OGH 7Ob190/16s

OGH7Ob190/16s25.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ronald Rast und Dr. Thomas Rast, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei A*****AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und 9.205,65 EUR sA, über den Rekurs und die Revision der beklagten Partei gegen den Beschluss und das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Juni 2016, GZ 4 R 194/15a‑14, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. September 2015, GZ 10 Cg 23/15k‑10, teilweise aufgehoben und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00190.16S.0125.000

 

Spruch:

1. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

2. Der Revision wird Folge gegeben.

3. Die Urteile der Vorinstanzen werden im Umfang des Zahlungsbegehrens aufgehoben und die Rechtssache auch in dieser Hinsicht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rekurs- und Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen. Sie ist seit (zumindest) 2006 bei der Beklagten betriebshaftpflicht- versichert. Dem Versicherungsverhältnis der Parteien liegen die Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung entweder in der Fassung „AHVB 2003“ und „EHVB 2003“ oder in der Fassung „AHVB 2006“ und „EHVB 2006“ zugrunde. Die AHVB enthalten wortgleich unter anderem folgende Bestimmungen:

Art 1

Was gilt als Versicherungsfall und was ist versichert? ...

2. Versicherungsschutz

2.1 Im Versicherungsfall übernimmt der Versicherer

2.1.1 die Erfüllung von Schadenersatz-verpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer wegen eines Personenschadens, eines Sachschadens oder eines Vermögensschadens, der auf einen versicherten Personen‑ oder Sachschaden zurückzuführen ist, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts erwachsen (in der Folge kurz Schadenersatzverpflichtungen genannt);

...

Art 7

Was ist nicht versichert (Risikoausschlüsse)

1. Unter die Versicherung gemäß Art 1 AHVB fallen insbesondere nicht

1.1 Ansprüche aus Gewährleistung für Mängel;

...

1.3 die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung.

...

9. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden, die an den vom Versicherungsnehmer (oder in seinem Auftrag oder seine Rechnung von Dritten) hergestellten oder gelieferten Arbeiten oder Sachen infolge einer in der Herstellung, Lieferung oder Montage liegenden Ursache entstehen.

10. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an

...

10.5 jenen Teilen von unbeweglichen Sachen, die unmittelbar Gegenstand der Bearbeitung, Benützung oder einer sonstigen Tätigkeit sind.

2007 wurde die Klägerin mit der Errichtung einer Betondecke zur Schaffung von KFZ‑Abstellplätzen und den Rohbauarbeiten an den darunter gelegenen Kellerräumen des Hauses ***** beauftragt. Ihr war von Beginn an bekannt, dass diese Kellerräume vermietet und als beheizte Musikproberäume benützt werden sollten. Bei der Ausführung der übernommenen Arbeiten brachte sie keine – dem damaligen Stand der Technik entsprechende – Wärmedämmung außen an.

Nach Beendigung ihrer Arbeiten ließ die Mieterin in den Kellerräumen – wie mit den Vermietern, die auch Auftraggeber der Klägerin waren – vereinbart, Sanitäranlagen, Elektroinstallationen und aufwendige Schallisolierungen einbauen. Die so hergestellten Musikräume wurden ab 1. 10. 2007 von der Mieterin untervermietet.

Am 11. 11. 2007 kam es in den Kellerräumen zu einem „Wassereintritt“. Als Schadensursache wurde nach Öffnung der Gipskartondecke die fehlende Wärmeisolierung festgestellt. Um die fehlende Wärmeisolierung anzubringen, wäre es nötig gewesen, den Asphalt zu entfernen, was aufgrund der konkreten Konstruktion sehr schwierig und kostenaufwendig ist, weshalb diese Sanierung von den Vermietern nicht in Angriff genommen wurde. Da weder die Vermieter noch die Klägerin Sanierungsarbeiten veranlassten, ließ die Mieterin die Sanierung durch eine Wärmedämmung innen auf eigene Kosten durchführen.

