European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00038.18V.0322.000
Spruch:
I. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
II. Der Antrag der beklagten Parteien auf Einholung einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art 267 AEUV wird zurückgewiesen.
III. Der Antrag der beklagten Parteien auf Unterbrechung des Revisionsverfahrens bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die Vorabentscheidungsersuchen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich zu C‑589/16, Filippi , und C‑79/17, Gmalieva , sowie des Fövárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság zu C‑3/17, Sporting Odds , wird abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Kriterien für eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielrechts bereits in mehreren Entscheidungen hinreichend festgelegt (vgl EuGH C‑64/08, Engelmann; C‑347/09, Dickinger; C‑390/12, Pfleger). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien gelangte der Oberste Gerichtshof – im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (E 945/2016) und des Verwaltungsgerichtshofs (Ro 2015/17/0022) – in zahlreichen Entscheidungen in gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen des von den Beklagten inkriminierten Regelungsrahmens, insbesondere des Verbots des Automatenglücksspiels ohne behördliche Bewilligung einschließlich der Berücksichtigung der Zulässigkeit bestimmter Werbemaßnahmen der Konzessionäre, zum Ergebnis, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen nicht gegen Unionsrecht verstößt (RIS‑Justiz RS0129945; zuletzt etwa 4 Ob 213/17h).
Die Ausführungen in der außerordentlichen Revision der Beklagten bieten keinen Anlass, von dieser gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abzugehen. Die vorliegende Entscheidung fußt auch nicht etwa darauf, dass mit Rücksicht auf die von den Beklagten primär in Anspruch genommene Niederlassungsfreiheit der Anwendungsbereich des Unionsrechts nicht eröffnet wäre, sondern auf der inhaltlichen Verneinung der Unionsrechtswidrigkeit.
2. Der weiteren Befassung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens bedarf es nicht, weil zu den von den Beklagten neuerlich aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragestellungen auf Basis der bisherigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofs keine Zweifel bestehen. Da ein Antrag einer Partei auf Anrufung des Europäischen Gerichtshofs nicht vorgesehen ist, war der darauf abzielende Antrag der Beklagten zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0058452).
3. Eine weitere Klärung der hier relevanten Rechtsfragen durch das Ergebnis der im Spruch (Pkt III.) angeführten, beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Vorabentscheidungsersuchen ist nicht zu erwarten; dies hat sich durch die zwischenzeitlich vorliegende Entscheidung des EuGH zu C‑3/17, Sporting Odds , bestätigt. Der Unterbrechungsantrag der Beklagten war daher abzuweisen.
4. Die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin– trotz Aufhebung ihrer glücksspielrechtlichen Bewilligung in Niederösterreich durch den Verwaltungsgerichtshof – wurde durch den Obersten Gerichtshof bereits geklärt. In mehreren Entscheidungen wurde ausgesprochen, dass es für die Aktivlegitimation nach § 14 UWG nicht auf die befugte Ausübung des Gewerbebetriebs ankommt (RIS‑Justiz RS0079597). Die Frage der gewerberechtlichen Befugnis ist für die Beurteilung der Teilnahme am geschäftlichen Verkehr und für das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses damit ohne Bedeutung. Diese Teilnahme am Verkehr ist allein faktisch zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0077586). Das Klagerecht eines Mitbewerbers nach § 14 UWG wird durch eigene gleichartige Wettbewerbsverstöße demnach nicht beeinträchtigt (RIS‑Justiz RS0014242; RS0077853).
5. Die von den Beklagten ins Treffen geführte Frage der Bewertung des ausgedehnten Klagebegehrens aufgrund des von der Klägerin nachträglich vorgetragenen Rechtsbruchsachverhalts, der sich auf fehlende Zutrittskontrollen im Betrieb der Erstbeklagten bezieht, betrifft – worauf schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat – die Obsiegensquote der Klägerin und damit den Kostenpunkt. Solche Fragen können gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (vgl RIS-Justiz RS0044153).
6. Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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