European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00074.18T.0828.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Am 17. 7. 1985 wurde über das Vermögen der Schuldnerin der Konkurs eröffnet. Zuletzt war Rechtsanwalt Dr. S***** zum Masseverwalter bestellt. Nach Genehmigung der Schlussrechnung und des Verteilungsentwurfs (ON 2650) wurde an die Konkursgläubiger eine Quote von 7,603 % ausgezahlt. Allerdings konnte der Masseverwalter an mehrere Gläubiger keine Überweisung vornehmen, weil er keine Bankverbindungen feststellen konnte. Die auf diese Forderungen entfallende Quote verblieb auf dem Konkursanderkonto. Mit Beschluss vom 26. 4. 2007 wurde der Konkurs nach Verteilung gemäß § 139 KO aufgehoben.
Eine Nachtragsverteilung eines Finanzamtsguthabens erbrachte eine weitere Quote von 0,193 %. Auch dieser Betrag konnte nicht an alle Gläubiger ausbezahlt werden. In seinen regelmäßigen Berichten legte der Masseverwalter dar, es sei ihm nicht gelungen, weitere Bankverbindungen von Gläubigern festzustellen, um an diese die Schlussverteilungs- und Nachtragsverteilungsquote auszuzahlen.
Mit Zwischenbericht vom 21. 2. 2018 teilte der (ehemalige) Masseverwalter mit, er habe sich laufend bemüht, die Schlussverteilung auch hinsichtlich der Gläubiger mit unbekannter Bankverbindung zu vollziehen. Die Bemühungen hätten aber nicht endgültig abgeschlossen werden können, obwohl alle denkbaren Maßnahmen ergriffen worden seien. Aktuell erlägen auf dem ehemaligen Insolvenzanderkonto 26.029,03 EUR. Aus seiner Sicht bestünden über die weitere Vorgangsweise drei theoretische Alternativen: Fortsetzung der Bemühungen um den Vollzug der rechtskräftig genehmigten Schlussverteilung, wobei dies nach den Erfahrungen der letzten Jahre kein (endgültiges) Ergebnis erwarten lasse; Erlag der Quote für die Gläubiger mit nicht feststellbaren Bankverbindungen bei Gericht; Abschluss des Nachtragsverteilungsverfahrens durch Verteilung des auf dem ehemaligen Insolvenzanderkonto erliegenden Betrags an die Gläubiger, deren Bankverbindungen feststellbar seien. Hiefür könnte sich eine Rechtsgrundlage aus einer analogen Anwendung des § 230 EO ergeben. Er ersuche als ehemaliger Masseverwalter um klarstellende Weisung durch das Insolvenzgericht, wie weiter vorzugehen sei (ON 2730).
Mit Beschluss vom 22. 2. 2018 erteilte das Erstgericht dem ehemaligen Masseverwalter gemäß § 84 Abs 1 IO die Weisung, „das Nachtragsverteilungsverfahren dadurch abzuschließen, dass der auf dem ehemaligen Insolvenzanderkonto erliegende Betrag an die Gläubiger, deren Bankverbindung feststellbar ist, verteilt wird (analoge Anwendung des § 230 EO)“.
Dem dagegen erhobenen Rekurs des (ehemaligen) Masseverwalters Dr. S***** gab das Rekursgericht teilweise Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und sprach weiters aus, dass der vom Rekurswerber weiters begehrte Auftrag, dass er hinsichtlich der noch nicht zur Auszahlung gebrachten Quotenbeträge weiterhin zu Gunsten der Gläubiger laut den rechtskräftig genehmigten Verteilungsentwürfen leistungsbereit zu sein habe, nicht erteilt werde.
Gemäß § 84 Abs 1 IO habe das Insolvenzgericht die Tätigkeit des Insolvenzverwalters zu überwachen und könne ihm (ua) Weisungen erteilen. Gegen solche Entscheidungen sei gemäß § 84 Abs 3 zweiter Satz IO kein Rechtsmittel zulässig. Vom Rechtsmittelausschluss des § 84 Abs 3 IO sei aber der Rekurs des Masseverwalters nicht umfasst, der Rekurs daher zulässig.
Die Überwachung der Gesetzmäßigkeit der Amtsführung des Masseverwalters durch das Insolvenzgericht erfordere aber nicht, die bekämpfte Weisung zu erteilen. Derzeit stehe weder die Aussichtslosigkeit eines Erlags der Beträge nach § 1425 ABGB noch die Unzumutbarkeit des Weiterverbleibes des Geldes auf dem Insolvenzanderkonto des (ehemaligen) Masseverwalters fest. Eine analoge Anwendung des § 230 EO müsse daher derzeit nicht geprüft werden. Dem Rekurs sei daher teilweise Folge zu geben und die Weisung aufzuheben. Ein Auftrag zur weiteren Verwahrung des Geldes sei nicht erforderlich, da der (ehemalige) Masseverwalter ohnehin leistungsbereit sei. Soweit der Rekurs daher darauf gerichtet sei, sei er abzuweisen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage bestehe, inwieweit dem Masseverwalter wegen der auf die Insolvenzgläubiger mit unbekanntem Aufenthalt entfallenden Quote Weisungen zu erteilen seien.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des (ehemaligen) Masseverwalters mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss wiederherzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist als unzulässig zurückzuweisen.
1. Gegen eine in Beschlussform ergehende Weisung des Insolvenzgerichts an den Insolvenzverwalter gemäß § 84 Abs 1 IO (KO) ist ein Rekurs nicht zulässig (RIS‑Justiz RS0124961; RS0065165; 8 Ob 23/09d). Von dem Rechtsmittelausschluss des § 84 Abs 3 IO sind sämtliche Beteiligte, daher etwa auch Konkursgläubiger, betroffen ( Hierzenberger/Riel in Konecny/Schubert , KO § 84 Rz 9; Riel , Die Befugnisse des Masseverwalters im Zivilverfahrensrecht 49). Dagegen steht gegen die Erteilung einer Weisung nach herrschender Lehre und Rechtsprechung dem Masseverwalter ein Rekurs zu (vgl dazu 8 Ob 259/00x mwN). Ob ihm auch gegen die Nichterteilung einer Weisung ein Rechtsmittel zukommt (dagegen offenbar Chalupsky/Dursma‑Kepplinger in Buchegger , Insolvenzrecht 4 § 84 Rz 16), muss im vorliegenden Fall nicht abschließend geprüft werden.
2. Auch im Insolvenzverfahren ist nur zum Rekurs befugt, wer in seinen Rechten beeinträchtigt wird (vgl RIS-Justiz RS0065135 mwN), also durch die Entscheidung beschwert ist. Eine formelle Beschwer liegt dann vor, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrundeliegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht (RIS‑Justiz RS0043917). Eine materielle Beschwer ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn der Rechtsmittelwerber in seinem Rechtsschutzbegehren durch die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt wird, also ein Bedürfnis auf Rechtsschutz gegenüber der angefochtenen Entscheidung hat (vgl RIS-Justiz RS0041746).
Der (ehemalige) Masseverwalter wendet sich in seinem Revisionsrekurs inhaltlich nur gegen die infolge Stattgebung seines Rekurses erfolgte Behebung der erstinstanzlichen Weisung. Da die Rekursentscheidung aber in diesem Umfang nicht vom Antrag des Rekurswerbers abgewichen ist, fehlt dem Rechtsmittelwerber schon die formelle Beschwer, weshalb der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen ist.
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