Da mit einer nachträglichen Anordnung einer PE‑gemäßen Wärmedämmung außen in angemessener Zeit nicht zu rechnen war, war die gewählte Sanierung sinnvoll. Auch die im Detail ausgewählte Ausführung ist bautechnisch und bauwirtschaftlich sinnvoll. Die Arbeiten wurden sach‑ und fachgerecht durchgeführt. Die Sanierung einer Deckenfläche von ca 12 m 2 fehlt noch. Der in der Bauordnung für Wien geforderte maximale U‑Wert für die Wärmedämmung von 0,25 W/m 2 K bzw 0,20 W/m 2 K wird durch die Sanierung nicht erreicht. Aus diesem Grund wird eine höhere Heizungsleistung für das Mietobjekt erforderlich sein und der Betrieb von Entfeuchtungsgeräten empfohlen.

Die Vermieter wurden, nachdem mit Teil‑ und Zwischenurteil ihre Haftung gegenüber der Mieterin dem Grunde nach bejaht und für künftige Schäden festgestellt worden war, mit Endurteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 7. 5. 2014 (zu 20 C 375/13t) schuldig erkannt, der Mieterin 16.073,69 EUR samt Zinsen an Sanierungskosten und 17.099,78 EUR an Verfahrenskosten zu ersetzen.

Die Vermieter erwirkten ihrerseits gegen die Klägerin beim Handelsgericht Wien das Feststellungsurteil vom 6. 6. 2014 (zu zuletzt 41 Cg 64/13i), dass diese ihnen für sämtliche Schäden hafte, zu deren Ersatz sie im Verfahren 20 C 375/13t des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien verhalten wurde. Der Klägerin wurde in diesem Verfahren überdies ein Kostenersatz von insgesamt 9.205,65 EUR auferlegt.

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für jene Ansprüche, die gegen sie „von der Mag. M***** OG und Dr. E***** B***** aufgrund des Urteils des Handelsgerichts Wien zu 41 Cg 64/13i vom 6. 6. 2014 erhoben“ wurden, sowie eine Zahlung von 9.205,65 EUR samt Zinsen. Die von der Mieterin nach dem Wassereintritt vorgenommenen Sanierungsarbeiten würden weder einer Vertragserfüllung noch einem Erfüllungssurrogat entsprechen. Die Anbringung einer Wärmedämmung an der Deckeninnenseite sei von der Klägerin nicht geschuldet gewesen, sondern sei eine reine Notmaßnahme, um die Räume für die Dauer des Rechtsstreits wieder benützbar zu machen. Die ihr im Verfahren gegen die Vermieter zum Ersatz auferlegten Verfahrenskosten habe sie gezahlt.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grund und der Höhe nach. Der geltend gemachte Schaden sei nach der vereinbarten Erfüllungsklausel – die Mieterin habe mit ihrer Ersatzvornahme ein Erfüllungssurrogat geschaffen – ebenso wenig vom Versicherungsschutz gedeckt, wie nach der Herstellungsklausel und der Tätigkeitsklausel.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Bei den von der Mieterin durchgeführten Arbeiten sei zwischen dem Austausch der durchnässten und dadurch unbrauchbar gewordenen Schallisolierung und Wandmalerei einerseits und dem Aufbringen einer Wärmeisolierung an der Raumunterseite andererseits zu differenzieren. Bei den Kosten der zu erneuernden (da durchnässten) Schallisolierung und Wandmalerei handle es sich um reine Vermögensschäden im Sinne von Mangelfolgeschäden, die vom Versicherungsvertrag mangels einer besonderen Vereinbarung nicht gedeckt seien. Bei der fehlenden Wärmeisolierung (außen) handle es sich dagegen um einen Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts. Ersatzansprüche dafür seien ebenfalls vom Versicherungsumfang ausgeschlossen, weil es sich bei der von der Mieterin innen angebrachten Wärmeisolierung um ein Erfüllungssurrogat handle, auch wenn sie der von der Klägerin ursprünglich geschuldeten Leistung (Wärmeisolierung von außen) nicht vollständig entspreche.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit. Es änderte das Ersturteil in ein dem Zahlungsbegehren stattgebendes Teilurteil ab. Im Übrigen, sohin im Umfang des Feststellungsbegehrens, hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Nicht unter die Herstellungs‑ und Lieferklausel sowie die Tätigkeitsklausel würden alle Sachen oder Teile davon fallen, die – wie hier die von der Mieterin hergestellte Deckenkonstruktion – bei Durchführung der Arbeiten des Versicherungsnehmers noch gar nicht vorhanden gewesen seien und daher Gegenstand weder dessen Tätigkeit noch dessen Bearbeitung sein konnten. Ursache des Sanierungsaufwands der Mieterin samt Mietzinsentgang für die Untervermietung und den Energiemehrverbrauch, zu deren Ersatz die Vermieter der Mieterin gegenüber und die Klägerin den Vermietern gegenüber gerichtlich verhalten worden seien, sei unstrittig die mangelhafte Vertragserfüllung durch die Klägerin gegenüber ihren Bestellern, den Vermietern. Die Beschädigung von Gebäudeteilen durch den Wassereintritt bilde zweifellos einen Sachschaden, der unter den Versicherungsschutz der Betriebshaftpflichtversicherung falle. Davon betroffen seien die infolge des Wassereintritts erneuerungsbedürftigen Wand‑ und Deckenmalereien und Einbauten (Schallisolierung). Die Anbringung einer innen liegenden Wärmedämmung durch die Mieterin sei nicht als Erfüllungssurrogat im Sinn des Art 7.1.3 AHVB anzusehen, weil das mangelhafte Werk damit nicht in den von der Klägerin vertraglich geschuldeten Zustand versetzt worden sei. Sie sei als eine Behelfsmaßnahme zu dem Zweck zu qualifizieren, das Bestandobjekt in den von den Vermietern (möglicherweise auch, aber nicht notwendig von der Klägerin als Werkunternehmerin) geschuldeten Zustand zu bringen, um zukünftigen Sachschäden der bereits eingetretenen Art sowie daraus resultierenden Folgeschäden vorzubeugen.

