European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:008OBA00026.18H.0719.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden im Umfang der Klagsstattgebung aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Der Kläger war (einschließlich der Lehrzeit)vom 18. 2. 2002 bis 31. 3. 2007 bei Dipl.‑Ing. Dr. W***** als Vermessungstechniker beschäftigt. Am 3. 5. 2005 legte er die Lehrabschlussprüfung zum Vermessungstechniker mit Auszeichnung ab. Vom 2. 4. 2007 bis 31. 3. 2016 war er bei Dipl.‑Ing. H***** ebenfalls als Vermessungstechniker beschäftigt.
Seit 1. 4. 2016 steht der Kläger als Vermessungstechniker in einem Vertragsbediensteten-verhältnis zur Beklagten (Beschäftigungsart Fachdienst). Mit Schreiben vom 20. 12. 2016 und Nachtrag zum Dienstvertrag vom selben Tag rechnete die Beklagte dem Kläger mit Wirksamkeit vom 1. 4. 2016 1.461 Tage (vier Jahre ab 1. 4. 2012) als Vordienstzeiten an. Diese Anrechnung stützte die Personalabteilung des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen auf die in dem Rundschreiben über die Anrechnung von Vordienstzeiten des Bundeskanzleramts vom 12. 8. 2016 ausgesprochene Empfehlung, in der Bedienstetengruppe des Fachdiensts A3/v3 betrage das im Sinn des § 26 Abs 3 VBG zu berücksichtigende „Gesamtausmaß der höchstens als einschlägig zu wertenden Zeiten“ vier Jahre. Aufgrund dieser Anrechnung ist der Kläger aktuell nach § 71 VBG in der Entlohnungsgruppe v3 und Entlohnungsstufe 3 eingereiht.
Der Leiter des Vermessungsamts ***** erstattete ein – als Grundlage für das Ausmaß der Anrechnung der Vordienstzeiten des Klägers dienendes – „fachtechnisches Gutachten“, in dem er die früheren Tätigkeiten des Klägers bei seinen beiden vormaligen Arbeitgebern und die jetzigen bzw geplanten Tätigkeiten des Klägers beschrieb und tabellarisch gegenüberstellte und schließlich wie folgt ausführte:
„ 2. Zusammenfassung
Aufgrund der beschriebenen, gegenübergestellten Tätigkeiten hat sich eine Einarbeitung auf dem Arbeitsplatz zum größten Teil erübrigt. Der Arbeitserfolg war auch seit Dienstantritt des Mitarbeiters ein wesentlich höherer, da Herr W***** [der Kläger] im Vergleich zu durchschnittlichen Berufseinsteigern durch seine fachliche, vollständige Ausbildung und der vorhandenen Routine einen wesentlich höheren Arbeitserfolg erbringen konnte, der ohne diese Vorkenntnisse nicht erzielbar gewesen wäre. Die ihm übertragenen Aufgaben erledigt er bereits selbständig. Die Vordienstzeiten wären daher im höchstmöglichen Ausmaß anzurechnen. “
Voraussetzung für die Position, die der Kläger im Vermessungsamt ***** besetzt, war der Lehrabschluss, nicht jedoch eine weitergehende Berufserfahrung, die allerdings erwünscht war. Die Stelle erfordert sehr spezielle Erfahrung insbesondere im Bereich des Katasterwesens, in dem das hauptsächliche Tätigkeitsfeld liegt. Der Kläger verfügt im Bereich des Katasterwesens und der Geodäsie- und CAD-Software über große Erfahrung und umfangreiche Kenntnisse, die nicht regelmäßig jeder aufweist, der die Vermessungstechnikerlehre abgeschlossen hat. Es kommt darauf an, wie intensiv jemand im Rahmen seiner beruflichen Vortätigkeit mit dem Katasterwesen befasst war und in diesem Teilbereich des Vermessungswesens Erfahrung sammeln konnte. Aus diesem Grund kann nicht generell gesagt werden, wie viele Jahre an Berufserfahrung zwingend erforderlich sind, damit eine Person mit abgeschlossener Lehrausbildung die konkreten Tätigkeiten des Klägers vollständig verrichten kann. Um diese Tätigkeiten so zu verrichten, wie es der Kläger tut, ist jedenfalls eine über die Lehre hinausgehende Berufserfahrung erforderlich.
