OGH 7Ob18/17y

OGH7Ob18/17y29.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** W*****, vertreten durch Mag. Jürgen Nagel und Ing. Dr. Michael Bitriol, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei R***** AG, *****, vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, und deren Nebenintervenienten A***** G*****, vertreten durch Mag. Claudia Lecher-Tedeschi, Rechtsanwältin in Dornbirn, wegen 4.500 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. November 2016, GZ 4 R 154/16b‑14, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00018.17Y.0329.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung

Die Lebensgefährtin des Klägers hat mit der Beklagten einen Wohnungsversicherungsvertrag geschlossen, der eine erweiterte Privat- und Sporthaftpflichtversicherung einschließt. Der Kläger ist mitversichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die R***** (ABWH/RV 03.2013) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

...

Privathaftpflichtversicherung

Was gilt als Versicherungsfall? - Artikel 5

Ein Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem privaten Risikobereich entspringt und aus welchem den versicherten Personen Schadenersatzverpflichtungen erwachsen oder erwachsen könnten. Die Privathaftpflichtversicherung deckt Personen- und Sachschäden sowie Vermögensschäden, die auf einen versicherten Personen- oder Sachschaden zurückzuführen sind.

Welche Gefahren sind versichert? - Artikel 7

Die Versicherung erstreckt sich auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers und der im Artikel 6 genannten mitversicherten Personen als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens …

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger ist in seiner Revision – entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht – der Meinung, dass jene Auseinandersetzung, in deren Zuge er einen Lokalgast verletzte, als Gefahr des täglichen Lebens zu qualifizieren sei. Damit zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage auf:

1. Der Begriff der „Gefahren des täglichen Lebens“ ist nach der allgemeinen Bedeutung der Worte dahin auszulegen, dass der Versicherungsschutz für die Haftpflicht des Versicherungsnehmers jene Gefahren erfasst, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss (RIS-Justiz RS0081099 [T10]).

2. Der Fachsenat ist in der Entscheidung 7 Ob 245/13z (= RIS‑Justiz RS0081099 [T16]) davon ausgegangen, dass keine Gefahr des täglichen Lebens mehr vorliegt, wenn der Versicherte aktiv in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt war und ein unbeteiligtes Mädchen verletzt. Ein vernünftiger Durchschnittsmensch gerät üblicherweise gerade nicht als aktiv Beteiligter in einen Raufhandel, bei dem bewusste Angriffe gegen die körperliche Unversehrtheit anderer Personen erfolgen. Die Gefahren, die solchen nach allgemeinem Bewusstsein nicht zu tolerierenden Akten entspringen, gehören nicht zum täglichen Leben.

3. Ein vergleichbarer Fall liegt auch hier vor, hat sich doch der Kläger aktiv in eine Handgreiflichkeit eingemischt und dabei einem Kontrahenten einen „Schupfer“ versetzt, der weder Abwehrreaktion noch Reflexhandlung oder Schlichtungsversuch war und zu einer schweren Verletzung einer dritten Person führte.

4. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage die Meinung des Klägers, sein Verhalten entspreche geradezu einem „natürlichen Reflex“ eines jeden Durchschnittsmenschen nicht teilte und eine Gefahr des täglichen Lebens verneinte, dann liegt darin jedenfalls keine korrekturbedürftige Rechtsansicht; dessen Entscheidung steht vielmehr im Einklang mit vorliegender Rechtsprechung des Fachsenats, weshalb der Kläger die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzuzeigen vermag. Die Revision ist somit zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte