European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00026.17P.0628.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthaltenden Urteil wurde Gunther N***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (A./), der Vergehen der Datenfälschung nach § 225a StGB (B./), des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB (C./) und des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 2 StGB (D./) schuldig erkannt.
Danach hat er – zusammengefasst – in G***** und andernorts
A./ von Herbst 2012 bis 12. Jänner 2016 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz in zahlreichen Angriffen andere durch Täuschung über Tatsachen, in einem Fall unter Benützung eines falschen Beweismittels (5./), zu Handlungen verleitet, die diese in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, indem er durch die Vorgabe, er sei ein (rück-)zahlungswilliger und ‑fähiger Vertragspartner, im Urteil namentlich genannte Personen (1./, 3./, 4./, 6./ bis 10./) bzw Verfügungsberechtigte dort genannter Unternehmen (2./, 5./ und 8./) zur Übergabe von Geldbeträgen und Waren sowie zur Überlassung und Bezahlung von Dienstleistungen im Gesamtwert von 78.075,21 Euro veranlasste, wobei er die Taten in der Absicht ausführte, sich durch ihre wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen und dabei mehr als zwei (iSd § 147 Abs 2 StGB) qualifizierte Betrugshandlungen beging;
B./ von Mai bis Dezember 2014 in wiederholten Angriffen falsche Daten mit dem Vorsatz hergestellt, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht werden, indem er „Onlinebanking-Bestätigungen“ zum Nachweis von ihm behaupteter Überweisungen fälschte und diese im elektronischen Weg drei im Urteil genannten Personen bzw Unternehmen übermittelte;
C./ von Anfang 2013 „bis dato“ in wiederholten Angriffen Bestandteile seines Vermögens verheimlicht und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger geschmälert, indem er aus selbständiger Erwerbstätigkeit erzielte, über der Pfändungsfreigrenze liegende Einkünfte in Form von Barzahlungen oder Überweisungen durch W***** vereinnahmte;
D./ am 21. Juli 2014 ein falsches Beweismittel in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung gebraucht, indem er im Verfahren AZ 17 St 309/13k der Staatsanwaltschaft G***** Ausdrucke von durch ihn selbst hergestellten (E-Mail-)„Korrespondenzen mit asiatischen Unternehmen samt entsprechenden Rechnungen“ vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) zu A./1./ wurden durch die Nichtdurchführung des in der Hauptverhandlung am 1. Oktober 2015 zum Beweis dafür, dass der Angeklagte für die ihm von Gerald Wa***** geleistete Zahlung in Höhe von 10.000 Euro diesen Wert übersteigende Leistungen erbracht hat, gestellten Antrags auf „Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Werbebranche“ (ON 74 S 4) Verteidigungsrechte nicht verletzt. Denn der Beschwerdeführer hat weder eine für diese Leistungen erfolgte Verwendung des Geldbetrags noch eine erfolgte Aufrechnung (vgl dazu RIS-Justiz RS0094353 [T7 bis T10]; Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 115, 118) mit von ihm erbrachten Vorleistungen behauptet (vgl US 27 f; RIS‑Justiz RS0118444). Gleiches gilt für die Abweisung seines in der Hauptverhandlung am 23. Mai 2016 gestellten Antrags auf „Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet des Webdesigns zum Beweis dafür, dass bereits umfangreiche Vorleistungen des Angeklagten erbracht wurden, deren Wertigkeit sogar den Betrag von 10.000 Euro übersteigt“ (ON 107 S 11).
Der zu A./1./ und D./ gestellte Antrag auf Vernehmung des Zeugen N. H***** „zum Beweis dafür, dass der Angeklagte am 21. Juli 2014 keinesfalls falsche Beweismittel der Staatsanwältin vorgelegt hat [und …] eine ordnungsgemäße Verwendung der von Gerald Wa***** übergebenen 10.000 Euro vorliegt“ (ON 74 S 4) ließ – schon mangels Vorbringens, über welche konkreten Wahrnehmungen der beantragte Zeuge verfügt – nicht erkennen, warum die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lassen sollte und zielte damit auf – eine im Erkenntnisverfahren unzulässige – Erkundungsbeweisführung (RIS‑Justiz RS0099353).
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ist die jeweils aus dem äußeren Tatgeschehen – hinsichtlich der Betrugshandlungen im Zusammenhalt mit der „tristen Einkommens- und Vermögenslage“ bei „gewohntem luxuriösem Lebensstandard“ des Beschwerdeführers sowie unter Berücksichtigung der „Mehrzahl der Angriffe in engem zeitlichen Zusammenhang“ und seines „einschlägig belasteten Vorlebens“ (vgl US 26 f, 30 und 38) – erfolgte Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung der Schuldsprüche A./ und D./ (US 9, 11 und 24) im vorliegenden Fall unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (vgl RIS-Justiz RS0098671).
