OGH 17Os1/17a

OGH17Os1/17a6.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2017 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jorda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mohamed E***** wegen des Verbrechens der Bestechung nach § 307 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. November 2016, GZ 31 Hv 104/16p‑24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0170OS00001.17A.0306.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mohamed E***** des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB (A) sowie der Verbrechen der Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, § 302 Abs 1 StGB (B) und der Bestechung nach § 307 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er am 16. August 2016 in Wien

A/ gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz

I/ weggenommen, und zwar

1/ Dario K***** einen Rucksack samt Sonnenbrille und Pullover;

2/ Maximilian R***** einen Rucksack mit darin befindlichem Mobiltelefon;

II/ wegzunehmen versucht, und zwar Vera W***** ein Mobiltelefon;

B/ mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an dessen Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, den gegen ihn wegen der zu Punkt A genannten Straftaten eingeschrittenen Polizeibeamten Thomas H***** wissentlich dazu zu bestimmen versucht, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, durch Unterlassung der „Anzeigeerstattung“ (gemeint: Berichterstattung nach § 100 StPO) an die Staatsanwaltschaft Wien zu missbrauchen, indem er diesem gegenüber äußerte: „Ich habe auf meinem Konto 98.000 Euro. Wenn du dafür sorgst, dass ich freigelassen werde und ihr mich nicht anzeigt, werde ich dir dieses Geld bezahlen. Das ist mir meine Freiheit wert. Bitte vergessen wir das Ganze. Die beste Lösung ist, wenn ihr mich gehen lasst und ich dir das Geld bezahle“;

C/ durch die zu B/ angeführte Handlung Thomas H*****, mithin einem Amtsträger, für die pflichtwidrige Unterlassung eines Amtsgeschäfts einen Vorteil für ihn angeboten, wobei er die Tat in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils, nämlich die Zahlung von 98.000 Euro, beging.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Der gegen die Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit (Punkt A) gerichteten Mängelrüge (Z 5 zweiter und vierter Fall) zuwider hat das Erstgericht ohnehin – im Sinn der ins Treffen geführten Verantwortung des Beschwerdeführers (ON 23 S 5) – festgestellt, dass dieser (neben der Notstandshilfe) Zuwendungen von seinem Sachwalter erhalten habe, mit welchen er (zweckwidrig) Drogen gekauft habe (US 10). Die Schlussfolgerung, diese Mittel seien angesichts des massiven Drogenbedarfs nicht ausreichend gewesen, weshalb der Beschwerdeführer die Absicht gehabt habe, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstahl über längere Zeit ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, verstößt nicht gegen Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze (RIS‑Justiz RS0118317).

Weshalb der Umstand, dass der Beschwerdeführer zwar Vermögen von etwa 98.000 Euro geerbt habe, dieses aber (zufolge Sachwalterschaft) seinem Zugriff entzogen gewesen sei (vgl die dazu getroffenen Urteilsannahmen auf US 5 und 10), gegen einen solchen Geldbedarf sprechen sollte, erklärt die Rüge nicht.

Darauf aufbauend argumentiert die weitere Mängelrüge zum Schuldspruch B, die Tatrichter hätten die fehlende Verfügungsmacht des Beschwerdeführers über sein Vermögen unberücksichtigt gelassen, weshalb angesichts der „Unmöglichkeit des Angebotes“ (ersichtlich gemeint) die Feststellung dessen Ernsthaftigkeit (US 6 f) offenbar unzureichend begründet sei (Z 5 vierter Fall). Damit vermag sie jedoch nicht darzutun, dass die insbesondere auf die Aussage des (darüber nicht informierten) Zeugen Thomas H*****, der Beschwerdeführer habe „zweifelsfrei“ gewusst, „um was es geht“ und habe ihm wiederholt „das Angebot auf Zahlung der € 98.000,-- bewusst gemacht“ (US 9 f) gestützten Erwägungen formalen Begründungskriterien (vgl erneut RIS‑Justiz RS0118317) nicht genügen.

Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass der Tatbestand der Bestechung (Punkt C) bereits mit dem Anbieten des Vorteils erfüllt ist; auf die (Möglichkeit tatsächlicher) Gewährung des Vorteils kommt es nicht an (vgl RIS‑Justiz RS0096213).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) geht mit der Behauptung, die zu Punkt A angelasteten Handlungen seien „in dubio pro reo als Tateinheit“ zu betrachten, weshalb (ersichtlich gemeint) die – erst ab der dritten Tat anzunehmende, dann aber auf die nach § 29 StGB zu bildende Subsumtionseinheit durchschlagende (vgl 14 Os 131/16w) – Voraussetzung der früheren Begehung zweier solcher Taten (vgl § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) nicht vorliege, nicht vom Urteilssachverhalt aus (RIS‑Justiz RS0099810). Dieser enthält nämlich keine tatsächliche Grundlage für die Annahme, der Beschwerdeführer habe die mehrfachen Diebstahlshandlungen im Rahmen tatbestandlicher Handlungseinheit (insbesondere aufgrund einheitlicher Motivationslage) gesetzt. Nach den Konstatierungen habe er sich vielmehr, nachdem ihm die (dauerhafte) Wegnahme von Diebsgut missglückt sei, zweimal (jeweils mit eigenständigem Tatentschluss) neuen– anderen Opfern gehörenden – Objekten (wenngleich in räumlicher und zeitlicher Nähe) zugewandt (vgl 11 Os 151/12h). Weshalb eine solche Konstellation der Wegnahme mehrerer Sachen im Rahmen eines einzigen diebischen Zugriffs (vgl Ratz , Zur Unzulässigkeit einer Subsumtionseinstellung, JBl 2006, 291; ders , WK‑StPO § 281 Rz 522; Sternberg‑Lieben/Bosch in Schönke/Schröder 29 Vorbem §§ 52 ff Rz 17b und 18; Eser/Bosch , ebd § 242 Rz 45) gleichzuhalten sei, wird nicht erklärt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte