OGH 8ObA85/99d

OGH8ObA85/99d12.8.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer und die fachkundigen Laienrichter Dr. Raimund Kabelka und Herbert Böhm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Michael G*****, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen S 7.280,-- brutto sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Dezember 1998, GZ 7 Ra 323/98s-15, womit infolge der Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6. März 1998, GZ 20 Cga 88/97z-10, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Beschlusses zutrifft, genügt es, auf diesen zu verweisen (§ 528a ZPO).

Den Rekursausführungen der beklagten Partei ist zu erwidern:

Soweit diese aus den Entscheidungen 8 ObA 198/98w und 9 ObA 210/98t, die allerdings zu § 52a VBG (Weiterbestellung eines Vertragsassistenten) ergangen sind, abzuleiten versucht, daß ihr als Dienstgeberin auch im Fall des § 26 Abs 3 VBG (Anrechnung von Vordienstzeiten) freies Ermessen eingeräumt sei, welches bloß nicht willkürlich und mißbräuchlich ausgeübt werden dürfe, ist ihr entgegenzuhalten, daß - worauf sie selbst auch hinweist - das Wort "kann" oft auch ein "Müssen" oder "Dürfen" ausdrückt. Welche der Bedeutungen dieses Wortes im Einzelfall zum Tragen kommt, ist durch Auslegung zu ermitteln.

Der Oberste Gerichtshof hat unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts zur gleichlautenden Bestimmung des § 12 Abs 3 GehG bereits mehrfach (9 ObA 236, 237/90 = SZ 63/228; 9 ObA 16/91) ausführlich dargelegt, daß ein Vertragsbediensteter dann, wenn die in § 26 Abs 3 VBG genannten Voraussetzungen zutreffen, einen Anspruch auf Anrechnung der vollen Vordienstzeit hat. Die Frage einer Vollberücksichtigung dieser Zeiten ist in jedem Einzelfall aufgrund der konkreten Gegebenheit nach dem Gesetz zu lösen, wobei es auf einen Vergleich mit Laufbahnen anderer Bediensteten nicht ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob die Vortätigkeit von einer derart qualifizierten Bedeutung ist, daß der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung ohne die Vortätigkeit nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre. Die systematische Sonderstellung des § 26 Abs 3 VBG im Verhältnis zu den in Abs 2 dieser Bestimmung aufgezählten Zeiten liegt im wesentlichen darin, daß hier eine abwägende Entscheidung im Einzelfall an Hand unbestimmter Gesetzesbegriffe erforderlich ist (näheres siehe die genannten Entscheidungen mwN). Es liegt hier also kein Fall des "Könnens", sondern - bei Erfüllung der Kriterien - des "Müssens" vor.

Auch der Umstand, daß der Kläger den Dienstvertrag mit dem darin bezeichneten Vorrückungsstichtag unterfertigt hat, ändert daran nichts, da die richtige Berechnung des Vorrückungsstichtages gemäß § 26 Abs 3 VBG nicht zum Nachteil des Dienstnehmers abbedungen werden kann.

Da die Feststellungen des Erstgerichtes zur Beantwortung der Frage, ob die Vordienstzeiten des Klägers die Kriterien des § 26 Abs 3 VBG erfüllen, nicht ausreichen, hat das Berufungsgericht zutreffenderweise das Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren, je nachdem ob nur noch die Tätigkeit im Ambulatorium Rhigasgasse oder auch jene beim Grünen Kreis und im Verein Jugendzentrum der Stadt Wien streitgegenständlich sind, festzustellen haben, welche tatsächlichen Verrichtungen der Kläger während der Vortätigkeit ausgeübt hat, in welchem Ausmaß dies geschehen ist und welche Kenntnisse und Fähigkeiten hiebei vom Kläger erworben wurden.

Weiters wird festzustellen sein, welche tatsächlichen Tätigkeiten der Kläger zu Beginn seines Dienstverhältnisses bei der Beklagten aufgrund seiner Anstellung zu verrichten hatte, mit welchem Erfolg er diese Tätigkeiten besorgt hat, ob und inwieweit sein Verwendungserfolg über dem von Dienstnehmern ohne ähnliche Vortätigkeit lag.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Stichworte