OGH 12Os133/17a

OGH12Os133/17a19.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. April 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hadeer A***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 und Abs 3 erster und vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Hadeer A*****, Mohammed A*****, Mustafa Al*****, Nazar Al J*****, Nael Al Je*****, Marwan J*****, Mohammad Al T***** und Alaa Al J***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. März 2017, GZ 35 Hv 63/16p‑278, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00133.17A.0419.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten Hadeer A*****, Mohammed A*****, Mustafa Al*****, Nazar Al J*****, Nael Al Je*****, Marwan J*****, Mohammad Al T***** und Alaa Al J***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch eines weiteren Angeklagten enthält, wurden Hadeer A*****, Mohammed A*****, Mustafa Al*****, Nazar Al J*****, Nael Al Je*****, Marwan J*****, Mohammad Al T***** und Alaa Al J***** jeweils des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 und Abs 3 erster und vierter Fall StGB schuldig erkannt.

 

Danach haben sie am 1. Jänner 2016 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) Julia S*****, die aufgrund starken Alkoholkonsums sowie aufgrund ihrer psychischen Verfassung wehrlos war, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass sie an ihr den Beischlaf bzw dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen vornahmen, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine über 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung in Form einer mittelgradigen depressiven Störung mit erheblicher psychischer Beeinträchtigung bis Juni 2016 und ab Juni 2016 eine an sich schwere Gesundheitsschädigung in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung zur Folge hatte, wobei die Genannte in besonderer Weise erniedrigt worden ist.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von den genannten Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht berechtigt.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Hadeer A*****:

Dieser stützt sein Rechtsmittel auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO.

Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) steht die Feststellung, wonach die Angeklagten vereinbarungsgemäß nacheinander mit dem Opfer den Vaginalverkehr bzw dem Beischlaf gleichzusetzende Handlungen vollzogen, nicht in Widerspruch zu den weiteren Konstatierungen, nach welchen der Rechtsmittelwerber an dem vorgelagerten Gespräch von vier anderen Angeklagten, im Zuge dessen sie den Tatplan fassten, nicht beteiligt war (RIS‑Justiz RS0119089).

Die Feststellung, wonach die Angeklagten zweifelsfrei erkannten, dass Julia S***** aufgrund ihrer schweren Alkoholisierung wehrlos und damit sexuell selbstbestimmungsunfähig war (US 14), ließ das Schöffengericht entgegen dem weiteren Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht unbegründet, sondern leitete die Konstatierungen aus den äußeren Umständen ab (vgl RIS‑Justiz RS0098671) und verwies dabei auf die Angaben von Angeklagten, wonach das Opfer „leblos“ in einem abgedunkelten Zimmer lag und so schwer alkoholisiert war, dass es die Toilette nicht alleine aufsuchen konnte und Hilfe beim Anziehen benötigte (US 32 f).

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, die Tatrichter hätten keine Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten getroffen, übergeht sie die eindeutigen Konstatierungen auf US 14 f. Mit dem Hinweis darauf, dass der Rechtsmittelwerber bei der bereits erwähnten Besprechung am Nachhauseweg nicht dabei war, wird in unzulässiger Weise Beweiswürdigungskritik geübt.

Die Argumentation der weiteren Rechtsrüge, nachdem alle anderen Angeklagten bereits mit Julia S***** den Geschlechtsverkehr vollzogen hatten, konnte er deren „Wink“ nur so verstehen, dass „sie wollte, dass er nun an der Reihe sein sollte“, orientiert sich nicht am festgestellten Sachverhalt und entzieht sich somit einer meritorischen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0099810).

Die vom Nichtigkeitswerber vermissten Feststellungen betreffend den Vorsatz auf das Qualifikationsmerkmal der besonderen Erniedrigung befinden sich auf US 15.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Mohammed A*****:

Dieser gründet das Rechtsmittel auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit b StPO.

Die Konstatierungen zum Vorsatz in Bezug auf den Zustand des Opfers zur Tatzeit hat das Erstgericht auch betreffend diesen Angeklagten entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht unbegründet gelassen, sondern sie – wie bereits zur Nichtigkeitsbeschwerde des Hadeer A***** ausgeführt – aus dem objektiven Tatgeschehen abgeleitet (US 32 f).

Auch für die Feststellung, wonach der Angeklagte Mohammed A***** mit dem Opfer den Vaginalverkehr durchführte, haben die Tatrichter entgegen dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) eine Begründung angeführt. Sie stützten sich dabei auf die belastenden Angaben des Nael Al Je***** und des Mohammad Al T***** im Ermittlungsverfahren vor der Polizei (US 24 f). Dass Nael Al Je***** in der Hauptverhandlung davon abweichende Angaben machte, ließen die Tatrichter dabei nicht unberücksichtigt (US 28; Z 5 zweiter Fall). Ebenso hat das Schöffengericht in die Beweiswürdigung einbezogen, dass keine DNA‑Spuren von Mohammed A***** gefunden wurden (US 25).

Nominell unter § 281 Abs 1 Z „9b“ StPO führt die Nichtigkeitsbeschwerde aus, „aufgrund der Feststellungen des Erstgerichts und des durchgeführten Beweisverfahrens ergeben sich erhebliche Bedenken, dass der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Taten auch wirklich begangen hat“, und verweist auf das Sachverständigengutachten der Dr. Christina St*****, wonach der Rechtsmittelwerber als Teilspurverursacher auszuschließen sei, sowie darauf, dass der Angeklagte Mohammad Al T***** lediglich ausgesagt hätte, dass Mohammed A***** zu Julia S***** „in das kleine Zimmer gegangen“ sei und der Angeklagte Nael Al Je***** seine belastenden Angaben in der Hauptverhandlung zurückgenommen habe. Damit wird materielle Nichtigkeit jedoch nicht dargestellt, weil prozessordnungswidrig nicht von den erstgerichtlichen Feststellungen ausgegangen wird (RIS-Justiz RS0099810).

Soweit der Rechtsmittelwerber damit eine Tatsachenrüge nach § 281 Abs 1 Z 5a StPO geltend machen will, gelingt es ihm mit diesem Vorbringen jedenfalls nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen zu wecken (RIS‑Justiz RS0119583).

Indem sich der Nichtigkeitswerber – ebenfalls nominell unter § 281 Abs 1 Z „9b“ StPO – auf den Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo) bezieht, stellt dies keine gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge dar (RIS‑Justiz RS0099756). Ebenso wenig wird damit ein formeller Nichtigkeitsgrund aufgezeigt (RIS‑Justiz RS0102162).

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Mustafa Al*****:

Dieser macht die Nichtigkeitsgründe nach § 281 Abs 1 Z 5, Z 5a und Z 11 StPO geltend.

Indem die Nichtigkeitsbeschwerde pauschal ausführt, das Urteil wäre undeutlich, unvollständig, mit sich selbst im Widerspruch „und gäbe nur offenbar unzureichende Gründe an (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) und es ergäben sich erhebliche Bedenken aus den Akten gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (§ 281 Abs 1 Z 5a StPO)“, entspricht sie nicht dem Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 285 Abs 1, 285 Z 2 StPO). Der Rechtsmittelwerber verkennt, dass die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen sind, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Rechtsmittelwerber für beschwert erachtet (RIS‑Justiz RS0115902).

Das Vorbringen, die Sachverständigen hätten die Alkoholisierung des Rechtsmittelwerbers einerseits und jene des Opfers andererseits nach völlig unterschiedlichen Maßstäben beurteilt, spricht keine Anfechtungskategorie des § 281 Abs 1 Z 5 StPO an. Ebenso wenig werden durch diese Ausführungen beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5a StPO geweckt.

Die Argumentation der Sanktionsrüge (Z 11), wonach der Rechtsmittelwerber zum Tatzeitpunkt noch relativ jung und als gläubiger Moslem an Alkoholgenuss nicht gewöhnt gewesen sei, weshalb seine Diskretions‑ oder Dispositionsfähigkeit zum Tatzeitpunkt nicht gegeben war und die verhängte Freiheitsstrafe daher entsprechend zu reduzieren wäre, ist nicht nachvollziehbar, weil bei fehlender Zurechnungsfähigkeit (§ 11 StGB) der vorliegende Schuldspruch ausgeschlossen wäre.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Nazar Al J*****:

Der Angeklagte behauptet Unvollständigkeit der Urteilsbegründung im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO betreffend die Feststellungen zu seinem Alkoholkonsum und behauptet, das Schöffengericht hätte sich bei der Annahme der Diskretionsfähigkeit und der Dispositionsfähigkeit zu wenig mit den Ausführungen der Sachverständigen auseinandergesetzt. Dabei orientiert er sich aber prozessordnungswidrig nicht an der diesbezüglichen Urteilsbegründung (US 17 ff), in welcher die Tatrichter ausführlich das Gutachten des Sachverständigen Dr. Christian R***** besprechen. Inwiefern hier erörterungsbedürftige divergierende Ausführungen des genannten Sachverständigen und der Sachverständigen Dr. L*****, welche betreffend den Zustand des Opfers ein Gutachten erstattete, vorliegen sollten, wird nicht klar.