Einer umfassenden meritorischen Erledigung stehe allerdings entgegen, dass erörterungsbedürftig sei, inwieweit sich der geltend gemachte Deckungsanspruch nicht bereits gemäß § 154 Abs 1 VersVG in einen Zahlungsanspruch gewandelt habe, die Klägerin daher auf eine Leistungsklage zu verweisen sei und in welchem Umfang sie allenfalls darüber hinaus noch ein Feststellungsinteresse habe. Nach dieser Bestimmung genüge für die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs, dass der Anspruch des Dritten durch ein rechtskräftiges Urteil festgestellt sei. Dem Begehren auf Leistung der Verfahrenskosten des (zweiten) Vorprozesses sei im Sinn des Abänderungsantrags stattzugeben.

Da der Auslegung der hier maßgeblichen Versicherungsvertragsbedingungen, insbesondere der Erfüllungsklausel über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme, seien der Rekurs und die Revision zuzulassen gewesen.

Gegen den Beschluss und das Teilurteil wenden sich der Rekurs und die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin begehrt, den Rekurs und die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihnen keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht, die Revision ist im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Die Klägerin argumentiert, aufgrund des von ihr verursachten Baumangels (Fehlen der äußeren Wärmeisolierung) sei es in den Räumlichkeiten der Mieterin ihrer Auftraggeber zu einer gravierenden Durchfeuchtung der von dieser aufgebrachten Schallisolierung gekommen, wobei hauptverantwortlich das sich in Ermangelung einer Wärmedämmung bildende Kondenswasser gewesen sei. Bei den von der Mieterin aufgewendeten Kosten für die von ihr getätigten Notmaßnahmen, um die Räumlichkeiten bis zur tatsächlichen und endgültigen Behebung des Mangels durch nachträgliche Aufbringung der äußeren Wärmeisolierung nutzen zu können, zu deren Ersatz ihre Auftraggeber verpflichtet worden seien, handle es sich um einen von der Betriebshaftpflichtversicherung gedeckten Mangelfolge-schaden.

Die Beklagte hält dem entgegen, die Mieterin habe mit ihrer Ersatzvornahme die von der Klägerin geschuldete Aufbringung der Wärmeisolierung hergestellt. Es handle sich um ein nicht gedecktes Erfüllungssurrogat.

2. Das Leistungsversprechen der Beklagten – die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen nach Art 1.2.1.1 AHVB – umfasst nicht Ansprüche auf Gewährleistung für Mängel (Art 7.1.1 AHVB) sowie Ansprüche auf Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung (Art 7.1.3 AHVB). Der Ausschluss dieser Haftung entspricht ganz allgemein dem Grundsatz der Haftpflichtversicherung, das Unternehmerrisiko nicht auf den Versicherer zu übertragen (RIS‑Justiz RS0081518 [T4, T7, T8], RS0081898 [T1]). Aus Art 7.1.3 AHVB geht klar hervor, dass unter die Versicherung weder die Erfüllung noch Erfüllungssurrogate fallen (7 Ob 31/16h). Als Erfüllungs-surrogat werden dabei diejenigen Schadenersatzansprüche bezeichnet, durch die ein unmittelbares Interesse am eigentlichen Leistungsgegenstand eines abgeschlossenen Vertrags geltend gemacht wird. Ausgeschlossen sind diejenigen Schadenersatzansprüche, die den Gläubiger in den Genuss der ordnungsgemäßen Leistung bringen sollen. Gedeckt sind hingegen Schäden aus mangelhafter Vertragserfüllung (Mangelfolgeschäden, Begleitschäden), die jenseits des Erfüllungsinteresses des Gläubigers liegen. Der Begriff „Erfüllungssurrogat“ deckt sich nicht mit dem haftungsrechtlichen Begriff des Schadenersatzrechts wegen Nichterfüllung. Das Erfüllungssurrogat ist eine eigenständige versicherungsrechtliche Rechtsfigur (7 Ob 143/14a, 7 Ob 31/16h je mwN).

Erfüllungsansprüche oder Ansprüche auf Erfüllungssurrogate sind auch Ansprüche auf die Kosten der Mängelbehebung. Darüber hinausgehende Schäden gehören dann dazu, wenn sie zwangsläufig mit der Verbesserung verbunden sind (7 Ob 9/88; RIS‑Justiz RS0021974; Schauer , Das österreichische Versicherungsvertragsrecht 3 , S 400; Fenyves , Gewährleistungsklausel, Erfüllungsklausel und „Nachbesserungsbegleitkosten“ in der Haftpflicht-versicherung, NZ 2001, 246).

3.2 Zur vergleichbaren deutschen Bedingungslage wird ebenfalls vertreten, dass das Erfüllungsinteresse die Neuherstellung des Werks und die Beseitigung von Mängeln umfasst. Schäden, die dem Besteller zur Behebung des Mangels zugefügt werden müssen, und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung sind Schäden, die verursacht werden, um die Nacherfüllung durchführen zu können. Es handelt sich um nicht versicherte Mängelbeseitigungsnebenkosten (vgl Lücke in Prölss/Martin , Versicherungsvertragsgesetz VVG 29 AHB Z 1 Rn 53 ff; Baumann in Honsell , Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz § 149 Rn 57 ff; Johannsen in Bruck-Möller-Johannsen Komm zum VVG IV (Allgemeine Haftpflichtversicherung) Anm G59, 255 ff; Wussow in AHB (1976) Anm 68; Rintelen in Späte/Schimikowski Haftpflichtversicherung 2 § 1 Rn 512f; Späte in Haftpflichtversicherung, Komm zu den AHB  1993 § 1 Anm 132, 152 ff).

3.3 Nach den hier getroffenen Feststellungen wurden die Räume von der Mieterin frei gemacht und die Decke durch Entfernung der abgehängten Gipskartondecke und des Akustikdämmfilzes freigelegt, eine Wärmeisolierung angebracht, die Deckenkonstruktion wiederhergestellt und der Akustikfilz wieder aufgebracht. Danach wurden Malerarbeiten an der Deckenuntersicht und im Anschluss‑ und Schadensbereich der Wände sowie eine Bauendreinigung durchgeführt. Mit einer nachträglichen Anbringung einer äußeren Wärmedämmung ist nicht zu rechnen, die gewählte innere Wärmedämmung ist sinnvoll.

