OGH 4Ob146/17z

OGH4Ob146/17z24.8.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I* GmbH, *, vertreten durch BLS Rechtsanwälte Boller Langhammer Schubert GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei P* GmbH, *, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen 51.300 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 6. Juni 2017, GZ 1 R 64/17p‑12, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E119243

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Aufgrund der verdienstvollen Tätigkeit der klagenden Immobilienmaklerin verkaufte eine Miteigentümergemeinschaft ihre Liegenschaft an den von der klagenden Partei namhaft gemachten Käufer. Die beklagte Partei, die auch als Vertreterin der Miteigentümer agierte, erhielt von der Gemeinschaft eine Provision von 2 % des Kaufpreises zuzüglich 20 % USt ua als Entgelt für die Anbietung der Liegenschaft am Markt.

Die klagende Partei begehrt den Klagsbetrag als Provision von 1,5% des Kaufpreises und stützte sich dabei auf § 6 Abs 5 MaklerG. Beide Streitteile seien von den Miteigentümern als Makler beauftragt worden.

Die beklagte Partei wandte ein, sie habe im Namen der Miteigentümer mit der klagenden Partei – wie mit anderen Maklern auch – vereinbart, dass diese die Liegenschaft Interessenten anbieten könne. Ein Anspruch nach § 6 Abs 5 MaklerG scheitere daran, dass die klagende Partei nicht neben der beklagten Partei als Maklerin für die Miteigentümergemeinschaft tätig gewesen sei.

Die Vorinstanzen bejahten die Anwendung des § 6 Abs 5 MaklerG und gaben dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei, weil die Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend seien.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen zeigt die beklagte Partei keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Das Rechtsmittel sieht in der Verwertung der in einem Vorprozess erfolgten Beweisaufnahmen durch das Erstgericht wegen der gravierenden Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes eine Mangelhaftigkeit bzw Nichtigkeit, die auf das Berufungsverfahren durchschlage. Abgesehen davon, dass sich die Vorgangsweise des Erstgerichts wegen der ausdrücklichen Zustimmung der Parteien auf § 281a ZPO stützen kann, gehen die Ausführungen auch schon deshalb fehl, weil eine Verletzung des Unmittelbarkeitsprinzips keinen Nichtigkeitsgrund, sondern eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens bedeutet (RIS‑Justiz RS0041480), die mangels Rüge in der Berufung in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS‑Justiz RS0043111).

2. Ein Immobilienmakler, dessen Verdienstlichkeit an der Vermittlung eindeutig überwogen hat, hat im Fall des § 6 Abs 5 MaklerG nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung (arg Satz 5 leg cit „Dadurch verkürzte Makler können von den anderen Maklern den Ausgleich verlangen.“) und gesicherter Rechtsprechung einen direkten Ausgleichsanspruch gegen jenen Immobilienmakler, der für den Verkauf einer Liegenschaft eine Provision erhalten hat (2 Ob 308/98b; 1 Ob 137/01f; 6 Ob 12/16g). Dieser „geteilte“ Provisionsanspruch setzt eine vertragsgemäße Tätigkeit der jeweiligen Makler, dh entsprechende Aufträge voraus (9 Ob 47/03g).

2.1 Dass die klagende Partei als Maklerin von den Miteigentümern beauftragt wurde, brachte die beklagte Partei selbst vor, was sie auch im Rechtsmittel aufrecht hält. Auch die klagende Partei präzisierte ihr Vorbringen im Verfahren dahin, dass „somit eine Beauftragung mit der Maklertätigkeit durch die … Gemeinschaft, vertreten durch die beklagte Partei, erfolgte“. Daran haben die Vorinstanzen bei der Bejahung des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs angeknüpft. Wenn der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis eine schlüssige Provisionszusage zugrundeliegt, weil der beklagten Partei als Vertreterin der Miteigentümer die Provisionserwartung der klagenden Partei erkennbar war und sie trotzdem deren Vermittlungsleistungen entgegennahm, hält sich diese Ansicht im Rahmen der ständigen Rechtsprechung (4 Ob 205/16z; RIS-Justiz RS0062658 [T6, T7]; RS0062685; RS0062275).

2.2 Die Zulässigkeit des Rechtsmittels kann nicht darauf gestützt werden, dass die Vorinstanzen (auch) hinsichtlich der beklagten Partei von einem Maklerauftrag der Miteigentümer ausgegangen sind. Die Beurteilung, ob ein solcher Vertragsschluss anzunehmen ist, wirft – von krassen Fehlbeurteilungen im Einzelfall abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO auf (4 Ob 205/16z mwN). Eine solche Fehlbeurteilung ist hier insbesonders aufgrund der Feststellungen („... Das Honorar der Beklagten wurde sodann auf 2 % netto reduziert. Sodann erhielt die Beklagte den Auftrag, die Liegenschaft zu den festgelegten Bedingungen am Markt anzubieten ...“) auszuschließen. Soweit die beklagte Partei in ihrem Rechtsmittel davon ausgeht, das Entgelt sei nur für die Verkaufsbegleitung zugesagt worden, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

3. Die auf die Umstände des Einzelfalls und eine vertretbare Vertragsauslegung gestützte Bejahung des aus § 6 Abs 5 MaklerG abzuleitenden Ausgleichsanspruchs bedarf keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung und macht auch ein Eingehen auf die (im Rechtsmittel verneinte) Frage eines Vertragsverhältnisses zwischen den Streitteilen und auf den Vorwurf dazu getroffener überschießender Feststellungen entbehrlich.

4. Die außerordentliche Revision war daher in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen als unzulässig zurückzuweisen.

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