OGH 13Os118/16a

OGH13Os118/16a22.2.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Februar 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jan Z***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. August 2016, GZ 34 Hv 6/16y‑28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00118.16A.0222.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jan Z***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht vom 6. auf den 7. Februar 2016 in W***** (US 3 f) eine Person, „die wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung unfähig war, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen und dieser Einsicht nach zu handeln“, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit der infolge massiven Alkoholkonsums tiefst schlafenden und reaktionsunfähigen Marta H***** den Beischlaf und eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung vornahm.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Die Rüge behauptet einen Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen der festgestellten „Beeinträchtigung“ des Opfers (US 4), aus der das Erstgericht nach der Beschwerdeauffassung die sexuelle Selbstbestimmungsunfähigkeit abgeleitet habe, und den (Negativ‑)Konstatierungen, wonach weder festgestellt werden konnte, wie viel Wein getrunken wurde und ob die Beeinträchtigung der Marta H***** aus dem Alkoholkonsum alleine oder in Wechselwirkung mit den von ihr eingenommenen Medikamenten resultierte, noch dass der Angeklagte der Genannten eine die Bewusstseinslage aussetzende Substanz verabreichte (US 4). Damit orientiert sie sich prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370). Denn die Tatrichter stellten weiters fest, dass Marta H***** nach dem Alkoholkonsum tief einschlief und deshalb nicht in der Lage war zu bemerken, was der Angeklagte mit ihr machte bzw darauf zu reagieren oder zu handeln oder sich gegen die sexuellen Handlungen zu wehren (US 4). Demnach liegt ein Widerspruch nicht vor.

Soweit der Beschwerdeführer Feststellungen darüber vermisst, woraus die festgestellte „Beeinträchtigung“ des Tatopfers abzuleiten wäre (Z 9 lit a), legt er nicht methodengerecht dar, weshalb diese über die oben angeführten Feststellungen hinaus zur Erfüllung des Tatbestands des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB erforderlich sein sollten (RIS‑Justiz RS0116565, RS0099689).

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), dem Urteil sei nicht zu entnehmen, dass ein Widerstand für das Opfer unmöglich, aussichtslos oder unzumutbar gewesen ist, lässt die Urteilskonstatierungen über die aus dem tiefen Schlaf resultierende Wehrlosigkeit des Opfers (US 4) außer Acht und verfehlt damit mangels Orientierung am festgestellten

Sachverhalt die prozessordnungsgemäße Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099724 [T1]).

Gleiches gilt, soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) einen substanzlosen Gebrauch der verba legalia zur subjektiven Tatseite behauptet, dabei aber die entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen der Tatrichter (US 4, 8) übergeht. Welche darüber hinausgehenden Konstatierungen für die vorgenommene Subsumtion zur subjektiven Tatseite erforderlich sein sollten, erklärt sie nicht (RIS-Justiz RS0099620 [T7]).

Der sowohl im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) als auch der Rechtsrüge (Z 9 lit a) erhobene Einwand, dem Akteninhalt sei ein schriftliches Gutachten über eine chemisch toxikologische Untersuchung des Tatopfers nicht zu entnehmen, lässt keinen Konnex zu den Anfechtungskriterien der Nichtigkeitsgründe erkennen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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