OGH 8Ob150/17t

OGH8Ob150/17t26.1.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätin Mag. Korn und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****, vertreten durch Riess Köll Schneider, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S***** H*****, vertreten durch Dr. Karl Ulrich Janovsky, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 110.013,03 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 19. Oktober 2017, GZ 1 R 88/17a‑111, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 27. April 2017, GZ 6 Cg 45/12x‑103, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00150.17T.0126.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Im Jahr 1999 hat der Beklagte bei der klagenden Bank einen Kredit über 1,5 Mio ATS aufgenommen, der im Jahr 2000 auf 1.650.000 ATS aufgestockt wurde. Der Kredit wurde endfällig bis 30. 9. 2011 zur Verfügung gestellt; er konnte in einer frei konvertierbaren Währung ausgenutzt werden. Als Kreditwährung wählte der Beklagte zunächst den Japanischen Yen, später den Schweizer Franken. Zur Besicherung des Kredits unterschrieb der Beklagte einen Blankowechsel, den die Klägerin am 15. 3. 2012 mit einem Betrag von 133.581,25 EUR zuzüglich 9,875 % Verzugszinsen ab 16. 3. 2012 als Wechselschuld komplettierte.

Zur Rückführung der Kreditmittel sollten Tilgungsträger dienen, darunter ein Wertpapierdepot mit Anteilen des BA‑Masterfonds und eine CMI‑Versicherung. In den Jahren 2003 bis April 2006 verkaufte der Beklagte die Masterfonds‑Anteile und investierte dafür in Immofinanz‑Aktien. In der Folge entsprach die Entwicklung sowohl des Wechselkurses hinsichtlich des Fremdwährungskredits als auch der Werte der Tilgungsträger nicht den Erwartungen. Zuletzt wäre eine Abdeckung der Kreditverbindlichkeit aus den Tilgungsträgern im Sommer 2007 noch möglich gewesen. Zu dieser Zeit trat der Beklagte an die Klägerin mit dem Ansinnen heran, den Kredit glattzustellen. Obwohl die Abdeckung des Kredits noch möglich gewesen wäre, erteilte der Mitarbeiter der Klägerin dem Beklagten den Ratschlag, von einer vorzeitigen Tilgung abzusehen.

Mit Schreiben vom 23. 3. 2009 wies die Klägerin den Beklagten darauf hin, dass es durch die Entwicklung des Wechselkurses Schweizer Franken/Euro zuletzt zu einem erheblichen Anstieg seiner Kreditverbindlichkeiten gekommen sei, dass aber die Schweizerische Nationalbank durch einen weitgreifenden Schritt aktuell eine positive Wechselkursentwicklung ausgelöst habe. Dem Beklagten wurde empfohlen, eine Konvertierung seines in Schweizer Franken aushaftenden Kreditsaldos in Euro vorzunehmen, was der Beklagte jedoch ablehnte. Mit Schreiben vom 10. 1. 2012 löste die Klägerin die Geschäftsverbindung mit dem Beklagten mit sofortiger Wirkung auf und stellte die offene Forderung zum 1. 1. 2012 in Höhe von 131.858,98 EUR zuzüglich Verzugszinsen von 9,875 % ab diesem Zeitpunkt fällig. Zum Zeitpunkt der Wechselkomplettierung am 15. 3. 2012 haftete die Gesamtforderung einschließlich bis dahin aufgelaufener Verzugszinsen mit 133.044,47 EUR aus.

