European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00004.18V.0123.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
1. Die klagende Bank begehrt Schadenersatz, in eventu Herausgabe einer Werkzeugmaschine, weil die Beklagte eine unter Eigentumsvorbehalt zu Gunsten der Klägerin stehende Maschine schlechtgläubig erworben, später weiterveräußert und dadurch fahrlässig in das Eigentumsrecht der Klägerin eingegriffen habe.
Das Berufungsgericht gab dem Hauptbegehren statt. Bei einem drittfinanzierten Kauf sei allen Beteiligten klar, dass ein zu vereinbarendes Vorbehaltseigentum dem Finanzierer übertragen werde. Es sei daher von der stillschweigenden Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts auszugehen. Ein gutgläubiger Erwerb der Beklagten liege nicht vor, weil sie ihrer Nachforschungspflicht nicht nachgekommen sei.
In der außerordentlichen Revision vertritt die Beklagte den Standpunkt, dass nach Abschluss des Kaufvertrags und Übergabe der Kaufsache ein Eigentumsvorbehalt auch schlüssig nicht mehr vereinbart werden könne, sich bei der Einsichtnahme in mögliche Urkunden keine Zweifel am Eigentum ihrer Geschäftspartnerin ergeben hätten und zum geltend gemachten Schadensbetrag keine Feststellungen getroffen worden seien.
Rechtliche Beurteilung
2. Der behauptete Verfahrensmangel und die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor.
Mit der im Rechtsmittel in Frage gestellten Feststellung brachte das Erstgericht zum Ausdruck, dass zwischen der ursprünglichen Verkäuferin und der Käuferin ein Eigentumsvorbehalt weder schriftlich festgehalten noch darüber mündlich eine Einigung erzielt wurde. Aus der Beweiswürdigung ergibt sich, dass zwischen den Vertretern der Parteien des ursprünglichen Kaufvertrags über einen Eigentumsvorbehalt nicht gesprochen wurde. Bei der auf diesem Tatsachensubstrat fußenden Beurteilung des Berufungsgerichts, dass keine ausdrückliche Vereinbarung über einen Eigentumsvorbehalt getroffen worden sei, handelt es sich um eine zulässige rechtliche Schlussfolgerung und nicht um ein Abweichen von der Tatsachengrundlage durch das Berufungsgericht. Das Fehlen einer schriftlichen oder mündlichen Vereinbarung betrifft die Frage nach dem Vorliegen einer ausdrücklichen Regelung und schließt das Zustandekommen einer schlüssigen Vereinbarung nicht aus.
3. Die Beklagte ist mit ihrer Ansicht im Recht, dass ein Eigentumsvorbehalt nach Abschluss des Kaufvertrags und Übergabe des Kaufobjekts nicht mehr wirksam begründet werden kann. Ein solcher nachträglicher, erst nach Übergabe der Kaufsache an den Käufer vereinbarter Eigentumsvorbehalt kann die bereits erfolgte Eigentumsübertragung nicht mehr rückgängig machen ( Apathy/Perner in KBB 5 § 1063 Rz 8) und würde zudem einer publizitätslosen Sicherungsübereignung entsprechen ( Aicher in Rummel/Lukas 4 § 1063 Rz 40; Schulyok in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 44 KO, Rz 49). Ein solcher nachträglicher Eigentumsvorbehalt ist daher unwirksam (RIS‑Justiz RS0020348).
Allerdings ist in Rechtsprechung und Lehre ebenso anerkannt, dass bei einem durch eine Bank drittfinanzierten Kauf nach der Verkehrsübung die Kaufpreisforderung samt dem Vorbehaltseigentum an die finanzierende Bank übertragen wird. Ist daher allen Beteiligten klar, dass der Kauf durch Einschaltung einer Bank finanziert werden soll, gehen also die Vertragsparteien vor Abschluss des Kaufvertrags von einer solchen Finanzierung aus, so ist im Allgemeinen die schlüssige Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts anzunehmen (7 Ob 723/88 zur deutschen Rechtslage, zust Wilhelm , wbl 1989, 224, unter Hinweis auf § 863 ABGB; Apathy/Perne r in KBB 5 § 1063 Rz 4; Aicher in Rummel/Lukas 4 § 1063 Rz 34; Verschraegen in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.05 § 1063 Rz 12).
Nach den Feststellungen hat sich die ursprüngliche Käuferin der Maschine nicht um die Finanzierung gekümmert, sondern deren Regelung der ursprünglichen Verkäuferin über deren Finanzierungspartnerin, der Klägerin, überlassen. In der Beweiswürdigung wurde dazu festgehalten, dass sich der Vertreter der ursprünglichen Käuferin keine Gedanken darüber gemacht habe, wie die Finanzierung ablaufen werde. Auch wenn die zeitliche Abfolge nicht exakt feststeht, kann aus diesem Tatsachensubstrat dennoch abgeleitet werden, dass der Umstand der Drittfinanzierung von Anfang an Gegenstand des Gesprächs- und Geschäftsinhalts der Parteien des ursprünglichen Kaufvertrags war und die konkrete Umsetzung der Verkäuferin überlassen wurde. Darauf, wann konkrete Umsetzungsmaßnahmen zur Durchführung der Finanzierung (wie etwa das Stellen des Kreditantrags) gesetzt wurden, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Wenn das Berufungsgericht davon ausgehend die Voraussetzungen für die schlüssige Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bejaht, hält sich dies im Rahmen der Rechtsprechung.
4. Bei einem gutgläubigen Erwerb von Gegenständen, die häufig unter Eigentumsvorbehalt stehen und nicht im ordentlichen Geschäftsbetrieb verkauft werden, sind an die Nachforschungspflichten eines erwerbenden Unternehmers strenge Anforderungen zu stellen (RIS‑Justiz RS0010904; RS0010877). Dies gilt insbesondere in Bezug auf Anlagevermögen, das nicht von vornherein zur Weiterveräußerung bestimmt ist (RIS‑Justiz RS0010878). Der Erwerber darf sich in solchen Fällen nicht allein auf die Zusicherung des Verkäufers verlassen, sondern hat sich entsprechende Urkunden vorlegen zu lassen (RIS‑Justiz RS0010228; RS0010904). Die für den Eigentumserwerb erforderliche Gutgläubigkeit wird bereits durch leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0010869 [T4]).
Nach den Feststellungen war vor allem den Kreditunterlagen und auch der Rechnung der ursprünglichen Verkäuferin der Hinweis auf einen Eigentumsvorbehalt zu entnehmen. Die wiederum typisch von den Umständen des Einzelfalls abhängige Beurteilung des Berufungsgerichts, dass eine Einsichtnahme in die genannten Urkunden geeignet gewesen sei, bei der Beklagten Zweifel am Eigentum ihrer Geschäftspartnerin, der ursprünglichen Käuferin, zu erwecken, zumal die Veräußerung der Maschine nicht zu deren gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörte, weshalb guter Glaube der Beklagten am Eigentum oder an der Verfügungsbefugnis ihrer Geschäftspartnerin nicht angenommen werden könne, erweist sich ebenfalls als nicht korrekturbedürftig.
5. Dem Schadenersatzbegehren der Klägerin liegt das Vorbringen zugrunde, dass die Beklagte die Werkzeugmaschine inzwischen zu einem über dem aushaftenden Kreditbetrag in Höhe von 115.743,53 EUR liegenden Preis weiterveräußert habe, ohne dass eine Wiedererlangung beim nunmehrigen Inhaber aussichtsreich wäre. Vorsichtshalber würden nur 70.000 EUR begehrt.
Da die Beklagte der Klägerin das Sicherungsgut durch Weiterveräußerung entzogen hat, ist das Vorbringen zur Höhe nicht unschlüssig. Ähnliche Erwägungen gelten für den Grund des Anspruchs. Wird eine unter Eigentumsvorbehalt stehende Sache schlechtgläubig erworben und dann weiterveräußert, so wird dem Vorbehaltsverkäufer von der Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Rücktritt vom Vertrag (hier Kreditvertrag) ein auf Leistung (Wertersatz) gerichteter Schadenersatzanspruch zuerkannt, wenn der Kaufpreis beim ursprünglichen Käufer nicht einbringlich ist (8 Ob 78/07i; 9 Ob 24/17w; vgl auch Wagner in Schwimann/Kodek 4 § 1293 ABGB Rz 4h). Dieses Ergebnis wird damit begründet, dass der Weiterverkauf in einem solchen Fall ein rechtswidriger und schuldhafter Eingriff in das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers ist, der dem Vorbehaltsverkäufer die Möglichkeit zur Wiedererlangung des Eigentums nimmt. Dass der Kaufpreis beim ursprünglichen Käufer einbringlich sei, muss der beweispflichtige Beklagte (Schädiger) behaupten.
Im Anlassfall ist die Beklagte dem an sich tauglichen Vorbringen der Klägerin zum Grund und zur Höhe des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs inhaltlich nicht entgegengetreten. Dementsprechend hat sie auch nicht etwa vorgebracht, der Kaufpreis sei beim ursprünglichen Käufer ohnedies einbringlich zu machen. Damit liegt in Bezug auf die Anspruchsgrundlagen und die Anspruchshöhe kein Feststellungsmangel vor.
6. Insgesamt gelingt es der Beklagten nicht, mit ihren Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
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