Der Kläger erfüllt sämtliche Anforderungen für die ausgeschriebene Stelle bestens. Er war in kürzester Zeit– rund zwei Wochen – voll eingearbeitet und kann seit diesem Zeitpunkt die von ihm geforderten Aufgaben vollständig erfüllen. Für den Leiter des Vermessungsamts ***** ist die Wahl des Klägers für diese Position „goldrichtig“.
Der Kläger begehrte, soweit noch Gegenstand des Revisionsverfahren, die Zahlung einer Entgeltdifferenz von brutto 1.901,55 EUR sA sowie die Feststellung, dass ihm Vordienstzeiten im höchstmöglichen Ausmaß von zehn Jahren anzurechnen seien und er entsprechend in Stufe 6 einzureihen sei. Mit seiner mehr als zehnjährigen einschlägigen Berufspraxis seien die Voraussetzungen des § 26 Abs 3 VBG erfüllt. Dem Gesetz sei keinerlei Beschränkung für die Anrechnung für einzelne Tätigkeiten bzw Einstufungen zu entnehmen. Unzutreffend sei die Auffassung der Beklagten, dass bereits nach vierjähriger einschlägiger Vordienstzeit der maximale Mehrwert durch die Vordienstzeiten im Vergleich zu einer durchschnittlichen Person ohne Vordienstzeiten verwirklicht sei. Durch seine einschlägige Berufserfahrung insbesondere im Bereich Katasterwesen habe sich für die Beklagte ein Mehrwert über das Höchstausmaß von zehn Jahren hinaus ergeben.
Die Beklagte entgegnete, § 26 Abs 3 VBG erlaube die Anrechnung einer Berufstätigkeit als Vordienstzeit nur dann im Ausmaß von zehn Jahren, wenn („insoweit“) alle zehn Jahre die Erfordernisse des § 26 Abs 3 Z 1 und Z 2 VBG erfüllten. Die Besoldungsgruppen und Entlohnungsschemata seien vor allem eine Einteilung der verschiedenen Verwendungen im öffentlichen Dienst anhand der Komplexität der für die erfolgreiche Ausübung erforderlichen personen- und arbeitsplatzbezogenen Eigenschaften. In einer Durchschnittsbetrachtung könne daher davon ausgegangen werden, dass für eine erfolgreiche Verwendung auf einem höheren Arbeitsplatz nicht nur eine umfassendere Vorbildung, sondern auch eine längere praktische Erfahrung erforderlich sei. Nach der Wertung des Gesetzgebers sei nur für die höchste Verwendungs- und Entlohnungsgruppe eine Berufserfahrung im Höchstausmaß von zehn Jahren zur Sicherstellung der vollen Verwendbarkeit erforderlich. Für die niedrigeren Verwendungs- und Entlohnungsgruppen des jeweiligen Schemas genüge eine kürzere Berufserfahrung für die volle Verwendbarkeit, weil an diese Tätigkeiten geringere Anforderungen in Bezug auf Vorbildung, praktisches und fachliches Wissen, Denkvermögen und mit dem Arbeitsplatz verbundener Verantwortung gestellt würden. In diesem Fall hätte der Kläger mit vier Jahren einschlägiger Berufstätigkeit jedenfalls ausreichend fachliche Erfahrung gesammelt, um die volle Verwendbarkeit für den konkreten Arbeitsplatz sicherzustellen. Die – förderliche – höhere Erfahrung des Klägers habe daher vier Jahre betragen.
Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren (mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens) und – unter Abweisung eines auf Anrechnung der vollen zehn Jahre an Vordienstzeiten gerichteten Leistungshauptbegehrens – dem hilfsweise erhobenen Feststellungsbegehren statt. Dem Kläger seien nach § 26 Abs 3 VBG die von ihm nach Absolvierung der Lehre zurückgelegten Vordienstzeiten als angestellter Vermessungstechniker von Mai 2005 bis März 2007 und von April 2007 bis März 2016 bis zum höchstmöglichen Ausmaß von zehn Jahren anzurechnen. Die von der Beklagten und im Rundschreiben über die Anrechnung von Vordienstzeiten des Bundeskanzleramts vom 12. 8. 2016 vertretene Rechtsansicht, für die Bedienstetengruppe A3/v3 seien im Regelfall höchstens vier Jahre als einschlägig zu wertende Zeiten anzurechnen, finde im Gesetz keine Deckung.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Tätigkeit des Klägers in den beiden Vermessungsbüros sei nach den Feststellungen jedenfalls eine im Sinn des § 26 Abs 3 VGB einschlägige Berufstätigkeit gewesen, die zu einer erheblich besseren Verwendbarkeit des Klägers im Vergleich zu einem durchschnittlichen Berufseinsteiger geführt habe. Es bestehe aufgrund des Sachverhalts kein Anlass, dem Kläger nicht das zulässige Höchstmaß von zehn Jahren seiner Vordienstzeiten anzurechnen. Feststellungen, die den rechtlichen Schluss zuließen, der Kläger sei mit seiner mehr als zehnjährigen Berufserfahrung besser verwendbar als ein Vermessungstechniker mit weniger Berufserfahrung, bedürfte es nicht, weil für die Anrechnung genüge, dass ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten sei. Das sei hier der Fall. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu klären gewesen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, mit der sie eine gänzliche Abweisung des Klagebegehrens anstrebt.
Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision zulässig, weil zur Auslegung des § 26 Abs 3 VBG 1948 nach den Änderungen durch die Dienstrechts-Novelle 2015, BGBl I 2015/65, eine Klarstellung des Obersten Gerichtshofs und gleichzeitig eine Korrektur der Rechtsansicht der Vorinstanzen geboten ist. Im Sinn eines Aufhebungsantrags ist die Revision der Beklagten auch berechtigt.
1. Nach § 26 Abs 3 VBG 1948 idF BGBl I 2016/64 sind Zeiten der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar. Eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist einschlägig, insoweit eine fachliche Erfahrung vermittelt wird, durch die
1. eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz überwiegend unterbleiben kann oder
2. ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten ist.
Aus den Materialien zu § 26 Abs 3 VBG 1948 (bzw § 12 Abs 3 GehG) idF BGBl I 2015/65, RV 585 BlgNR 25. GP , 8, sind im vorliegenden Zusammenhang folgende Erläuterungen von Interesse:
„ Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass die Höchstgrenze von zehn Jahren für die Berufstätigkeit und das Verwaltungspraktikum gemeinsam gilt. Darüber hinaus wird klargestellt, dass die Vordienstzeiten nur teilweise anzurechnen sind, wenn sie nur zum Teil einschlägig sind. Im Übrigen bleiben die Kriterien zur Beurteilung, ob eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum einschlägig ist, im Vergleich zur Stammfassung der Novelle BGBl I Nr 32/2015 unverändert:
- [...]
- Anrechenbar sind nur Zeiten, die nicht ohnehin von der Mehrheit der potentiellen BewerberInnen vorgewiesen werden können oder die gar vorausgesetzte Ausbildungszeiten für den jeweiligen Arbeitsplatz sind. Derartige Qualifikationen sind ebenfalls mit dem Gehaltsansatz für die erste Gehaltsstufe bereits abgegolten. Maßgeblich für die Beurteilung ist nicht der Kreis der tatsächlichen BewerberInnen, sondern jener Personenkreis, auf den eine entsprechende Ausschreibung typischerweise zutreffen würde (objektiver Maßstab). Praktisch geht es daher vor allem um Zeiten, durch welche sich die Bedienstete oder der Bedienstete hinsichtlich ihrer oder seiner Verwendbarkeit deutlich von typischen Berufseinsteigerinnen und -einsteigern abhebt.
- Eine Berufstätigkeit kann daher im Ergebnis nur dann einschlägig sein, wenn sie zu einer erheblich besseren Verwendbarkeit im Vergleich zu einer durchschnittlichen Berufseinsteigerin oder einem durchschnittlichen Berufseinsteiger führt. Dieser Vergleich ist zur Beurteilung stets anzustellen. Eine bloß fachverwandte Vortätigkeit genügt für sich alleine nicht für eine Anrechnung. Maßgeblich ist vielmehr stets die Frage der besseren Verwendbarkeit. Ein Indiz zur Beurteilung der Verwendbarkeit ist dabei vor allem die Frage, ob die Bedienstete oder der Bedienstete deutlich schlechter verwendbar wäre, wenn man sich die zu beurteilende Vordienstzeit wegdenkt – also ob dann zB längere fachliche Einarbeitung und Einschulung auf dem neuen Arbeitsplatz notwendig wäre, oder ob die Bedienstete oder der Bedienstete die Aufgaben für einen beachtlichen Zeitraum mangels Routine nur deutlich langsamer oder deutlich fehleranfälliger erfüllen könnte.
