Tatsachen ergeben. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld im Einzelrichterverfahren einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583 [insbesondere T7]).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Dominik D*****:
Dem Angeklagten D***** wird im Schuldspruch I/1 (der auf der Bejahung der Hauptfrage 1 beruht, US 2 f) angelastet, sich durch versuchte Gründung der im Wahrspruch genannten Vereinigung auf andere als die in §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt zu haben.
Die Fragenrüge (Z 6) reklamiert unter Hinweis auf die im Wahrspruch festgestellte Tatsache sowie nicht näher bezeichnete (vgl hingegen RIS‑Justiz RS0124172) „Angaben der Beteiligten S***** und P*****“ die Stellung einer Zusatzfrage (§ 313 StPO) zur Hauptfrage 1 in Richtung Rücktritts vom Versuch (§ 16 StGB). Weshalb die begehrte Fragestellung ungeachtet der – hier mit Blick auf die Konzipierung des § 3g VG als abstraktes Gefährdungsdelikt (vgl dazu Lässig in WK2 VG § 3g Rz 8) zu Recht bejahten – Tatvollendung geboten gewesen wäre, entbehrt der insoweit erforderlichen Ableitung aus dem Gesetz (Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 23 mwN).
Mit der Behauptung, es habe sich bei den inkriminierten Gesprächen (I/1) um straflose Vorbereitungshandlungen gehandelt, gelangt die Tatsachenrüge (Z 10a) nicht zu prozessförmiger Darstellung (vgl RIS‑Justiz RS0128874). Mit dem Einwand, den Angaben der Mitangeklagten können „keine weiteren objektiven Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass tatsächlich schon das Versuchsstadium betreffend eine beabsichtigte Gründung einer Legion Werwolf-Sektion Ostmark vorlag“, wird kein Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnet. Hinzugefügt sei, dass das Verbrechen nach § 3g VG weder den Eintritt des tätergewollten Erfolgs noch eine konkrete Gefährdung voraussetzt (RIS‑Justiz RS0079825; Lässig in WK2 VG § 3g Rz 8).
Indem die Rechtsrüge (Z 11 lit a) den behaupteten Rechtsfehler aus der leugnenden Verantwortung des Angeklagten D***** und (im Übrigen nicht konkretisierten) Beweisergebnissen abzuleiten versucht und auf den Grundsatz „in dubio pro reo“ verweist, somit insgesamt nicht auf der Basis des Wahrspruchs argumentiert, verfehlt sie – wie eingangs dargelegt – den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit.
Weshalb hier die Verfolgung der Taten aus Gründen des Prozessrechts ausgeschlossen sei, also prozessuale Verfolgungshindernisse (hiezu Lässig, WK‑StPO § 311 Rz 1–4) vorliegen sollen, macht die weitere Rechtsrüge (Z 11 lit b) nicht klar.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Andreas S*****:
Zur Vermeidung von Wiederholungen ist der Angeklagte S***** mit seinem inhaltsgleichen Vorbringen zunächst auf das zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten D***** Dargelegte zu verweisen.
Mit ihrer darüber hinausgehenden Kritik an fehlender Fragestellung in Richtung „Rücktritt vom Versuch“ (nominell Z 5) macht die Rüge der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 6 geltend. Mit der Argumentation, der Zweitangeklagte (S*****) und der Erstangeklagte (D*****) hätten sich zerstritten, weil der Zweitangeklagte eine Glastüre eingeschlagen, den Schaden aber nicht bezahlt habe, lässt die Rüge aber keinen Bezug zu einem Sachverhalt erkennen, auf den die Rechtsbegriffe der §§ 312 ff StPO abstellen (vgl aber RIS‑Justiz RS0119417).
Indem die Rüge aus dem Inhalt diverser Anlassberichte und den Ergebnissen technischer Überwachungen für den Angeklagten S***** günstige Schlüsse zieht und vorbringt, dass dieser im Rahmen eines „fair trial“ nicht hätte verurteilt werden dürfen, bezeichnet sie keinen Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt.
Die Fragenrüge (Z 6, nominell verfehlt auch Z 9) ist einer inhaltlichen Erwiderung nicht zugänglich, weil auch sie kein in der Hauptverhandlung vorgekommenes Verfahrensergebnis (§ 258 Abs 1 StPO iVm § 302 Abs 1 StPO) nennt, welches die begehrten weiteren Fragestellungen an die Geschworenen in Richtung Versuchs und (freiwilligen) Rücktritts vom Versuch indiziert hätte.
Mit der Behauptung unvollständiger Rechtsbelehrung zu nicht gestellten Eventual- und Zusatzfragen ist die Instruktionsrüge (Z 8) nicht am Gesetz orientiert (vgl RIS‑Justiz RS0110682).