Damit wurde durch die Anbringung der inneren Wärmedämmung dasselbe generelle Ziel wie durch die von der Klägerin geschuldete Herstellung der äußeren Wärmedämmung verfolgt und auch – nahezu – erreicht. Die von der Mieterin durchgeführten Arbeiten dienten damit letztlich der Herstellung der von der Klägerin mangelhaft erbrachten Leistungen. Die dafür aufgewendeten Kosten stellen im Sinne der eben dargestellten Rechtslage „Mängelnebenkosten“ dar, die als Erfüllungssurrogat anzusehen sind.

Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich auch nicht um die Herstellung einer bloßen Behelfsmaßnahme. Abgesehen davon, dass der Zustand bereits seit 2007 besteht, bislang weder die Auftraggeber die Behebung durch Anbringung einer äußeren Wärmedämmung gefordert haben, noch die Klägerin eine solche angeboten hat, wird die Klägerin nach den Feststellungen, die aufgrund der damit verbundenen Kosten und Schwierigkeiten von den Auftraggebern gar nicht gewollte Behebung auch nicht in angemessener Zeit vornehmen. Vielmehr wählten die Auftraggeber den Weg, von der Klägerin Ersatz für die von ihr ihrer Mieterin ersetzten Aufwendungen für die Durchführung der inneren Wärmedämmung zu verlangen.

4. Die Klägerin erstattete Vorbringen dahingehend, dass es aufgrund des Baumangels zu einem Wassereintritt und einer gravierenden Durchfeuchtung der von der Mieterin angebrachten Deckenkonstruktion gekommen sei. Obwohl die erstgerichtlichen Feststellungen dazu nur rudimentär sind, gingen die Vorinstanzen von einer Beschädigung und Erneuerungsbedürftigkeit der gesamten Deckenkonstruktion aus. Legt man dies zugrunde, so hätte die fehlerhafte Leistung der Klägerin einen (Sach‑)Schaden an der Deckenkonstruktion der Mieterin verursacht, der jenseits des Interesses läge, das an der ordnungsgemäßen Erfüllung besteht. Hier würde es sich um einen vom Versicherungsschutz umfassten Mangelfolgeschaden handeln.

5. Bei den Maßnahmen, die zugleich der Beseitigung des Mangels des vom Versicherungsnehmer geschuldeten Werks und der Behebung eines Folgeschadens dienen, handelt es sich um Maßnahmen mit Doppelcharakter.

5.1  Lücke (aaO) geht davon aus, dass in solchen Fällen insgesamt Leistungspflicht bestehe, soweit der Folgeschaden ohne die Maßnahme nicht beseitigt werden könne. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer könne die Klausel nicht dahin verstehen, dass versicherte Folgeschäden nur deshalb nicht erstattungspflichtig seien, weil die Maßnahme zugleich zur Erfüllung beitrage.

Büsken in Münchener Kommentar zum VVG (2011), § 1 AHB Rn 65, erachtet den Ansatz, sämtliche Nachbesserungsarbeiten als versicherte Folgeschäden zu begreifen, als verfehlt und zu weitgehend, weil Mängelbeseitigungsnebenkosten nicht durchwegs einem Schadenersatzanspruch zugeordnet werden könnten. Eine diskutierte anteilige Deckungspflicht möge pragmatisch sein, ihr fehle aber die versicherungsvertragliche Grundlage. Unter Beachtung der schützenswerten Interessenlage des Versicherungsnehmers sei es richtig, in den Fällen von Maßnahmen mit Doppelcharakter die Schadens-beseitigungsfunktion durchgreifen zu lassen und insoweit Deckungspflicht anzunehmen.