[...] “
Der Oberste Gerichtshof hat – wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat – zu früheren Fassungen des § 26 Abs 3 VBG festgehalten, dass die Frage der Vollberücksichtigung der anrechenbaren Zeiten in jedem Einzelfall aufgrund der konkreten Gegebenheiten nach dem Gesetz zu lösen ist, wobei es auf einen Vergleich mit Laufbahnen anderer Bediensteter nicht ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob die Vortätigkeit von einer derart qualifizierten Bedeutung ist, dass der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung ohne die Vortätigkeit nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre (RIS‑Justiz RS0059620; 9 ObA 236, 237/90 = SZ 63/228; 8 ObA 85/99d; 9 ObA 112/00m). Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits wiederholt im Sinne einer Gleichbehandlung öffentlich Bediensteter den Gleichklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur gleichlautenden Bestimmung des § 12 Abs 3 GehG beachtet (RIS‑Justiz RS0059610; zuletzt etwa 8 ObA 225/00x).
2.1 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich jüngst im Erkenntnis vom 19. 2. 2018, Ro 2018/12/0001, mit der Bestimmung des § 12 Abs 3 GehG idF BGBl I 2016/64 auseinandergesetzt.
Einleitend hat er darin auf seine ständige Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung des § 12 Abs 3 GehG verwiesen, „dass bei Prüfung der Anrechenbarkeit von Zeiten nach § 12 Abs 3 GehG auf den Zeitpunkt der Anstellung des Beamten und auf die Tätigkeit abzustellen war, die der Beamte bei Antritt des Dienstes auszuüben hatte. Der damals vorzunehmenden Beurteilung der Frage der besonderen Bedeutung der Vortätigkeit war für die erfolgreiche Verwendung grundsätzlich nicht mehr als der Zeitraum eines halben Jahres nach Beginn des Dienstverhältnisses zu Grunde zu legen (vgl etwa VwGH 21. 11. 2001, 99/12/0097, mwN).“
Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich auch für die Anrechenbarkeit von Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter gemäß § 12 Abs 3 GehG idF BGBl I 2016/64 aufrechterhalten:
„ Der Beamte ist gemäß § 12 Abs 5 GehG bei Dienstantritt von der Dienstbehörde nachweislich über die Bestimmungen der Anrechnung zu belehren und hat alle vor Beginn des Dienstverhältnisses zurückgelegten Vordienstzeiten mitzuteilen. Teilt der Beamte eine Vordienstzeit nicht innerhalb von drei Monaten nach der erfolgten Belehrung mit, ist ein späterer Antrag auf Anrechnung dieser Vordienstzeiten gemäß § 12 Abs 6 GehG unzulässig. Eine über sechs Monate hinausgehende Betrachtungsweise verbietet sich daher nach der Intention des Gesetzes, die auf eine Beurteilung in zeitlicher Nähe zum Zeitpunkt der Ernennung abstellt. Es ist daher bei der Prüfung auf den Zeitpunkt der Anstellung als Beamter und die Tätigkeit abzustellen, die dieser auf Grund seiner Anstellung bei Antritt des Dienstes auszuüben hat, und nicht auf sonstige vorübergehende oder zukünftige Verwendungen. “
2.2 Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof aus Anlass dieses Erkenntnisses seine bisherige Rechtsprechung zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Aufteilung einer Vortätigkeit in Voll- und Teilanrechnungszeiträume bekräftigt:
„ So kann bei zeitlich lang andauernden Vortätigkeiten, die für die erfolgreiche Verwendung des öffentlich-rechtlich Bediensteten von Bedeutung sind, eine Einschlägigkeit im Sinne des § 12 Abs 3 GehG allenfalls auch nur für einen Teil dieser Zeit, der in der Regel erforderlich ist, um die notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen für die erfolgreiche Ausübung der Vortätigkeit zu erwerben, gegeben sein. Die wesentlichen Auswirkungen der Vortätigkeit auf die erfolgreiche Verwendung des öffentlich-rechtlich Bediensteten können daher zeitlich begrenzt sein (vgl VwGH 2. 7. 2002, 97/12/0007). Es liegt vor dem Hintergrund der Materialien (vgl RV 585 BlgNR 25. GP , 8), wonach Vordienstzeiten nur teilweise anzurechnen sind, wenn sie nur zum Teil einschlägig sind, kein Grund vor, von dieser Rechtsprechung abzugehen. “
3. In diesem Sinn hat auch der Oberste Gerichtshof bereits in der (zu einer früheren Fassung des § 26 Abs 3 VBG ergangenen) Entscheidung 9 ObA 236, 237/90(= SZ 63/228) den Zeitraum für maßgeblich erachtet, ohne den der dort die Vordienstzeitanrechnung begehrende Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, die Funktion des Leiters einer Amtsbibliothek ohne Einarbeitungszeit und übergangslos voll auszuüben.