Das Vorbringen, der Akteninhalt „lege zumindest Überlegung nahe“, dass der Rechtsmittelwerber nicht in der Lage war, das Unrecht seiner Tat „im Sinn der Qualifikation des Abs 3“ [des § 205 StGB] zu erkennen, entspricht keinem Anfechtungskriterium des § 281 Abs 1 Z 5 StPO.

Das gilt auch für die Argumentation, „die Feststellungen zum bedingten Vorsatz hinsichtlich der schweren Körperverletzung sind mit der gravierenden Alkoholisierung in Abwägung zu bringen“. Im Übrigen verkennt der Angeklagte, dass es sich bei § 205 Abs 3 erster Fall StGB um eine Erfolgsqualifikation handelt, für die § 7 Abs 2 StGB gilt (RIS‑Justiz RS0089080; vgl US 16 betreffend die Feststellungen zur Fahrlässigkeit).

Indem der Rechtsmittelwerber ausführt, es hätten weitere Erhebungen angestellt werden müssen, um die Feststellungen zur Dispositionsfähigkeit, insbesondere „wegen der unterschiedlichen Ergebnisse zwischen Opfer und Angeklagtem hinsichtlich der Wirkung des Alkohols vollständig zu begründen“, macht er nicht klar, weshalb er an einer auf Durchführung der angesprochenen Beweisaufnahme gerichteten Antragstellung gehindert war (§ 281 Abs 1 Z 5a StPO als Aufklärungsrüge; RIS‑Justiz RS0117516 [T5], RS0119310 [T3]).

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Nael Al Je*****:

Der Nichtigkeitswerber beruft sich auf § 281 Abs 1 Z 5, Z 9 lit a und Z 11 StPO.

Entgegen der Behauptung der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) steht die Feststellung, wonach der Angeklagte am Opfer keinen Oral‑ oder Vaginalverkehr durchführte, nicht in unauflösbarem Widerspruch zu der weiteren Konstatierung, wonach alle Angeklagten geschlechtliche Handlungen am Opfer ausführten (US 13 f). Dass er „keine sexuellen Handlungen“ am Opfer begangen hat, hat das Schöffengericht hingegen nicht festgestellt.

Das Vorbringen, es wäre nicht nachvollziehbar, dass trotz fehlender Sekret- bzw Speichelspur des Nael Al Je***** im Genitalbereich des Opfers festgestellt wurde, er habe eine geschlechtliche Handlung an ihm vorgenommen (vgl US 20), bezieht sich auf keine Anfechtungsvariante des § 281 Abs 1 Z 5 StPO, sondern bekämpft lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verweist auf die Konstatierung der Tatrichter, wonach Nael Al Je***** am Opfer im Zweifel keinen Oral‑ oder Vaginalverkehr durchführte, lässt dabei jedoch die (den Schuldspruch tragenden) Feststellung außer Acht, wonach er das Opfer im Genitalbereich abwischte, weil dieser voll mit Sperma seiner „Vorgänger“ war (US 13), wobei ihm klar war, dass er damit auch die weiteren sexuellen Handlungen durch die nachfolgenden Männer ermöglichte (US 15). Damit verfehlt sie aber prozessordnungskonforme Darstellung materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810; vgl auch RIS‑Justiz RS0089946).

Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) macht geltend, dass das Erstgericht bei der Strafzumessung die „ungeschützte Tathandlung“ als Erschwerungsgrund herangezogen hat, obwohl eine Penetration durch ihn selbst gar nicht festgestellt wurde. Entgegen dem Rechtsmittelvorbringen stellt jedoch bei Beteiligung mehrerer die erschwerende Wertung des Umstands, dass der Geschlechtsverkehr jeweils ungeschützt durchgeführt wurde, keine offenbar unrichtige Beurteilung von für die Strafbemessung entscheidenden Tatsachen dar.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Marwan J*****:

Der Rechtsmittelwerber macht die Nichtigkeitsgründe nach § 281 Abs 1 Z 5 und Z 11 geltend.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) hat der Schöffensenat sehr wohl berücksichtigt, dass die Sachverständige Dr. St***** in ihrem Gutachten ausführte, keine Spermaspuren des Rechtsmittelwerbers im Genitalbereich des Opfers vorgefunden zu haben (US 19 iVm US 15, US 30).

Das Vorbringen, allein die Belastung durch den Angeklagten Nael Al Je***** reiche mit Blick auf das Fehlen von Spermaspuren zur Begründung der Täterschaft des Rechtsmittelwerbers nicht aus, richtet sich nach Art einer im Schöffenverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung gegen die den Tatrichtern zustehende Beweiswürdigung, ohne Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO aufzuzeigen.

Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) bringt mit dem Vorbringen, eine Penetration des Opfers durch den Rechtsmittelwerber wäre nicht festgestellt worden, weshalb das ungeschützte Eindringen nicht als Erschwerungsgrund hätte herangezogen werden dürfen, nach dem oben Gesagten keinen Nichtigkeitsgrund zur Darstellung. Im Übrigen wird nicht von den Urteilsfeststellungen ausgegangen (US 13).

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Mohammad Al T*****:

Dieser Angeklagte macht mit Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot nach § 32 Abs 2 StPO geltend und bringt vor, die Körperverletzungen des Opfers hätten nicht erschwerend gewertet werden dürfen, weil diese bereits für die Subsumtion unter § 205 Abs 3 erster Fall StGB relevant sind. Vorliegend wurde die angeführte Erfolgsqualifikation aufgrund einer Gesundheitsschädigung in Form einer psychischen Beeinträchtigung verwirklicht, weshalb die erschwerende Wertung von physischen Verletzungen nicht gegen das Doppelverwertungsverbot verstößt (vgl RIS‑Justiz RS0090934, RS0119312).

Ebenso wenig ist die bei der Strafzumessung erschwerend gewertete „verstärkte Tatbildmäßigkeit“ (Missbrauch des Opfers durch acht Mittäter über eine Dauer von zwei Stunden [US 35 f]) nichtigkeitsbegründend im Sinn des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO. Soweit das Rechtsmittel in diesem Zusammenhang ausführt, dass diese darin bestehen dürfte, dass die Tat einerseits eine schwere Körperverletzung zur Folge hatte, andererseits aber das Opfer in besonderer Weise erniedrigt wurde, wird neuerlich kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot aufgezeigt (RIS‑Justiz RS0100027).

Genauso wenig verstößt die erschwerende Wertung des Umstands, dass die Täter den Geschlechtsverkehr am Opfer ungeschützt vollzogen, in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung. Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde behauptet, das Schöffengericht hätte damit die besondere Erniedrigung des Opfers begründet, verkennt sie, dass das Erstgericht die besondere Erniedrigung angenommen hat, weil die beschriebenen Handlungen von mehreren Männern teils wiederholt und nacheinander ohne Verhütung vorgenommen wurden (US 15).

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Alaa Al J*****:

Der Rechtsmittelwerber bezeichnet weder nominell noch inhaltlich einen Nichtigkeitsgrund.

Betreffend die Alkoholisierung des Opfers ergeht er sich in Spekulationen und erstattet ein Vorbringen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung.

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde behauptet, die Tatrichter hätten die Feststellung betreffend den Vorsatz des Rechtsmittelwerbers in Bezug auf den Zustand des Opfers zur Tatzeit nicht begründet, werden die Erwägungen auf US 32 f übergangen (§ 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO).

Die leugnende Verantwortung des Rechtsmittelwerbers hat das Erstgericht ebenso wenig übergangen wie den Umstand, dass von der beigezogenen Sachverständigen keine ihm zuordenbaren DNA‑Spuren festgestellt werden konnten (US 31 f). Der Rechtsmittelwerber lässt bei seinen Ausführungen prozessordnungswidrig die auf Belastungen durch Mitangeklagte gestützte Urteilsbegründung außer Acht (US 32).

Das Vorbringen, der Schöffensenat hätte sich mit der Möglichkeit, dass der Nichtigkeitswerber beim Geschlechtsverkehr ein Kondom verwendet habe, nicht auseinandergesetzt, lässt sich keinem Nichtigkeitsgrund zuordnen.

Die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz bringt– wie bereits ausgeführt – keinen Nichtigkeitsgrund zur Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Bleibt anzumerken (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO), dass die Wertung, dass keiner der Angeklagten bis auf Mohammad Al T***** Schuldeinsicht zeigte, bei der Strafbemessung (US 37) eine im Sinn des § 281 Abs 1 Z 11 StPO unrichtige Gesetzesanwendung darstellt (RIS-Justiz RS0090897). Diesem – von den Beschwerden nicht aufgegriffenen – Umstand wird das Oberlandesgericht bei der Berufungsentscheidung Rechnung zu tragen haben (RIS-Justiz RS0122140).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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