Späte (aaO) vertritt, dass der Anspruch auf Nachbesserung auch die sogenannten Mängel-beseitigungskosten betreffe. Der Ausschluss gelte auch dann, wenn zur Durchführung der Nachbesserung des Werks andere Sachen des Bestellers beschädigt werden müssten. Es müsse allerdings danach differenziert werden, ob Sachen des Bestellers ausschließlich zu einer Nachbesserung der ausbedungenen Werkleistung beschädigt werden müssten oder ob die mangelhafte Werkleistung darüber hinaus einen Folgeschaden an anderen Sachen (des Bestellers oder weiterer Dritter) hervorgerufen habe. Gehe es zB um „Freilegungskosten“, also etwa darum, dass ein defektes Unterputzkabel nachzubessern und zu diesem Zweck die Wand aufgestemmt, das Kabel ausgewechselt, die Wand neu verputzt und verfliest werde, ohne dass das Kabel einen (sonstigen) Schaden an Rechtsgütern des Bestellers angerichtet habe, dann bestehe kein Versicherungsschutz. Platze hingegen ein unter Putz verlegtes Wasserrohr und beschädige den Gipsputz, Fliesen etc, dann seien zwar die Ansprüche wegen der Kosten des Rohrauswechselns nicht gedeckt, sehr wohl aber jene für die Beseitigung des Folgeschadens (Freilegen des fehlerhaften Rohrstrangs, Abschlagen des durchnässten Putzes, Neuverputzen, Neu- verfliesen), da der Werkmangel zu einem Folgeschaden an anderen Sachen geführt habe, deren Herstellung nicht zu den vertraglich ausbedungenen Pflichten des Versicherungsnehmers gehörte.

Eiselt (Zur Abgrenzung der von der Betriebshaftpflichtversicherung nicht erfassten Erfüllungspflicht des Werkunternehmers, NJW 1984, 899) erachtet die Leistungsbeschreibung des Vertrags maßgeblich für die Abgrenzung des Folgeschadens von der mangelhaften und daher zu wiederholenden Leistung. Was zur Leistungsbeschreibung gehöre, sei versicherungsrechtlich geschützt; müssten bei der Wiederholung der mangelhaften Leistung sonstige Gegenstände beschädigt werden, deren Wiederherstellung zwar werkvertraglich geboten sei, aber nicht zur Leistungsbeschreibung des Vertrags gehörte und die nur als Folge der Leistungswiederholung beschädigt oder wiederhergestellt werden müssten, so sei dies versicherungsrechtlich ein Folgeschaden, der Versicherungs-schutz genieße.

Nach Rintelen (aaO § 1 AHB Rn 516f) seien grundsätzlich all diejenigen Schadenersatzansprüche ungedeckt, die sich mit dem Mängelbeseitigungsanspruch decken, die also zur Durchführung der Nachbesserung (sowieso) erforderlich wären. Im Beispiel eines mangelhaft verlegten Rohres, das die Wand durchfeuchte, seien die Freilegungskosten, die Kosten für das Neuverputzen und die Neuverfliesung, soweit sie durch die Auswechslung des Rohrstrangs bedingt seien, einschließlich aller Nebenkosten ungedeckt.

Fenyves (aaO) schließt sich Späte an. Die Ausschlusswirkung der Gewährleistungs‑ bzw Erfüllungsklausel könne nur so weit reichen, wie ihre Begründung trage. Es sei daher in der Tat mit Späte zu differenzieren: Ausgeschlossen seien nur jene Kosten, die ausschließlich zur Nachbesserung der bedungenen Werkleistung dienten. Habe die mangelhafte Werkleistung des Versicherungsnehmers hingegen bereits Folgeschäden an anderen Sachen des Bestellers angerichtet, dann seien diese Schäden gedeckt und nur jene Kosten ausgeschlossen, die für die Beseitigung des Mangels selbst aufgewendet würden.

5.2 Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahren und für welchen Bedarf versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikobegrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden. Der Zweck liegt darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll. Mit dem Risikoausschluss begrenzt der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ein bestimmter Gefahrenumstand wird von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen (RIS‑Justiz RS0080166 [T10]).

Der Oberste Gerichtshof teilt die Ansicht der überwiegenden Lehre, dass vor diesem Hintergrund der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer die Klausel nicht dahin verstehen wird, dass versicherte Folgeschäden nur deshalb nicht erstattungsfähig sein sollen, weil die Maßnahme zugleich zur Erfüllung beiträgt; vielmehr wird er vom Vorrang der primären Risikobegrenzung ausgehen. Daher ist hinsichtlich der Mängelbeseitigungskosten, die versicherungsrechtlich der Gewährleistung und dem Erfüllungssurrogat zugeschlagen werden, eine Differenzierung vorzunehmen. Ausgeschlossen sind jene Kosten, die ausschließlich der Verbesserung der bedungenen Werkleistung dienen. Hat die mangelhafte Werkleistung des Versicherungsnehmers hingegen bereits Folgeschäden an anderen Sachen angerichtet, dann sind diese Schäden gedeckt und nur jene Kosten ausgeschlossen, die für die Beseitigung des Mangels selbst aufgewendet werden.

5.3 Umgelegt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das Erstgericht seine Feststellungen dahin zu ergänzen hat, ob und in welchem Ausmaß durch die mangelhafte Leistung der Klägerin (Nichtanbringung der äußeren Wärmedämmung) bereits Folgeschäden, wie beispielsweise die behauptete Durchfeuchtung und dadurch bedingte Erneuerungsbedürftigkeit der Deckenkonstruktion der Mieterin der Auftraggeber eingetreten waren. Weiters bedarf es Feststellungen dazu, inwieweit die Behebungsmaßnahmen ausschließlich der Verbesserung der mangelhaften Leistung der Klägerin dienten. In diesem Umfang bestünde keine Deckung. Soweit die Behebungsmaßnahmen gleichzeitig der Behebung eines bereits eingetretenen Schadens dienten, bestünde hingegen Versicherungsschutz.

6. Zutreffend verneinte bereits das Berufungsgericht den Ausschluss der Deckung für die zuletzt genannten Schäden nach der Herstellungs‑ und Lieferklausel sowie der Tätigkeitsklausel (Art 7.9 und 7.10.5 AHVB). Diese haben den Zweck, den Versicherer in einem gewissen Umfang vom erhöhten Risiko zu befreien, das sich aus der gewerblichen und beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers ergibt (RIS‑Justiz RS0081518).

Ausschlussobjekt nach der Tätigkeitsklausel ist eine „andere“ Sache dann, wenn auf sie bei der Bearbeitung einer Sache zwangsläufig und unvermeidlich aus der Sicht eines verständigen Beobachters eingewirkt werden muss (vgl RIS‑Justiz RS0111116). Nicht unter diese Klausel fallen allerdings Sachen oder Teile davon, die bei Durchführung der Arbeiten des Versicherungsnehmers – wie hier die von der Mieterin angebrachte Deckenkonstruktion – noch gar nicht vorhanden waren und daher Gegenstand weder dessen Tätigkeit noch dessen Bearbeitung sein konnten (7 Ob 172/01x).

Die Herstellungs‑ und Lieferungsklausel kommt nur dann zur Anwendung, wenn sich das Ursachenereignis (der Mangel) und das Folgeereignis (der Schaden) in beziehungsweise an ein und derselben Sache abspielen. Gedeckt sind hingegen Schäden, die durch eine hergestellte Sache entstehen, sowie „mittelbar“ aus einer mangelhaften Leistung entstandene Schäden. Schäden also, die am hergestellten Produkt entstehen und ihre Ursache in der Herstellung oder Lieferung haben, sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Schäden, die durch die Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit gelieferter Waren, Erzeugnisse oder Arbeiten an Personen und Sachen entstehen, sind jedoch gedeckt (RIS‑Justiz RS0115614). Bei den an der inneren Deckenkonstruktion allenfalls entstandenen Schäden handelt es sich um keine am hergestellten Werk.

7. Ab der Inanspruchnahme durch den Dritten steht dem Versicherungsnehmer (vorerst nur) ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Versicherungsschutzes (der Deckungspflicht) zu, wenn der Versicherer die Deckung ablehnt (RIS‑Justiz RS0038928 [T5]). Mit der bloßen Ablehnung der Deckung geht allerdings der primär nicht auf eine Geldleistung gerichtete Befreiungsanspruch des Versicherungsnehmers nicht (gleichsam automatisch) in einen Zahlungsanspruch über. Auf eine Leistungsklage kann der Versicherungsnehmer nämlich (noch) nicht verwiesen werden, obwohl der Schaden bereits zur Gänze behoben wurde (7 Ob 84/08s) oder der gegen ihn geltend gemachte Schaden bereits ziffernmäßig feststeht (RIS‑Justiz RS0080603 [T1]). Auch nicht, solange die Haftpflicht nicht dem Grunde und der Höhe nach feststeht (RIS‑Justiz RS0081020). Der Befreiungsanspruch des Versicherungsnehmers verwandelt sich gemäß § 154 Abs 1 VersVG nur dann in einen Zahlungsanspruch, wenn der Versicherungsnehmer den Dritten befriedigt oder der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist (RIS‑Justiz RS0080603).

Im hier interessierenden Fall verwandelt sich der Befreiungsanspruch des Versicherungsnehmers somit nur dann in einen Zahlungsanspruch, wenn der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil feststeht. Ein Grundurteil genügt dazu in der Regel nicht ( Voit/Knappmann in Prölss/Martin Versicherungsvertragsgesetz 27 § 154 Rn 2; Baumann aaO § 154 Rn 10 mwN; Langheid in Römer / Langheid VVG² § 154 Rn 6, Lücke aaO § 106 Rn 3; Retter in Schwintowski/Brömmelmeyer Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht² § 106 Rn 3). Unter einem rechtskräftigen Urteil im Sinn des § 154 Abs 1 VersVG ist daher nur ein Zahlungsurteil zu verstehen (vgl Langheid aaO).

Davon ausgehend teilt der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Klägerin aufgrund des gegen sie ergangenen Feststellungsurteils bereits auf Zahlung an den Dritten zu klagen habe, nicht.

8. Im Zusammenhang mit dem Feststellungsurteil ist aber zu beachten:

Begehrt wird die Feststellung der Deckungspflicht für jene Ansprüche, die von den Auftraggebern der Klägerin dieser gegenüber im Verfahren 41 Cg 64/13i des Handelsgerichts Wien erhoben wurden. Im letztgenannten Verfahren wurde wiederum festgestellt, dass die Klägerin ihren Auftraggebern für sämtliche Schäden hafte, für welche diese im Verfahren 20 C 375/13t des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien verhalten wurden. In diesem Verfahren wurde mit Teilurteil die Haftung der Auftraggeber der Klägerin ihrer Mieterin gegenüber für alle aus der mangelhaften Isolierung der Garagenplatte über den Musikproberäumen resultierenden künftigen Schäden an den darunter befindlichen Musikproberäumen festgestellt. Mit Endurteil wurden die Auftraggeber der Klägerin zur Zahlung von 16.073,69 EUR und zum Ersatz der Verfahrenskosten von 17.099,78 EUR verurteilt.

Da das gegenständliche Begehren auf Feststellung der Deckungspflicht auf das im Verfahren 41 Cg 64/13i des Handelsgerichts Wien ergangene Feststellungsurteil und dieses wiederum auf die Urteile im Verfahren 20 C 375/13t des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien verweist, ist letztlich einerseits zu klären, welche Forderungen der Mieterin dem über das Zahlungsbegehren ergangenen Endurteil zugrunde lagen. Auf die im Zusammenhang mit den Sanierungskosten vorzunehmende Differenzierung wurde bereits verwiesen. Sollten von dem genannten Urteil aber auch darüberhinausgehende Forderungen umfasst sein, wären weitere Feststellungen erforderlich, die eine Zuordnung zu nicht versicherten Mangelnebenkosten oder zu versicherten Mangelfolgeschäden erlauben. Anderseits bezieht sich das dort ergangene Feststellungsurteil auf die Haftung für künftige Schäden, sodass die Klägerin zur Dartuung ihres rechtlichen Interesses an der Feststellung der Deckungspflicht in diesem Umfang zu konkretisieren hätte, inwieweit tatsächlich noch künftige Mangelfolgeschäden drohen könnten.

9. Im Hinblick auf die bisher nicht erfolgte und derzeit – mangels ausreichender Feststellungen – auch nicht mögliche Differenzierung zwischen Erfüllungssurrogat und Mangelfolgeschäden ist auch keine Zuordnung möglich, in welchem Umfang die bereits als Zahlungsanspruch geltend gemachten Verfahrenskosten gedeckte Mangelfolgeschäden betreffen.

10. Zusammengefasst erweist sich im Hinblick auf die aufgezeigte Ergänzungsbedürftigkeit der Feststellungen die Revision gegen das Teilurteil im Sinne des Aufhebungsantrags als berechtigt, der Rekurs gegen den im Ergebnis zutreffenden Aufhebungsbeschluss hingegen nicht.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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