Bei der Beurteilung, ob der gesamten Vortätigkeit des damaligen Klägers jene derart qualifizierte Bedeutung zukam, dass der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben gewesen wäre, hat der Oberste Gerichtshof zudem– im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu § 12 Abs 3 GehG – auf den „Zeitpunkt des Dienstantritts“ abgestellt.
An dieser Rechtsprechung ist auch nach der Dienstrechts-Novelle 2015 festzuhalten.
4.1 Zunächst ist hier daher klarzustellen, dass entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei der Prüfung der Anrechenbarkeit von Vordienstzeiten nicht auch auf allfällige zukünftige Verwendungen, sondern auf die mit dem Einstiegsarbeitsplatz verbundenen Tätigkeiten abzustellen ist.
4.2 Nach den Feststellungen erübrigte sich eine fachliche Einarbeitung des Klägers auf seinem aktuellen Arbeitsplatz wegen seiner Vortätigkeit praktisch zur Gänze. Darüber hinaus konnte er auch seit Dienstantritt einen im Vergleich zu einer durchschnittlichen Berufseinsteigerin oder einem durchschnittlichen Berufseinsteiger wesentlich höheren Arbeitserfolg erbringen, der ohne seine Vorkenntnisse insbesondere im Bereich des Katasterwesens nicht erzielbar gewesen wäre.
Davon ausgehend trifft die Auffassung der Vorinstanzen, dass sich der Kläger durch seine mehr als zehnjährigen Vordienstzeiten hinsichtlich seiner Verwendbarkeit deutlich von typischen Berufseinsteigern abhebt, zwar zu, greift aber zu kurz. Im bisherigen Verfahren wurde der Einwand der Beklagten nicht ausreichend berücksichtigt, für diese – sich aus den Feststellungen ergebende – erheblich bessere Verwendbarkeit des Klägers hätten weniger als zehn (nämlich vier) Vordienstjahre genügt. Dieser Einwand ist aber im Sinn der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 12 Abs 3 GehG aufgestellten Kriterien entscheidend. Es fehlen daher – wie die Beklagte zu Recht rügt – konkrete Feststellungen dazu, in welchem Umfang die Vordienstzeiten für den erheblich höheren Gesamtarbeitserfolg des Klägers tatsächlich erforderlich waren bzw ob der erheblich höhere Gesamtarbeitserfolg im gleichen Ausmaß auch bei einer kürzeren Vorverwendung eingetreten wäre. Erst aufgrund dieser (allenfalls nach Einholung eines berufskundlichen Gutachtens) noch zu treffenden Feststellungen kann beurteilt werden, ob die Vordienstzeiten des Klägers zur Gänze oder bloß zum Teil einschlägig nach § 26 Abs 3 VBG 1948 idF BGBl I 2016/64 und folglich im höchstzulässigen Ausmaß oder nur teilweise (zeitlich begrenzt) anzurechnen sind.
5. Richtig ist die Ansicht, dass eine Bindung an die im Rundschreiben über die Anrechnung von Vordienstzeiten des Bundeskanzleramts vom 12. 8. 2016, GZ BKA‑921.000/007‑III/5/2016, empfohlenen, nach Verwendungs- und Entlohnungsgruppen abgestuften Höchstgrenzen nicht besteht. Dieses Rundschreiben lässt im Übrigen auch selbst Ausnahmen zu.
6. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 2 ASGG, § 52 ZPO.
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