European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E119251
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Der zwischen der Antragstellerin und den Erst- und Zweitantragsgegnern am 2. 5. 2005 abgeschlossene Hauptmietvertrag war auf drei Jahre befristet und wurde in der Folge mehrmals – jeweils um drei weitere Jahre – verlängert. Am 15. 11. 2005 trat die Drittantragsgegnerin als Vermieterin in das Mietverhältnis ein, das endgültig am 30. 9. 2015 endete. Die Vereinbarungen über die Verlängerungen des Mietverhältnisses enthielten jeweils eine Erklärung der Antragstellerin, worin sie hinsichtlich der jeweils vorangegangenen Perioden bekanntgab, „keinerlei wie immer geartete Forderungen […] an die Hausinhabung bzw Hausverwaltung zu haben oder zu stellen“.
Mit seinem Sachbeschluss stellte das Erstgericht für einzelne Perioden den jeweils zulässigen Hauptmietzins sowie die daraus resultierenden Mietzinsüberschreitungen gegenüber den Erst- und Zweitantragsgegnern bis einschließlich November 2005 und für die restliche Dauer des Mietverhältnisses gegenüber der Drittantragsgegnerin fest. Die Wohnung sei in die Kategorie C einzustufen, wobei– soweit im Revisionsrekursverfahren noch von Relevanz – mangels Bekanntgabe der dafür maßgeblichen Umstände kein Lagezuschlag gebühre und ein wirksamer Verzicht auf die Anfechtung der Mietzinsvereinbarung nicht vorliege.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegner spricht keine Rechtsfragen von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG an.
1.1 Nach § 27 Abs 3 MRG kann das, was entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 MRG oder den Bestimmungen des § 27 Abs 1 MRG geleistet wird, samt gesetzlichen Zinsen zurückgefordert werden. Diese Bestimmung differenziert zwar zwischen Ansprüchen auf Rückforderung von Leistungen, die entgegen den §§ 15–26 MRG erbracht wurden, und solchen, die den Verboten des § 27 Abs 1 MRG zuwiderlaufen. Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits ausgesprochen, dass die Rechtsprechung zum Verzicht auf die Rückforderung einer verbotenen Ablöse iSd § 27 Abs 1 MRG auch für die anderen von § 27 Abs 3 MRG erfassten Rückforderungstatbestände gilt (5 Ob 189/15b).
1.2 In Bezug auf den Verzicht auf die Rückforderung einer verbotenen Ablöse iSd § 27 Abs 1 MRG wird in ständiger Rechtsprechung vertreten, dass dieser bis zum Wegfall der Zwangslage des Mieters ausgeschlossen ist.(RIS-Justiz RS0034044 [T3]; RS0032360; RS0014241). Ob und zu welchem Zeitpunkt die Zwangslage weggefallen ist, wird immer von den Umständen des Einzelfalls bestimmt (vgl RIS-Justiz RS0034044).
1.3 Eine in diesem Sinn verpönte Drucksituation liegt jedenfalls solange vor, als der Mieter noch keine rechtlich gesicherte Position erlangt hat und daher in seiner Willensbildung beschränkt ist (5 Ob 275/00b; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch³, Österreichisches Wohnrecht³ § 27 MRG Rz 15). Dem trägt der Gesetzgeber im Zusammenhang mit befristeten Mietverträgen dadurch Rechnung, dass er in § 16 Abs 8 MRG eine Frist von sechs Monaten nach Auflösung des Mietverhältnisses zur Einbringung eines Mietzinsüberprüfungsantrags einräumt. Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber stehen die Entscheidungen der Vorinstanzen daher im Einklang mit der Rechtsprechung, wenn sie in der anlässlich der jeweiligen Vertragsverlängerungen abgegebenen Erklärungen der Antragstellerin keinen wirksamen Verzicht auf ihren Rückforderungsanspruch erkannten. Gerade in dem Umstand, dass sie bei den jeweiligen Verlängerungen des Mietverhältnisses auf das Wohlwollen der Drittantragsgegnerin angewiesen war, zeigt sich die vom Gesetzgeber verpönte Drucksituation (vgl T. Hausmann aaO § 16 MRG Rz 80).
2.1 Nach § 16 Abs 4 zweiter Halbsatz MRG ist ein Lagezuschlag nur dann zulässig, wenn die Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet, eine Lage aufweist, die besser ist als die durchschnittliche Lage (§ 2 Abs 3 RichtWG) und die für den Zuschlag maßgebenden Umstände dem Mieter in Schriftform spätestens bei Zustandekommen des Mietvertrags ausdrücklich bekannt gegeben wurden.
2.2 Die Revisionsrekurswerber behaupten gar nicht, dass sie der Antragstellerin in diesem Sinn die für den Lagezuschlag maßgebenden Umstände – auch nur schlagwortartig (dazu RIS-Justiz RS0111201 [T2], RS0111820 [T3] – fristgerecht in Schriftform bekannt gegeben hätten (RIS-Justiz RS0111820), sondern räumen ein, dass das Vertragsformular hier unausgefüllt blieb. Allein der Hinweis „außerhalb eines Gründerzeitviertels“, ohne die den Wohnwert des Hauses beeinflussenden Kriterien konkret anzuführen, ist aber entgegen der von ihnen offenbar vertretenen Auffassung keinesfalls ausreichend, wie bereits das Erstgericht unter Berufung auf die Entscheidung 5 Ob 199/98w ausgeführt hat.
3. Das Erstgericht hat auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin deutlich zum Ausdruck gebracht hat, ihr Begehren auf Feststellung der Überschreitung des zulässigen Zinsausmaßes (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG) und auf Rückzahlung (§ 37 Abs 4 MRG) gegen den für die einzelnen Perioden jeweils passiv legitimierten Vermieter zu richten (dazu RIS-Justiz RS0108811). Schon deshalb erübrigten sich die von den Revisionsrekurswerbern vermissten Teilabweisungen für Zeiträume, in denen sie jeweils nicht Vermieter waren. Wie ein Antrag konkret zu verstehen ist und welches Begehren er enthält, ist aber stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig und bildet daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG (RIS-Justiz RS0042828 [T10; für das wohnrechtliche Außerstreitverfahren: T32]).
3.2 Das von der Antragstellerin schon vor der Schlichtungsstelle eingebrachte „Rückzahlungsbegehren“ ist lediglich als Anregung zu betrachten, von der Möglichkeit der Schaffung eines Rückzahlungstitels Gebrauch zu machen. (RIS-Justiz RS0070660 [T5]), weshalb sich auch insoweit eine Abweisung erübrigte.
4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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