Die Klägerin begehrte mit ihrer Wechselmandatsklage unter Vorlage des zur Zahlung präsentierten Wechsels zunächst die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrags über 35.000 EUR samt 9,875 % Zinsen seit 16. 3. 2012 aus 133.581,25 EUR. Nach Einschränkung und Ausdehnung lautete das Klagebegehren zuletzt auf Zahlung des Betrags von 110.013,03 EUR samt 9,875 % Zinsen seit 21. 5. 2015. Der Kredit sei bei Fälligkeit nicht abgedeckt worden. Der in Schweizer Franken aushaftende Kreditbetrag sei am 5. 10. 2011 in Euro konvertiert worden. Zur Kreditbesicherung habe der Beklagte den vorgelegten Blankowechsel akzeptiert, der entsprechend der getroffenen Vereinbarung komplettiert worden sei. Die Versicherungsleistung aus der verpfändeten CMI‑Versicherung sei am Ende des Versicherungsvertrags nicht wie vorgesehen ausgezahlt worden. Die angeschafften Wertpapiere aus dem BA‑Masterfonds habe der Beklagte veräußert. Hinsichtlich der vom Beklagten eingewendeten Gegenforderungen habe sie keine Verletzung von Aufklärungs- oder Sorgfaltspflichten zu verantworten. Außerdem seien die vom Beklagten geltend gemachten Schadenersatzforderungen verjährt. Er sei mit Schreiben vom 23. 3. 2009 auf die aktuelle Kursentwicklung zwischen Schweizer Franken und Euro hingewiesen worden.

Der Beklagte entgegnete, dass die Klägerin ihre Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten verletzt habe. Es stünden ihm daher Schadenersatzforderungen zu, die er compensando einer allenfalls zu Recht bestehenden Klagsforderung gegenüber als Gegenforderung einwende. Von den Mitarbeitern der Klägerin sei ihm geraten worden, den Kredit aufzunehmen und die Eigenmittel in absolut sichere, werthaltige und gewinnbringende Tilgungsträger zu investieren. Da sich der BA‑Masterfonds nicht wunschgemäß entwickelt habe, sei ihm ab 2003 empfohlen worden, Quadriga‑Hedgefonds und Immofinanz‑Anteile zu erwerben. Im Jahr 2007 habe er den Wunsch geäußert, den Kredit durch Verwertung der Sicherheiten glattzustellen. Der Mitarbeiter der Klägerin habe ihm jedoch unrichtig von einer vorzeitigen Rückzahlung des Kredits unter gleichzeitiger Auflösung der Tilgungsträger mit dem Hinweis einer massiven Gebührenbelastung und eines erheblichen Verlusts abgeraten. Die Klägerin habe offenkundig keine Tilgungsträgerüberprüfungen vorgenommen. Er habe auch zu keinem Zeitpunkt Warnhinweise erhalten. Am 25. 7. 2012 habe die Klägerin in seinem Namen den Versicherungsvertrag zur CMI‑Versicherung gekündigt und den Rückgabewert einkassiert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Der Klägerin sei eine nicht ausreichende Aufklärung über die Risiken bei einem Gesamtkonzept aus endfälligem Fremdwährungskredit und Tilgungsträgern und daher eine Fehlberatung sowie das Unterlassen einer regelmäßigen Tilgungsträgerüberprüfung vorzuwerfen. Bei einer pflichtgemäßen Beratung und Überprüfung des Gesamtkonzepts hätte die Klägerin den Beklagten spätestens im Jahr 2007 darauf hinweisen müssen, dass sich bei einer Weiterführung des Gesamtkonzepts die Rückführung des Kredits mit den vorhandenen Tilgungsträgern nicht mehr bewerkstelligen lasse. Demgegenüber habe die Klägerin dem Beklagten fehlerhaft von der Rückführung des Kredits abgeraten. Der Klägerin stehe daher keine berechtigte Forderung zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und stellte die Klagsforderung mit 110.013,03 EUR als zu Recht bestehend, die eingewendete Gegenforderung hingegen als nicht zu Recht bestehend fest und verpflichtete den Beklagten daher zur Zahlung von 110.013,03 EUR samt 9,875 % Zinsen seit 21. 5. 2015. Der Beklagte habe einen Blankowechsel unterschrieben. Die Abstraktheit des Wechsels bewirke zwischen den Parteien des Grundgeschäfts in der Regel eine Umkehr der Beweislast. Daher hätte der Beklagte den Beweis erbringen müssen, dass der Klägerin die geltend gemachte Wechselschuld nicht zustehe. Einen solchen Beweis habe der Beklagte nicht geführt. Der Kredit sei am 30. 9. 2011 endfällig gewesen. Die geltend gemachte Wechselschuld stehe der Klägerin der Höhe nach jedenfalls zu.

Die vom Beklagten geltend gemachte Gegenforderung aus der Kündigung des CMI‑Versicherungsvertrags sei nicht berechtigt. Die Klägerin habe vorgebracht, dass ihr mit dem Verpfändungsvertrag auch das Recht auf Rückkauf (Kündigung) der Versicherung verpfändet worden sei. Diese Prozessbehauptung habe der Beklagte nicht substanziiert bestritten.

Die weitere Gegenforderung beziehe sich auf die Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit der vom Beklagten gewünschten Rückzahlung des Kredits im Sommer 2007 und auf die Verletzung von Überwachungspflichten in Bezug auf die Tilgungsträger. Diese Gegenforderung sei verjährt. Dem Beklagten sei zu einem Zeitpunkt vor 24. 10. 2007 von der Klägerin ausdrücklich mitgeteilt worden, dass die Tilgungsträger nicht ausreichend Deckung für den Kredit bieten würden. Zudem sei er mit Schreiben der Klägerin vom 23. 3. 2009 auf das verwirklichte Wechselkursrisiko hingewiesen worden. Für den Beklagten hätte daher spätestens Ende März 2009 erkennbar sein müssen, dass ihm aufgrund der behaupteten fehlerhaften Anlageberatung ein Schaden entstehen werde. Die ordentliche Revision sei im Hinblick auf die gefestigte Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Verjährung von Schadenersatzansprüchen aus Fremdwährungskrediten mit/ohne Tilgungsträgern nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten, die auf eine Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts abzielt.

Mit ihrer – durch den Obersten Gerichtshof freigestellten – Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin, die Revision zurückzuweisen, in eventu, dieser den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Verjährung der als Gegenforderung eingewendeten Schadenersatzforderung einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Dementsprechend ist die Revision – im Sinn des subsidiär gestellten Aufhebungsantrags – auch berechtigt.

1.  Das Berufungsgericht hat der Berufung der Klägerin – ohne Behandlung der Mängel- und Beweisrüge – stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung der geltend gemachten Wechselschuld verpflichtet. Dabei ist es von der Verjährung der vom Beklagten compensando eingewendeten Schadenersatzforderung wegen fehlerhafter Anlageberatung ausgegangen.

Der Beklagte bezieht sich in der außerordentlichen Revision zwar allgemein auf die fehlende Tilgungsträgerüberprüfung über die gesamte Dauer der Kreditlaufzeit, die fehlende Evaluierung des Gesamtfinanzierungskonzepts und die Beschwichtigung der Klägerin in Form des Abratens von einem Ausstieg. Seine inhaltlich begründeten Überlegungen zur fehlerhaften Beratung durch die Klägerin betreffen allerdings den Zeitraum nach seinen Verfügungen über die verpfändeten Tilgungsträger. Dementsprechend legt der Beklagte dar, dass das Erstgericht, dessen Urteil er wiederhergestellt haben möchte, die Fehlberatung auf das Jahr 2007 hinsichtlich der Weiterführung des Finanzierungskonzepts bezogen hat.

Die im Revisionsverfahren noch relevante Gegenforderung – die rudimentären Ausführungen in der außerordentlichen Revision zum behaupteten Schaden aus der (laut Pfandvertrag unbestritten berechtigten) Kündigung der CMI-Versicherung durch die Klägerin sind unschlüssig – bezieht sich somit auf die vom Beklagten behauptete Fortführungsempfehlung (Behalteempfehlung) in Bezug auf die von ihm im Sommer 2007 vorgeschlagene vorzeitige Kreditrückzahlung (Glattstellung) unter Auflösung der Tilgungsträger. Der Mitarbeiter der Klägerin erteilte dem Beklagten in dieser Hinsicht den Ratschlag, von einer vorzeitigen Tilgung des Kredits abzusehen. Der Beklagte wirft der Klägerin in diesem Zusammenhang die Unrichtigkeit der Behalteempfehlung und die fehlende Prüfung der Tilgungsträgerdeckung vor.

2.1  Bei Beratungsfehlern in Bezug auf Veranlagungs- bzw Finanzierungskonzepte, die eine Kombination von Fremdwährungskrediten mit verschiedenen Tilgungsträgern vorsehen, ist nach gesicherter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für den Beginn der Verjährung entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte die Risikoträchtigkeit des Gesamtkonzepts erkennt, ihm also bewusst ist, dass das Gesamtkonzept den erweckten Erwartungen oder den Zusagen nicht entsprochen hat. Dies ist dann der Fall, wenn der Anleger vor Augen geführt erhält, dass das von ihm gewählte Veranlagungsmodell – aufgrund der tatsächlichen Entwicklungen von Wechselkurs und Tilgungsträgern – nicht oder nicht im zugesagten Ausmaß risikolos ist (1 Ob 190/16x; 1 Ob 28/17z; 8 Ob 109/17p).

2.2  Zur Begründung seiner Ansicht, wonach die in Rede stehende Schadenersatzforderung des Beklagten verjährt sei, bezieht sich das Berufungsgericht zum einen auf das handschriftliche Schreiben des Beklagten vom 24. 10. 2007 (in diesem Schreiben zeigte sich der Beklagte verärgert darüber, dass die Klägerin kein Interesse an der von ihm vorgeschlagenen vorzeitigen Tilgung des Kredits hatte) und zum anderen auf das Schreiben der Klägerin vom 23. 3. 2009. Im Schreiben vom 24. 10. 2007 weise der Beklagte darauf hin, dass er von der Klägerin darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass die Tilgungsträger nicht mehr ausreichend Deckung bieten würden. Ihm sei somit vor diesem Schreiben ausdrücklich mitgeteilt worden, dass die Tilgungsträger nicht mehr ausreichten. Im Schreiben vom 23. 3. 2009 habe die Klägerin auf das verwirklichte Wechselkursrisiko hingewiesen. Der Beklagte sei demnach darauf hingewiesen worden, dass es zu einem erheblichen Anstieg seiner Kreditverbindlichkeiten gekommen sei. Spätestens mit Zugang des Schreibens vom 23. 3. 2009 hätte der Beklagte erkennen müssen, dass das Gesamtkonzept aus einer Kombination des Fremdwährungskredits mit verschiedenen Tilgungsträgern den Zusagen nicht entspreche und nicht risikolos und nicht dazu geeignet sei, dass mit den vorgesehenen Tilgungsträgern der gesamte aushaftende Kredit abgedeckt werden könne.

2.3  Nach den – zur Beurteilung der Verjährungsfrage ausreichenden – Feststellungen des Erstgerichts hatte der Beklagte im Jahr 2007 vorgeschlagen, den Kredit (durch Verwertung der Tilgungsträger) glattzustellen. Zu diesem Zeitpunkt (im Sommer 2007) wäre eine Abdeckung des Kredits mit den vorhandenen Tilgungsträgern – trotz der Transaktionen des Beklagten in Bezug auf den BA‑Masterfonds in den Jahren 2003 bis April 2006 – noch möglich gewesen.

Das vom Berufungsgericht herangezogene Aufmerksammachen des Beklagten hinsichtlich der nicht mehr ausreichenden Tilgungsträger stand im zeitlichen Zusammenhang zum Glattstellungswunsch des Beklagten. Trotz des Hinweises auf die Deckungsproblematik erteilte der Mitarbeiter dem Beklagten den Ratschlag, von einer vorzeitigen Tilgung abzusehen. Inhaltlich handelt es sich dabei um eine Fortführungs- bzw Behalteempfehlung (siehe dazu 3 Ob 220/12t; 1 Ob 21/16v). Der Beklagte bezieht die Pflichtverletzung der Klägerin richtig auf diese Behalteempfehlung. Für die Frage der Verjährung ist an dieser Pflichtverletzung und die sich daran anschließenden Entwicklungen der Kreditverbindlichkeiten und der Tilgungsträger anzuknüpfen. Erklärungen der Klägerin, die zeitlich vor der inkriminierten Behalteempfehlung erfolgten und mit ihrer eigenen unrichtigen Bewertung in Verbindung standen, können nicht für die Verjährung der neuen (späteren) Veranlagungslage herangezogen werden. Vielmehr wäre für das Auslösen der Verjährung in Bezug auf die Behalteempfehlung erforderlich gewesen, dass dem Kläger deutlich vor Augen geführt wird, dass sich aufgrund weiterer Entwicklungen die Einschätzung der Klägerin, von der vorzeitigen Kredittilgung abzusehen, als falsch erwiesen hat. Auf Entwicklungen der Tilgungsträger bis zur Behalteempfehlung kommt es demnach nicht an, weil die Klägerin verpflichtet war, bei Abgabe der Behalteempfehlung die konkrete Situation zu prüfen und das zu diesem Zeitpunkt bestehende Kreditobligo dem damals maßgebenden Stand der vorhandenen Tilgungsträger gegenüberzustellen.

