OGH 12Os78/17p

OGH12Os78/17p17.8.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. August 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtshörerin Schwarzer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael M***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Michael M***** und Stefanie R***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 13. April 2017, GZ 38 Hv 4/17f‑54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00078.17P.0817.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden

Michael M***** des Vergehens der Sachbeschädigung nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall, 125 StGB (A./I./1./), der Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall, 87 Abs 1 StGB idF BGBl I 1974/60 (A./I./2./ und A./II./) und des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall, 75 StGB (A./I./3./) sowie

Stefanie R***** des Vergehens der Sachbeschädigung nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall125 StGB (B./I./) und des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall87 Abs 1 StGB idF BGBl I 1974/60 (B./II./) schuldig erkannt.

Danach haben in I*****

A./ Michael M***** zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen Februar 2015 und 3. November 2015

I./ den Rustam A***** durch folgende Aufforderungen zu nachfolgenden Handlungen zu bestimmen versucht:

1./ dazu, eine fremde Sache zu beschädigen oder zu zerstören, indem er ihn ersuchte, das Fahrzeug des Marco V***** zur Explosion zu bringen oder in Brand zu stecken;

2./ dazu, andere am Körper zu verletzen, wobei er selbst jeweils die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) hatte, dass jeweils schwere Körperverletzungen (§ 84 Abs 1 StGB idF BGBl I 1987/605) zugefügt werden, indem er ihn ersuchte, folgende Personen zu verprügeln, insbesondere deren Kniescheiben zu zertrümmern, damit diese so schwer verletzt sind, dass sie längere Zeit im Krankenhaus bleiben, und zwar:

a./ den Marco V*****;

b./ den Thomas K*****;

3./ dazu, den Florian S***** zu töten, indem er ihn an verschiedenen Tagen aufforderte, Florian S*****, den ehemaligen Lebensgefährten der Stefanie R*****, umzubringen und dabei insbesondere zu ihm sagte, „man müsse diesen Ex‑Mann tot machen“, es sei ihm auch egal, wie das passiere und wer die Tat konkret ausführe, ob das ein Marokkaner oder ein anderer Tschetschene mache und ob das Opfer auf die Geleise gestoßen oder sonst wie umgebracht werde, jedenfalls werde er 5.000 Euro für die Tatausführung bezahlen;

II./ den Anvar U***** dazu zu bestimmen versucht, andere am Körper zu verletzen, wobei er selbst die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) hatte, dass jeweils schwere Körperverletzungen (§ 84 Abs 1 StGB idF BGBl I 1987/605) zugefügt werden, indem er ihn gegen Zusicherung entsprechender Belohnung mehrfach darum ersuchte, nachgenannte Personen so zu verprügeln, dass diese körperbehindert sind, und zwar:

1./ den Marco V*****;

2./ den Thomas K*****;

B./ Stefanie R***** zu unbekannten Zeitpunkten im Frühsommer/Sommer 2015 unter Bezugnahme auf die unter A./I./1./ und A./I./2./a./ angeführten Ersuchen des Michael M***** den Rustam A***** dadurch, dass sie ihn ersuchte, ihr wegen Marco V***** zu helfen und ihm mitteilte, dass jetzt ein guter Zeitpunkt zum Verprügeln des Marco V***** und zum Verbrennen von dessen Auto sei, weil Michael M***** gerade auf einer Baustelle in K***** wäre und demnach ein Alibi hätte, sowie, dass A***** situationsbedingt handeln und dem V***** eine schwere Körperverletzung zufügen solle, zu folgenden Handlungen zu bestimmen versucht:

I./ dazu, eine fremde Sache zu beschädigen oder zu zerstören;

II./ dazu, einen anderen am Körper zu verletzen, wobei sie selbst die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) hatte, dass eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB idF BGBl I 1987/605) zugefügt wird.

Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden des Michael M***** und der Stefanie R*****, die der Erstgenannte auf § 345 Abs 1 Z 4, „Z 11a“, und Z 12 StPO, die Zweitgenannte auf § 345 Abs 1 Z 10a StPO stützen.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Michael M*****:

Die Verfahrensrüge (Z 4) behauptet, es sei aufgrund der unrichtigen Übersetzungstätigkeit bzw der mangelnden Sprachkenntnis der zur Hauptverhandlung am 13. April 2017, insbesondere für die Vernehmung der russischsprachigen Zeugen, zugezogenen Dolmetscherin vermehrt zu Missverständnissen gekommen, sodass der Nichtigkeitswerber „seinem zustehenden Recht auf Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers entzogen“ worden sei. Hiezu genügt der Hinweis, dass die damit ersichtlich angesprochene Norm des § 126 Abs 4 StPO nur das Vorliegen eines der in § 47 Abs 1 Z 1 oder Z 2 StPO angeführten (hier nicht vorliegenden) Gründe mit Nichtigkeit bedroht (§ 126 Abs 4 zweiter Satz StPO).

Die Anfechtung des Urteils eines Geschworenengerichts mittels Rechts‑ oder Subsumtionsrüge (§ 345 Abs 1 Z 11 und Z 12 StPO) setzt einen Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen enthaltenen und damit festgestellten Tatsachen mit dem darauf angewendeten Strafgesetz voraus. Dabei muss an den durch den Wahrspruch festgestellten Tatsachen festgehalten und aus dem Wahrspruch selbst ein Rechtsirrtum nachgewiesen werden (RIS‑Justiz RS0101089, RS0101485, RS0101527).

Diesen Bezugspunkt verfehlt die Rechtsrüge (Z 11 lit a) zum Schuldspruch A./I./3./ mit der Behauptung, die Bestimmung (§ 12 zweiter Fall StGB) habe mangels hinreichender Individualisierungsmerkmale des Opfers nicht auf eine ausreichend individualisierte Tat abgezielt (vgl Fabrizy , WK 2 StGB § 12 Rz 58 f).

Gleiches gilt für die Subsumtionsrüge (Z 12) zum Schuldspruch A./I./3./, die mit der identen Argumentation die Unterstellung der dem Rechtsmittelwerber zur Last liegenden Tat als Vergehen der Aufforderung zur mit Strafe bedrohten Handlungen und Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen nach § 282 Abs 1 StGB fordert.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Stefanie R*****:

Die Tatsachenrüge (Z 10a) unternimmt den (unzulässigen) Versuch, die Richtigkeit der den Geschworenen vorbehaltenen Beweiswürdigung durch eigene Erwägungen zu den Ergebnissen der Telefonüberwachung, der diesbezüglichen Verantwortung der Beschwerdeführerin und den Aussagen des Zeugen Rustam A***** sowie mit der Behauptung, es seien „keine weiteren belastenden Beweisergebnisse hervor‑(gekommen)“ in Zweifel zu ziehen. Damit verkennt sie das Wesen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (vgl dazu RIS‑Justiz RS0119583 [T7 und T13], RS0118780 [T16]).

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Michael M***** und Stefanie R***** waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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