European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0020NC00008.17Z.0228.000
Spruch:
Zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts Meidling das Bezirksgericht Sankt Johann im Pongau bestimmt.
Begründung
Am 31. 7. 2016 ereignete sich in Radstadt ein Verkehrsunfall, an dem der Ehegatte der Klägerin als Lenker eines der Klägerin gehörenden Pkw und der Zweitbeklagte als Lenker eines bei der Erstbeklagten haftpflichtversicherten Motorrads beteiligt waren. Durch die Kollision entstand an beiden beteiligten Fahrzeugen ein Sachschaden, der Zweitbeklagte wurde verletzt. Die Parteien behaupten jeweils das Alleinverschulden des Lenkers des jeweils gegnerischen Fahrzeugs.
Die Klägerin begehrt den Ersatz des Sachschadens am Pkw. Die Klägerin beantragt ihre Einvernahme sowie diejenige ihres Ehegatten als Zeugen. Beide wohnen im Sprengel des Bezirksgerichts Hollabrunn. Die Klägerin beantragt auch einen Ortsaugenschein an der Unfallstelle sowie ein Sachverständigengutachten (Unfallrekonstruktion).
Die Beklagten wenden die Forderung auf Ersatz des Sachschadens am Motorrad und eine Schmerzengeldforderung des Zweitbeklagten als Gegenforderung ein. Zum Beweis für ihr Vorbringen beantragen sie die Einvernahme des in H***** wohnhaften Zweitbeklagten sowie von vier Zeugen, von denen zwei in Schladming und zwei in Radstadt zu laden sind. Sie beantragen weiters einen unter Beiziehung eines Sachverständigen vorzunehmenden Ortsaugenschein.
Die Beklagten beantragen die Delegierung des Verfahrens vom Bezirksgericht Meidling an das Bezirksgericht Sankt Johann im Pongau.
Die Klägerin spricht sich gegen die Delegierung aus, weil die Anreise der Klägerin und ihres Mannes nach Sankt Johann im Pongau mit zu großem Aufwand verbunden sei.
Das Bezirksgericht Meidling spricht sich für die Delegierung aus.
Am Bezirksgericht Sankt Johann im Pongau ist ein Verfahren über denselben Unfall mit umgekehrten Parteirollen anhängig (AZ 1 C 419/16w), in dem vom Zweitbeklagten als dortigem Kläger ua ein Ortsaugenschein und die Einvernahme der zwei schon im vorliegenden Verfahren in Schladming zu ladenden Zeugen sowie seine eigene Einvernahme beantragt wird.
Rechtliche Beurteilung
Die Delegierung ist gerechtfertigt.
Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0046324; RS0046441; RS0046589) soll eine Delegierung zwar nur den Ausnahmefall darstellen und keinesfalls durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden, doch sprechen im Allgemeinen Gründe der Zweckmäßigkeit dafür, Schadenersatzprozesse aus einem Verkehrsunfall bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete (RIS-Justiz RS0046149).
Im Unterschied etwa zur Entscheidung 2 Nd 4/98, wo es um einen Auffahrunfall auf der Westautobahn ging und das Erstgericht ausgeführt hatte, es könne unter den gegebenen Umständen nicht davon ausgegangen werden, dass es zur Durchführung eines Lokalaugenscheins kommen werde, erscheint im vorliegenden Fall die Durchführung eines (überdies bereits beantragten) Lokalaugenscheins nicht ausgeschlossen. Fünf Personen, deren Einvernahme beantragt wurde, sind in relativer Nähe zum Bezirksgericht Sankt Johann im Pongau zu laden, nur zwei nicht. Dazu kommt die wahrscheinlich kostensparende Möglichkeit der Verbindung der beiden über denselben Unfall anhängigen Verfahren, wenn beide Verfahren vor demselben Gericht stattfinden (§ 187 iVm § 431 Abs 1 ZPO; RIS‑Justiz RS0046528 [T12, T13, T21]). Aller Voraussicht nach kann somit die Rechtssache mit geringerem Kostenaufwand vor dem Bezirksgericht Sankt Johann im Pongau durchgeführt werden.
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