OGH 2Nd4/98

OGH2Nd4/983.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter und Dr. Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth, Dr. Wolfgang Wagner und Dr. Alexander Neurauter, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei, ***** Versicherungs AG, ***** vertreten durch Dr. Werner Leimer, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 78.512,06 sA, über den Antrag der beklagten Partei auf Delegierung in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung

Am 31. Jänner 1998 ereignete sich auf der Westautobahn, Fahrtrichtung Wien, im Stadtgebiet Linz-Ebelsberg ein Verkehrsunfall, an dem ein der klagenden Partei gehörendes und in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenes Fahrzeug sowie ein bei der beklagten Partei haftpflichtversicherter PKW beteiligt waren. Die klagende Partei nimmt die beklagte Partei mit der Behauptung in Anspruch, der Lenker des bei dieser versicherten Fahrzeuges sei infolge eines zu geringen Tiefenabstandes bzw aus Unaufmerksamkeit auf das verkehrsbedingt angehaltene klägerische Fahrzeug aufgefahren. Sie berief sich zum Beweis ihres Vorbringens auf die Einvernahme von Zeugen, von denen eine in Amstetten, zwei in Wien und fünf in der Bundesrepublik Deutschland wohnen, sowie auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Die beklagte Partei bestritt in ihrem Einspruch gegen den erlassenen Zahlungsbefehl das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. Der Lenker des klägerischen Fahrzeuges sei seinerseits geringfügig auf einen vor ihm verkehrsbedingt angehaltenen PKW aufgefahren. Das bei ihr versicherte Fahrzeug sei fast bis zum Stillstand abgebremst und in der Folge von einem dahinter fahrenden - in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen - PKW auf das klägerische Fahrzeug gestoßen worden. Der Unfall sei für ihren Versicherungsnehmer unabwendbar gewesen. Sie beantragte die Einvernahme einer Zeugin die in Amstetten, und eines Zeugen, der in Enns wohnt, sowie die Vornahme eines Lokalaugenscheines und die Einholung eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigengutachtens. Gleichzeitig beantragte sie die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Linz, in dessen Sprengel sich der Unfallsort befindet. Sie führte hiezu aus, daß die von ihr beantragten Zeugen in der Nähe dieses Gerichtes wohnten, ein Lokalaugenschein beantragt worden sei und auch die Anreise für den Geschäftsführer der klagenden Partei sowie der in Deutschland wohnenden Zeugen kürzer sei.

Die klagende Partei sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus.

Das Erstgericht erachtete eine Delegierung für nicht zweckmäßig. Da gleich viele der beantragten Zeugen in der Umgebung von Linz wie in Wien wohnten, die Vernehmung der in Deutschland wohnenden Zeugen wahrscheinlich im Rechtshilfewege erfolgen werde, zwei der beteiligten Fahrzeuge ebenfalls aus Deutschland stammten, könnte nur die Notwendigkeit eines Lokalaugenscheines die Delegierung rechtfertigen. Unter den dargestellten Umständen scheine aber die Anfertigung einer Skizze der Unfallsörtlichkeit sinnvoller als die Durchführung eines Lokalaugenscheines auf der Westautobahn.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Die Delegierung obliegt dem Oberlandesgericht innerhalb seines Sprengels, außerhalb desselben dem Obersten Gerichtshof (§ 31 Abs 2 JN).

Gegen den Widerspruch einer Partei ist dem Delegierungsantrag nur dann zu entsprechen, wenn die Übertragung der Sache vom zuständigen Gericht an ein anderes im eindeutigen Interesse aller Verfahrensbeteiligten liegt. Dies kann aber im vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Im allgemeinen sprechen zwar Gründe der Zweckmäßigkeit dafür, Schadenersatzprozesse aus einem Verkehrsunfall bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete (2 Nd 11/97 uva). Wie das Erstgericht im Vorlagebericht aber nicht Recht ausführte, kann unter den hier gegebenen Umständen nicht davon ausgegangen werden, daß es zur Durchführung eines Lokalaugenscheines kommen wird. Dem Erstgericht ist auch darin beizupflichten, daß hier allein die Notwendigkeit eines Lokalaugenscheines die Delegierung rechtfertigen könnte.

Da sich in dem zu entscheidenden Fall somit die Frage der Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung nicht eindeutig zugunsten beider Parteien lösen läßt und die klagende Partei der Delegierung widersprochen hat, war der Delegierungsantrag abzulehnen (EFSlg 69.712 ua).

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