Der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10a StPO als Tatsachenrüge zielt darauf ab, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO iVm § 302 Abs 1 StPO) aufzuzeigen, die nahelegen, dass die Geschworenen das ihnen gemäß § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO (iVm § 302 Abs 1 StPO) gesetzlich zustehende Beweiswürdigungsermessen in geradezu unerträglicher Weise gebraucht haben (RIS‑Justiz RS0118780). Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Tatsachenrüge, wenn sie Verfahrensergebnisse hervorhebt, die den Beschwerdeführer nicht belasten, das Organigramm im Anlassbericht vom 17. März 2014 als „Hirngespinst des F*****“ bezeichnet und den von den Geschworenen angenommenen Wiederbetätigungsvorsatz bestreitet.
Soweit die Rechts- (Z 11 lit a) und die Sanktionsrüge (Z 13) im Wahrspruch festgestellte Tatsachen bestreiten, verfehlen sie die prozessförmige Darstellung materiell‑rechtlicher Nichtigkeit.
Der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 12 StPO wird nur nominell angesprochen.
Mit der Kritik an der Strafbemessung wird bloß ein Berufungsvorbringen erstattet.
Welche weiteren „Bonitäten des JGG“ (vgl dazu US 29) beim Beschwerdeführer konkret in Anschlag zu bringen gewesen wären, vom Erstgericht aber „außer Acht“ gelassen worden sein sollen, bleibt offen.
Der Einwand, das Erstgericht habe beim – am 22. August 1993 geborenen (US 17) – Beschwerdeführer „die Anwendung nur der Halbstrafe gemäß JGG“ nicht berücksichtigt, ist zufolge der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatbegehungen in den Jahren 2013 und 2014 unverständlich. Vielmehr bleibt die Strafobergrenze bei – solcherart hier gegebener – Tatbegehung als junger Erwachsener, von einer (fallaktuell nicht relevanten) Beschränkung auf fünfzehn Jahre abgesehen, prinzipiell bestehen (§ 36 StGB, § 19 Abs 1 JGG iVm § 5 Z 4 JGG).
Aspekte der Strafbemessung bilden dem Vorbringen zuwider keinen Gegenstand der schriftlichen Rechtsbelehrung (RIS‑Justiz RS0100873).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Christian Z*****:
Mit der Bezugnahme auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten Z***** und dessen Angaben, die inkriminierten T-Shirts bestellt, bei sich zu Hause verwahrt, aber nicht weitergegeben zu haben, vermag die Tatsachenrüge (Z 10a) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken.
Indem die Tatsachenrüge nur das Fehlen aktenkundiger Beweisergebnisse für die Schuld des Angeklagten behauptet, nicht aber gegen dessen Schuld sprechende Tatumstände releviert, gelangt sie nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS‑Justiz RS0128874).
Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz „in dubio pro reo“ wird keine Nichtigkeit aufgezeigt, sondern
in unzulässiger Weise die den Geschworenen vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft. Der Einwand, der vom Angeklagten Z***** am Briefkasten angebrachte Aufkleber mit dem Symbol der „Schwarzen Sonne“ sei äußerst klein und nur aus kurzer Distanz lesbar gewesen, übersieht im Übrigen, dass § 3g VG als abstraktes Gefährdungsdelikt konzipiert ist und den Eintritt des tätergewollten Erfolgs gar nicht voraussetzt (RIS‑Justiz RS0079825; Lässig in WK2 VG § 3g Rz 8).
Die Behauptung „strafloser Vorbereitungs-handlung“ (nominell Z 10a; der Sache nach Z 11 lit a) wird nicht auf Basis der im Wahrspruch festgestellten Tatsachen entwickelt. Solcherart entzieht sich das Vorbringen einer inhaltlichen Erwiderung.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Michael Sa*****:
Die Fragenrüge (Z 6) kritisiert die Hauptfrage 1 (auf der der Schuldspruch I/5 beruht) als unzureichend konkretisiert, weil dieser nicht zu entnehmen sei, worin der „nationalsozialistische Bedeutungsinhalt“ der Wörter „Bloodline“, „Ostmark“ und „Rotte Charlotte“ liege. Damit wendet sie sich aber – wie eingangs dargelegt – gegen die Lösung der Tatfrage durch die Geschworenen und verlässt solcherart den Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.
Weshalb die im Wahrspruch festgestellten Tatsachen nicht die Überprüfung der Subsumtion nach § 3g VG ermöglichen sollten, macht die Rüge (nominell Z 6, der Sache nach Z 11 lit a) nicht klar.
Indem die Rüge behauptet, aus dem Wort „Bloodline“ und dem Bandnamen „Rotte Charlotte“ lasse sich ohne weitere Erklärungen kein Bezug zum Nationalsozialismus herstellen, oder einwendet, dass der Begriff „Ostmark“ eine vielfältige Bezeichnung unterschiedlicher geografischer Objekte sei, bezeichnet sie keinen Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt.
Den in der Hauptfrage 3 (Schuldspruch I/10) angeführten Verhaltensweisen spricht die Rüge die „objektive Eignung“ ab, sich im nationalsozialistischen Sinn zu betätigen, und zwar deshalb, weil nicht feststehe, dass der Angeklagte Sa***** mitgesungen habe. Die Beschwerde verkennt damit erneut, dass der Bedeutungsinhalt der Verhaltensweisen als Betätigung im nationalsozialistischen Sinn im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO iVm § 302 Abs 1 StPO) von den Geschworenen zu lösen ist (vgl dazu Lässig, WK‑StPO § 312 Rz 22).
Indem die Tatsachenrüge (Z 10a) aktenkundige Beweisergebnisse vermisst, um den Begriffen „Bloodline“, „Ostmark“, Maschinengewehr und „Rotte Charlotte“ einen nationalsozialistischen Bezug zu unterstellen, verlässt sie den Anfechtungsrahmen (RIS‑Justiz RS0128874).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Patrick W*****:
Wie eingangs dargelegt, ist die Beurteilung der Sachverhaltsgrundlagen des normativen Tatbestandsmerkmals „nationalsozialistisch“ – einschließlich des Bedeutungsinhalts des in Rede stehenden äußeren Verhaltens – auf der Feststellungsebene angesiedelt und solcherart den Geschworenen vorbehalten. Indem die Fragenrüge (Z 6) die Wertung des dem Schuldspruch I/16 zu Grunde liegenden Verhaltens als Betätigung im nationalsozialistischen Sinn bekämpft, verlässt sie daher den Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.
Die Tatsachenrüge (Z 10a) erschöpft sich darin, anhand eigener Beweiswerterwägungen – im Übrigen großteils ohne den gebotenen Aktenbezug – zum Schuldspruch I/12 den auf Betätigung im nationalsozialistischen Sinn gerichteten Vorsatz zu bestreiten und wendet sich damit nach Art einer im geschworenengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (§ 283 Abs 1 StPO iVm § 344 StPO) in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung der Geschworenen (§ 258 Abs 2 StPO iVm § 302 Abs 1 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass die Einziehungserkenntnisse, soweit sie sich auf die Angeklagten D***** und P***** und die im Spruch bezeichneten Gegenstände beziehen, mit nicht geltend gemachter Nichtigkeit (Z 13 erster Fall) behaftet sind, die sich zum Nachteil dieser Angeklagten auswirkt und demnach von Amts wegen wahrzunehmen war (§§ 344, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
Die Einziehung nach § 26 Abs 1 StGB setzt voraus, dass diese vorbeugende Maßnahme nach der besonderen Beschaffenheit des betroffenen Gegenstands geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen durch den Täter selbst oder durch andere Personen entgegenzuwirken. Dabei spricht das Wort „geboten“ die Deliktstauglichkeit des Objekts an (RIS‑Justiz RS0121298). Eine solche ist in Ansehung der inkriminierten Datenträger und der Mobiltelefone nach dem angefochtenen Urteil (US 35) zu bejahen. Bei gegebener Deliktstauglichkeit ist nach § 26 Abs 2 erster Satz StGB aber dem Berechtigten angemessen Gelegenheit zu geben, diese besondere Beschaffenheit auf welche Weise auch immer (vorliegend etwa durch Löschen relevanter Datensätze) zu beseitigen (RIS‑Justiz RS0121299). Dass den Genannten diese Möglichkeit eingeräumt wurde oder eine (unwiederbringliche) Entfernung im konkreten Fall unmöglich wäre, geht aus den Urteilskonstatierungen nicht hervor.
Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen macht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Aufhebung des Urteils im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 344, 285e StPO) erforderlich.
Die Nichtigkeit war vom Obersten Gerichtshof von Amts wegen aufzugreifen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO), weil der Angeklagte P***** kein Rechtsmittel erhob und sich die Berufung des Angeklagten D***** nur gegen den Ausspruch über die Strafe richtet (RIS‑Justiz RS0119220 [T9]).
Die gleichartige, auch den Einziehungserkenntnissen der Angeklagten S***** und W***** anhaftende Nichtigkeit (§ 345 Abs 1 Z 13 erster Fall StPO) wurde von diesen im Rahmen der (vom Angeklagten S***** zum Teil verfehlt als Beschwerde bezeichneten) Berufung releviert. Solcherart ist sie im Rahmen der Berufungsentscheidung wahrzunehmen (RIS‑Justiz RS0122140).
Die Entscheidung über die Berufungen und die (teils impliziten) Beschwerden gegen die – verfehlt in die Urteilsausfertigung aufgenommenen (RIS‑Justiz RS0120887 [T2 und T3]) – Beschlüsse auf Erteilung von Weisungen und auf Anordnung der Bewährungshilfe kommt demgemäß dem Oberlandesgericht zu (§§ 344, 285i; 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung, welche die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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