European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00133.17P.1221.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der Kläger kaufte über Vermittlung der beklagten Bank im Jahr 2006 – neben diversen anderen Anlageprodukten wie Sparbuch und Wohnbauanleihe, im Gesamtbetrag von rund 1,2 Mio EUR – eine Unternehmensbeteiligung an einem geschlossenen Immobilen-Fonds zu einem Betrag von 150.000 EUR. Er wurde von den Mitarbeitern der Beklagten umfassend, insbesondere über die Haftung eines Kommanditisten und das Risiko des Verlustes des investierten Kapitals, aufgeklärt.
Die Vorinstanzen wiesen die auf Schadenersatz wegen Aufklärungsmängel gestützte Klage auf Rückzahlung des investierten Kapitals zuzüglich Agio und entgangenen Zinsgewinn abzüglich Ausschüttungen ab. Das Berufungsgericht sprach zudem aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Mit seiner außerordentlichen Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung beantragt der Kläger die Klagsstattgebung. Seinem Revisionsvorbringen lässt sich jedoch keine die Erheblichkeitsschwelle des § 502 Abs 1 ZPO überschreitende Rechtsfrage entnehmen.
Rechtliche Beurteilung
1. Das Unterbleiben der Beiziehung eines Gerichtssachverständigen durch das Erstgericht hat schon das Berufungsgericht nicht als Verfahrensmangel beurteilt. In zweiter Instanz verneinte allfällige Mängel des Verfahrens erster Instanz sind in dritter Instanz nicht anfechtbar (RIS‑Justiz RS0042963).
2. Der Kläger führt weiters aus, die Beklagte habe ihn nicht über die „Weichkosten“ aufgeklärt. Die Vorinstanzen konnten jedoch nicht feststellen, ob und in welcher Höhe „Weichkosten“ beim Holland-Fonds angefallen sind, und dass der Kläger die Veranlagung nicht gezeichnet hätte, wenn er über allfällige „Weichkosten“ von 17 % aufgeklärt worden wäre. Eine diesbezügliche Aufklärung ist daher rechtlich irrelevant.
3. Zur Nichtaushändigung eines Kapitalmarktprospekts ist der Kläger auf die – zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangene – Entscheidung 6 Ob 193/15y zu verweisen, wonach die beratende Bank keine allgemeine gesetzliche Pflicht zur Ausfolgung von Kapitalmarktprospekten trifft und der Kläger überdies die Kausalität zwischen Nichtübergabe des Prospekts und Anlageentscheidung darzulegen hat. Eine solche Kausalität wird auch in der Revision nicht nachvollziehbar dargelegt.
4. Zur Frage der sonstigen Aufklärung ist auszuführen, dass die Beratungspflichten und Aufklärungspflichten von Banken grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls sind. Gegenteiliges gilt nur dann, wenn eine grobe Fehlbeurteilung vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste (RIS‑Justiz RS0106373).
Hier haben die Tatsacheninstanzen festgestellt, der Kläger – ein Jurist – habe sowohl das Anlegerprofil als auch die Beitrittserklärung samt Risikohinweisen (einschließlich möglichem Totalverlust) zur Gänze durchgelesen, bevor er sie unterfertigte. Die ua daraus abgeleitete rechtliche Schlussfolgerung, der Kläger sei vollständig, richtig und ausreichend aufgeklärt worden, weshalb der Beklagten kein Aufklärungsmangel vorzuwerfen sei, stellt auf Basis des festgestellten Sachverhalts keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.
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