Dem vom Berufungsgericht herangezogenen Schreiben des Beklagten vom 24. 10. 2007 kommt für die hier zu beurteilende Verjährungsfrage daher keine Bedeutung zu. Das Gleiche gilt für die Bezugnahme des Berufungsgerichts auf den Verkauf der Anteile am BA‑Masterfonds im Jahr 2003.

2.4  Das vom Berufungsgericht herangezogene Schreiben der Klägerin vom 23. 3. 2009 rechtfertigt die Annahme des Beginns der Verjährung ebenfalls nicht.

In diesem Schreiben wird nur der Wechselkurs zwischen Schweizer Franken und Euro angesprochen. Eine Gegenüberstellung zum Wert der Tilgungsträger erfolgte nicht. Das Bestehen und das Ausmaß einer Tilgungslücke war nicht Gegenstand dieses Schreibens. Davon abgesehen wird in diesem Schreiben zwar auf einen erheblichen Anstieg der Kreditverbindlichkeiten Bezug genommen. Gleichzeitig wird aber beschwichtigend ausgeführt, dass die Schweizerische Nationalbank durch einen weitgreifenden Schritt aktuell eine positive Kursentwicklung ausgelöst habe. Auch aus diesem Schreiben lässt sich für einen Anleger nicht mit der erforderlichen Klarheit ableiten, dass die negative Kursentwicklung nicht mehr aufzuhalten und das angestrebte Veranlagungskonzept gescheitert ist.

Das Berufungsgericht geht in diesem Zusammenhang auch unrichtig davon aus, dass für den Beginn der Verjährung ausreiche, dass für den Geschädigten der Schaden, hier die Tilgungslücke, erkennbar sei. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB beginnt grundsätzlich mit Kenntnis des Primärschadens. Diese Kenntnis wird durch verschuldete Unkenntnis nicht ersetzt (RIS‑Justiz RS0034686; RS0034366).

2.5  Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die compensando eingewendete Schadenersatzforderung wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Behalteempfehlung der Klägerin im Sommer 2007 verjährt sei, erweist sich ausgehend von den dargestellten Grundsätzen als unzutreffend.

Auf die weiteren Einwände des Beklagten, das von der Klägerin im Verfahren vorgelegte Schreiben vom 23. 3. 2009 sei an „Max Muster“ gerichtet und es sei nicht festgestellt worden, dass und wann ihm (dem Beklagten) ein solches Schreiben zugestellt wurde, kommt es nicht mehr an. Nicht von Bedeutung sind auch die weiteren Überlegungen des Beklagten in der außerordentlichen Revision, wonach die in Rede stehende Gegenforderung im Zeitpunkt der Aufrechnungslage jedenfalls noch nicht verjährt gewesen sei. Dazu ist auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hinzuweisen, wonach ohne Fälligkeit der Schadenersatzforderung eine Aufrechnungslage nicht verwirklicht ist und eine Schadenersatzforderung erst dann fällig wird, wenn der Geschädigte den Schaden zahlenmäßig bestimmt eingemahnt hat (RIS‑Justiz RS0023392; 7 Ob 9/13v [krit Schopper, VbR 2014/26, 40]; 1 Ob 190/16x), was– ungeachtet des Vorliegens eines endfälligen Fremdwährungskredits (vgl dazu 10 Ob 51/16x) – hier nicht geschehen ist.

3.  Insgesamt hält die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Verjährung der als Gegenforderung eingewendeten Schadenersatzforderung des Beklagten wegen fehlerhafter Anlageberatung durch die Klägerin der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht Stand. Da das Berufungsgericht ausgehend von seiner unrichtigen Rechtsansicht die Berufung der Klägerin nicht vollständig erledigt hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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