OGH 13Os131/16p

OGH13Os131/16p25.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Jänner 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jorda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter H***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 erster Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 24. Juni 2016, GZ 20 Hv 6/16w‑43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00131.16P.0125.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter H***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 (erster Fall) StGB sowie mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (A), des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (B) und des Vergehens (nach US 2 aufgrund eines offensichtlichen Schreibfehlers [siehe US 17] „die Vergehen“) des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er vom Jahresbeginn 2002 bis zum Sommer 2002 in M***** und an anderen Orten

(A) in vier Angriffen mit der am 15. Mai 1994 geborenen, sohin unmündigen Jasmin L***** dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen, nämlich digitale Vaginalpenetrationen, unternommen, wobei eine der Taten eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) der unmündigen Person, und zwar eine länger als 24 Tage dauernde Anpassungsstörung in Form einer depressiven Reaktion, zur Folge hatte,

(B) außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung, nämlich Masturbation, von der am 15. Mai 1994 geborenen, sohin unmündigen Jasmin L***** an sich vornehmen lassen und

(C) durch eine der beschriebenen Taten mit einer minderjährigen Person, die seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen und von ihr an sich vornehmen lassen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Bezugspunkt der Mängelrüge (richtig: Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also – soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden von der Beschwerde nicht angesprochen) – über schuld‑ oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RIS‑Justiz RS0106268).

Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Beschwerde, indem sie die Fragen releviert, wann der Beschwerdeführer erstmals eine „geschlechtliche Beziehung“ gehabt habe, wie er das Opfer bei einer der Taten erfasst habe, ob er im Zuge einer anderen Tat unter einer Decke gelegen sei, wo genau sich einer der Tatorte befunden habe und bis zu welchem exakten Zeitpunkt Jasmin L***** mit der erlittenen Anpassungsstörung „relativ gut umgehen“ konnte.

Die vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur Qualifikationsnorm des § 206 Abs 3 erster Fall StGB findet sich auf den US 13 f.

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) einige Passagen des – im Übrigen umfassend gewürdigten (US 13 f) – Gutachtens des psychiatrischen Sachverständigen isoliert herausgreift und hieraus für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (§ 283 Abs 1 StPO) in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Im über diesen Einwand hinausgehenden Umfang entwickelt die Rüge (die Fehler in der Sachverhaltsermittlung nicht behauptet) ihre Argumentation nicht aus in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnissen (§ 258 Abs 1 StPO) und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (13 Os 60/03, SSt 2003/74; RIS‑Justiz RS0117516, RS0117749 und RS0119310).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) erschöpft sich darin, die Konstatierungen zur Tatfolge der schweren Körperverletzung (US 8) zu bestreiten, und verlässt damit die Anfechtungsbasis materiell‑rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte