OGH 3Ob58/17a

OGH3Ob58/17a4.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei O*, vertreten durch Mag. Gerhard Eigner, Rechtsanwalt in Wels, wider die verpflichtete Partei Ing. J*, vertreten durch Dr. Walter Solic, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen 27.523,69 EUR sA, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 20. Jänner 2017, GZ 4 R 231/16v‑12, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 5. September 2016, GZ 239 E 4082/16p‑7, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E118902

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs, dessen Kosten die betreibende Partei selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag der verpflichteten Partei auf Zuspruch der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

 

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte im vereinfachten Bewilligungsverfahren am 22. August 2016 dem Betreibenden wider den Verpflichteten antragsgemäß die Fahrnis‑ und die Forderungsexekution nach § 294a EO zur Hereinbringung von 27.523,69 EUR sA. Als Titel gab er einen „ausländischen Titel“ vom 18. November 2004 des Kreisgerichts in České Budějovice, Zeichen 15 C 423/2004‑16, mit Vollstreckbarkeitsdatum vom 18. Dezember 2004 an.

Der Verpflichtete erhob dagegen Einspruch ua mit der Begründung, dass kein die Exekution deckender Exekutionstitel existiere und die Bestätigung der Vollstreckbarkeit fehle. Der Betreibende legte über Aufforderung durch das Erstgericht gemäß § 54d EO den Titel (im tschechischen Original und in deutscher Übersetzung) sowie eine Bescheinigung nach Art 54 und 58 EuGVVO aF vor.

Daraufhin wies das Erstgericht mit Beschluss vom 5. September 2016 den Einspruch ab, weil der Exekutionstitel vollstreckbar sei und die bewilligte Exekution decke.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten Folge, änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es die bewilligte Fahrnis‑ und Forderungsexekution nach § 294a EO unter Aufhebung aller schon vollzogener Exekutionsakte gemäß § 39 Abs 1 Z 10 EO einstellte und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu.

Es liege kein Fall des § 2 Abs 2, § 54b Abs 1 Z 4 EO vor. Da auf den tschechischen Titel die EuGVVO idF VO (EG) 44/2001 anzuwenden sei, wäre die Vollstreckbarerklärung des Titels für Österreich und die Bewilligung der Exekution im ordentlichen Bewilligungsverfahren zu beantragen gewesen. Der Einspruch des Verpflichteten sei deshalb insoweit stichhaltig, als er gemäß § 54c Abs 1 EO geltend mache, dass die „richtige“ Bestätigung der Vollstreckbarkeit im Sinne der Vollstreckbarerklärung des ausländischen Titels für Österreich fehle. Dem Rekurs sei daher im Ergebnis Folge zu geben, die Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 10 EO einzustellen und dem betreibenden Gläubiger nach § 75 erste Fallgruppe EO die Kosten abzuerkennen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob ein Einspruch gemäß § 54c EO auch dann zulässig und inhaltlich zu erledigen sei, wenn über den Exekutionsantrag an sich im ordentlichen Verfahren zu entscheiden wäre, tatsächlich aber – aus welchen Gründen immer – im vereinfachten Verfahren entschieden werde, und ob im Rahmen des Einspruchsgrundes gemäß § 54c EO (fehlende Bestätigung der Vollstreckbarkeit) aufgegriffen werden könne, dass eine etwa aufgrund der EuGVVO aF erforderliche Vollstreckbarerklärung nicht beantragt und die Exekution ohne diese bewilligt worden sei.

Dagegen erhob der Betreibende Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses; hilfsweise wurden Aufhebungsanträge gestellt. Das Rekursgericht habe dem Einspruch Folge gegeben, da über den Exekutionsantrag unzulässig im vereinfachten Verfahren entschieden und die Exekution ohne die inländische Vollstreckbarerklärung bewilligt worden sei. Dabei handle es sich jedoch nicht um Einspruchsgründe gemäß § 54c EO. Der Verpflichtete hätte dies vielmehr in einem Rekurs gegen den Bewilligungsbeschluss geltend machen müssen. Allenfalls wäre gemäß § 54 Abs 3 EO ein Verbesserungsverfahren einzuleiten gewesen, weil es sich beim Fehlen der inländischen Vollstreckbarerklärung um einen verbesserungsfähigen Mangel handle.

Der Verpflichtete erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung, in der er die Zurückweisung des Rechtsmittels begehrt und diesem auch inhaltlich entgegentritt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

1. § 54b EO sieht die Entscheidung über einen Exekutionsantrag im vereinfachten Bewilligungsverfahren dann vor, wenn ua sich der betreibende Gläubiger auf einen inländischen, einen diesem gleichgestellten (§ 2 EO) oder einen rechtskräftig für vollstreckbar erklärten ausländischen Exekutionstitel stützt. Gemäß § 2 Abs 2 EO stehen den in § 1 EO genannten Akten und Urkunden auch solche Akte und Urkunden gleich, die zwar außerhalb des Geltungsbereichs der EO errichtet wurden, aber aufgrund einer völkerrechtlichen Vereinbarung oder eines Rechtsakts der Europäischen Union ohne gesonderte Vollstreckbarerklärung zu vollstrecken sind. Derartige gleichgestellte Titel sind insbesondere solche, die nach der EuVTVO, EuMahnVO, EuUVO oder EuGVVO idF VO (EO) 1215/2012 ergingen.

2. Auf Basis eines Exekutionstitels, der noch im Anwendungsbereich der EuGVVO aF erging, kann in Österreich erst nach Vollstreckbarerklärung Exekution geführt werden. Aus § 2 Abs 2 EO ergibt sich damit im Umkehrschluss, dass Titel aus anderen Mitgliedstaaten, die einer Vollstreckbarerklärung bedürfen, inländischen Titeln nicht gleichgestellt sind. Ein derartiger Titel kann deshalb auch nicht Gegenstand des vereinfachten Bewilligungsverfahrens sein, solange er nicht in Österreich für vollstreckbar erklärt wurde. Die Bewilligung der Exekution auf Basis eines solchen Titels scheitert an der Voraussetzung des § 54b Abs 1 Z 4 EO (Jakusch in Angst/Oberhammer³ § 54b EO Rz 9).

3. Der der Exekutionsbewilligung im vereinfachten Bewilligungsverfahren zugrundeliegende Titel wurde am 18. November 2004 vom Kreisgericht Budweis, somit nach Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union am 1. Mai 2004, erlassen.

Die Anwendung der EuBagatellVO scheidet schon aufgrund des hohen Streitwerts aus. Aber auch die oben genannten Verordnungen, die die Vollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr von der vorhergehenden Exequatur abhängig machen, sind aufgrund ihres zeitlichen Anwendungsbereichs nicht auf den Titel anwendbar (Art 33 EuMahnVO: 12. Dezember 2008; Art 33 EuVTVO: 21. Oktober 2005; EuUVO: idR 18. Juni 2011; Art 81 EuGVVO nF: 10. Jänner 2015). Seine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung richtet sich demnach nach der EuGVVO idF VO (EG) 44/2001 .

Vor seiner Vollstreckbarerklärung in Österreich ist der hier betriebene Titel somit nicht einem inländischen Titel gleichgestellt und daher nicht ex lege in Österreich vollstreckbar, weil es eines Exequaturverfahrens nach §§ 79 ff EO aF/§§ 406 ff EO nF bedurft hätte; vor der Vollstreckbarerklärung stellt der ausländische Titel keinen tauglichen Exekutionstitel dar (Garber in Angst/Oberhammer³ Vor § 79 EO Rz 72).

4. Gegen die im vereinfachten Bewilligungsverfahren ergangene Exekutionsbewilligung steht dem Verpflichteten gemäß § 54c EO auch im vorliegenden Fall der Einspruch zu. Mit diesem kann nur geltend gemacht werden, dass ein die bewilligte Exekution deckender Exekutionstitel samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit fehlt oder dass der Exekutionstitel nicht mit den im Exekutionsantrag enthaltenen Angaben darüber übereinstimmt.

Der Verpflichtete brachte im Einspruch zutreffend vor, dass ein die Exekution deckender Exekutionstitel nicht existiere und die Bestätigung der Vollstreckbarkeit fehle. Er machte damit einen tauglichen Einspruchsgrund iSd § 54c EO geltend, weil der Titel die begehrte Exekution zwar inhaltlich deckt, jedoch kein Exekutionstitel iSd § 1 f EO vorliegt, weil ihm die Vollstreckbarerklärung für Österreich fehlt.

5. Das Rekursgericht zog daraus die zutreffende Konsequenz einer Einstellung der bewilligten Exekutionen nach § 39 Abs 1 Z 10 EO: Ist doch eine Abänderung oder Ergänzung der Angaben im Exekutionsantrag durch den Betreibenden nach einem entsprechenden Einspruch mit dem Ziel, dem Einspruch seine Berechtigung zu nehmen, auch im Weg eines Verbesserungsverfahrens nicht zulässig (Jakusch in Angst/Oberhammer³ § 54e EO Rz 6 und 7/3; 3 Ob 265/03x; vgl auch RIS‑Justiz RS0118934).

Dem Revisionsrekurs kommt daher keine Berechtigung zu.

6. Wegen Erfolglosigkeit hat der Betreibende die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen (§ 78 EO iVm §§ 40, 50 ZPO).

Der Antrag auf Zuspruch von Kosten der Revisionsrekursbeantwortung ist abzuweisen, weil das Rechtsmittelverfahren in Exekutionssachen – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – einseitig ist. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Fachsenats ist eine dennoch erstattete Revisionsrekursbeantwortung mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0118686 [T11]); sie dient allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und ist daher nicht zu honorieren (RIS‑Justiz RS0118686 [T12]).

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