European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00093.17B.0614.000
Spruch:
Der „Rekurs“ (richtig: die Revision) wird zurückgewiesen.
Begründung:
Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung einer Jahresbruttoprämie aus einem bei der Klägerin abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag samt Nebenkosten in der Höhe von insgesamt 281,90 EUR sA.
Das Berufungsgericht verwarf mit der als „Beschluss“ bezeichneten Entscheidung die vom Beklagten dagegen erhobene Berufung, soweit diese Nichtigkeit geltend machte, wies „im Übrigen … die Berufung (in der Hauptsache)“ zurück und gab ihr im Kostenpunkt Folge. Rechtlich verneinte das Berufungsgericht das Vorliegen des vom Beklagten geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes und es erachtete seine Rechtsrüge als nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil der Beklagte teils nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehe, teils die erstgerichtlichen Feststellungen bekämpfe und sekundäre Feststellungsmängel zu Tatfragen behaupte, für die ein erstinstanzliches Vorbringen fehle. Da die Rechtsrüge insgesamt nicht gesetzmäßig ausgeführt sei, sei die Berufung in der Hauptsache als unzulässig zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung richtet sich das als „ Rekurs“ bezeichnete, als Revision zu behandelnde Rechtsmittel des Beklagten; dieses ist zufolge § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.
1. Eine Berufung im Streitwertbereich des § 501 ZPO ist (nur) dann mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen, wenn ausschließlich andere als die in dieser Gesetzesstelle genannten Berufungsgründe (Nichtigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung) geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0041863 [insb T3 und T4]). Die Frage, ob etwa die Nichtigkeitsberufung berechtigt ist, also die behauptete Nichtigkeit vorliegt, ist dagegen für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht maßgeblich (2 Ob 97/10v). Werden in der Berufung (zumindest auch) zulässige Rechtsmittelgründe geltend gemacht, dann ist über die gesamte Berufung mit Sachentscheidung zu erkennen (10 Ob 66/16b).
2. Der in erster Instanz nicht anwaltlich vertretene Beklagte hat in seiner Berufung Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO geltend gemacht, weil er wegen mangelnder Deutschkenntnisse nicht an der mündlichen Verhandlung habe teilnehmen können. In seiner Rechtsrüge hat der Beklagte (ua) – diesem Revisionsgrund zuzuordnende (RIS‑Justiz RS0043304) – sekundäre Feststellungsmängel geltend gemacht. Damit hat der Beklagte zulässige Rechtsmittelgründe ausgeführt, die das Berufungsgericht auch inhaltlich behandelt hat. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist daher qualitativ kein Beschluss, sondern ein Urteil (vgl 10 Ob 66/16b). Für die Beurteilung, ob ein Urteil oder ein Beschluss vorliegt, ist nämlich nicht die tatsächlich gewählte, sondern die vom Gesetz vorgesehene Entscheidungsform maßgebend (RIS‑Justiz RS0036324 [T7]). Das Vergreifen in der Entscheidungsform beeinflusst weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels (RIS‑Justiz RS0036324 [T1]).
3. Inhaltlich erhebt also der Beklagte eine Revision (vgl 10 Ob 66/16b), mit der er als Mangel des Berufungsverfahrens geltend macht, dass das Berufungsgericht rechtsirrig seine Berufung als nicht gesetzmäßig ausgeführt erachtet habe (vgl RIS‑Justiz RS0043231). Da das Rechtsmittel des Beklagten demnach qualitativ keinen Rekurs gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO, sondern eine Revision darstellt, die beim gegebenen Streitwert nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist, ist mit deren Zurückweisung vorzugehen.
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