OGH 12Os82/17a

OGH12Os82/17a21.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. September 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wukovits, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Nicolas W***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Satz StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Arda D***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Jugendschöffengericht vom 12. April 2017, GZ 39 Hv 102/16z‑22, und über die Beschwerde des Angeklagten Arda D***** gegen den unter einem gefassten Beschluss gemäß §§ 50, 52 StGBnach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00082.17A.0921.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungenund über die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Arda D***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, in das verfehlt auch Beschlüsse auf Anordnung von Bewährungshilfe gemäß §§ 50, 52 StGB (US 3, 4) aufgenommen wurden (vgl Schroll in WK2 StGB § 50 Rz 16), wurde – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – Arda D***** jeweils eines Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB (1./) und der schweren Körperverletzung nach „§§ 83 Abs 1, 84 Abs 4“ (richtig: § 84 Abs 4 – vgl 13 Os 136/16y) StGB (2./) schuldig erkannt.

Danach haben am 26. Oktober 2016 in K*****

1./ Nicolas W***** und Arda D***** sowie ein unbekannter Mittäter in einverständlichem Zusammenwirken Jan J***** durch Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) fremde bewegliche Sachen, nämlich Zigaretten, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht, indem sich zunächst „zwei unbekannte Täter vor Johannes Sch*****, ein unbekannter Täter vor Simon L***** sowie Nicolas W***** und Arda D***** vor Jan J***** aufbauten, um sie als Gruppe zu trennen und somit ein mögliches Einschreiten zu verhindern, Nicolas W***** und Arda D***** mit ihren Köpfen ganz nah zum Kopf des Jan J***** kamen, lautstark erneut Zigaretten forderten und Nicolas W***** dem Jan J***** einen Faustschlag in die Magengegend versetzte, und Arda D***** daraufhin die Jacke des durch den Faustschlag beeinträchtigten Opfers durchsuchte, jedoch keine Wertgegenstände fand“;

2./ Arda D***** im Anschluss an die zu 1./ geschilderte Tat Jan J***** am Körper verletzt und dadurch beim Genannten, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung in Form eines doppelten Unterkieferbruchs herbeigeführt, indem er ihm einen Faustschlag gegen seine linke Gesichtshälfte versetzte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten Arda D***** aus Z 4, Z 5, Z 5a und Z 10a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl.

Der (den Schuldspruch 1./ betreffenden) Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung des Zeugen Abdullah A***** K***** zum Beweis dafür, „dass die Gruppe um Nicolas W***** und Arda D***** am 26. Oktober 2016 lediglich aus drei Personen bestand und sie somit nicht in einer zahlenmäßigen Überlegenheit waren“ (ON 21 AS 30), Verteidigungsrechte schon deshalb nicht verletzt, weil der Antragsteller nicht bekannt gab, inwiefern das im Antrag angesprochene zahlenmäßige Kräfteverhältnis für die Lösung der Schuldfrage von Relevanz sein soll (vgl RIS‑Justiz RS0116503, RS0118319).

Das zur Fundierung des Beweisbegehrens in der Nichtigkeitsbeschwerde nachgetragene Vorbringen verstößt gegen das Neuerungsverbot und ist damit unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).

Soweit die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) die unterbliebene Erörterung einzelner Depositionen des Mitangeklagten Nicolas W***** in Bezug auf die Versetzung eines Faustschlags gegen Jan J***** releviert, spricht sie angesichts der unbekämpft gebliebenen, bereits allein eine Tatbeurteilung nach § 142 Abs 1 StGB tragenden Feststellungen (US 5) zum Einsatz gefährlicher Drohung im Sinn des § 142 Abs 1 StGB als weiteres Raubmittel (zur Gleichwertigkeit der Begehungsformen der Gewalt und der gefährlichen Drohung beim Raub vgl RIS‑Justiz RS0093803) keine entscheidenden Tatsachen an.

Die weitere, gegen die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite der Angeklagten gerichtete Beschwerde übersieht, dass die Feststellungsebene keinen Bezugspunkt der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) darstellt (vgl RIS‑Justiz RS0099524; Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.135). Vielmehr begibt sich das Rechtsmittel mit Hervorkehrung der leugnenden Depositionen des Angeklagten Nicolas W***** bloß auf die Ebene einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Gleiches gilt, soweit die Rüge die – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstandende (vgl RIS‑Justiz RS0116882) – Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem objektiven Tatgeschehen kritisiert.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) richtet sich mit dem Vorbringen, Jan J***** habe nicht von einer Bedrohung oder lautstarken Aufforderung gesprochen, nicht gegen entscheidende Tatsachen, weil eine (im Sinn des § 142 Abs 1 StGB tatbestandsmäßige) Drohung gar keine wörtliche Bekundung gegenüber dem Opfer voraussetzt, sondern – wie hier – insoweit auch ein drohendes „Umzingeln“ ausreichen kann (vgl RIS‑Justiz RS0094153 [T1]).

Soweit sich die Beschwerde gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (allein) in Bezug auf den Einsatz von Gewalt richtet, aber neuerlich die Feststellungen zum vorsätzlichen Einsatz einer Drohung als weiteres Raubmittel unbekämpft lässt, genügt der Hinweis auf das zur Mängelrüge Gesagte.

Die eine diversionelle Erledigung nur des vom Schuldspruch 2./ erfassten Sachverhalts reklamierende Diversionsrüge (Z 10a) scheitert – mit Blick auf den insoweit nicht in Zweifel gezogenen Schuldspruch 1./ – schon daran, dass sie (im Ergebnis) eine unzulässige Sanktions‑ und Reaktionskumulierung bei vorliegender Realkonkurrenz anstrebt (vgl Schroll , WK‑StPO § 198 Rz 47 f mwN).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (implizite) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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