Die gegen die Schuldsprüche A./1./, 4./ und 8./ bis 10./ gerichtete, jeweils Rechtsfehler mangels Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptende Rechtsrüge (Z 9 lit a) orientiert sich nicht an den – im Übrigen auch in der Rechtsmittelschrift wiedergegebenen – Konstatierungen der Tatrichter (US 9, 11 und 13 sowie US 17 bis 19; vgl RIS‑Justiz RS0088835 [T4, zum Bedeutungsgehalt festgestellten Wissens] sowie RS0089034, RS0089250 [zur Bedeutung von „billigendem Inkaufnehmen“]) und verfehlt damit den in der Gesamtheit der Urteilsannahmen gelegenen gesetzlichen Bezugspunkt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.
Das weitere, A./4./ betreffende Vorbringen verkennt, dass der Gebrauch der verba legalia die Wirksamkeit einer Tatsachenfeststellung nur dann beeinträchtigt, wenn dadurch in Wahrheit keinerlei Sachbezug hergestellt und damit gar keine Feststellung getroffen wurde (RIS‑Justiz RS0119090). Inwieweit es den Entscheidungsgründen vorliegend daran mangeln sollte (vgl auch US 31 f), legt der Beschwerdeführer nicht begründet dar. Die Forderung nach Konstatierungen zu einer allfälligen kompensablen Gegenforderung des Angeklagten beschränkt sich der Sache nach darauf, nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen Schuld die tatrichterlichen Annahmen zur subjektiven Tatseite zu bekämpfen.
Das gegen C./ gerichtete Vorbringen (Z 9 lit a) legt neuerlich nicht dar, weshalb den – anhand von Rechtsbegriffen („vorsätzlich“) – getroffenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite kein hinreichender Sachverhaltsbezug zu entnehmen wäre (vgl US 24 iVm US 37 f: „verheimlichte diese … Einkünfte vorsätzlich gegenüber seinen zahlreichen Gläubigern, um sich derart einen höheren Lebensstandard leisten zu können.“; „... diese Einkünfte auch in anhängigen Exekutionsverfahren gegenüber seinen Gläubigern verheimlichte“).
Die A./ betreffende, gegen die Annahme der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10 [nominell Z 9 lit a]) übergeht die Feststellungen zur auf gewerbsmäßige Begehung gerichteten Absicht des Beschwerdeführers (US 9) und vermag einmal mehr nicht aufzuzeigen, weshalb den Entscheidungsgründen (US 9 ff iVm US 26 f) ein hinlänglicher Sachverhaltsbezug dieser Feststellungen nicht zu entnehmen wäre.
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bleibt anzumerken, dass das Verbrechen der betrügerischen Krida erst vollendet ist, wenn feststeht, dass ein Gläubiger infolge eines das Vermögen verringernden Verhaltens des Schuldners eine Forderung nur zum Teil oder gar nicht beglichen erhält; solange eine solche Auswirkung nicht festgestellt ist, kann Vollendung des Verbrechens nicht angenommen werden (RIS‑Justiz RS0115184; Kirchbacher in WK² StGB § 156 Rz 19). Vorliegend wurde lediglich im Urteilsspruch vermerkt, dass durch die von Schuldspruch C./ umfassten Tathandlungen die Befriedigung von Gläubigern des Beschwerdeführers in einem nicht näher bekannten, jedenfalls 300.000 Euro nicht übersteigenden Betrag geschmälert wurde (US 5). Konkrete – die Zurechnung als vollendetes Verbrechen tragende – Feststellungen, ob und welche Gläubiger durch die Tathandlung tatsächlich einen Forderungsausfall erlitten haben, fehlen hingegen; insoweit liegen nur Konstatierungen zur subjektiven Tatseite vor (US 24 iVm US 37 f). Das Anführen eines Schadenseintritts bloß im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) vermag dieses Feststellungsdefizit zu objektiven Tatumständen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0116587 [T11]). Die insoweit (durch Nichtannahme des Milderungsgrundes nach § 34 Abs 1 Z 13 StGB) vorliegende, vom Angeklagten nicht geltend gemachte Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 712) wird vom Berufungsgericht im Rahmen der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen sein (RIS‑Justiz RS0119220 [T4]).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)