European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00204.16F.1220.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Der Revisionswerber, der seine Schadenersatzansprüche mit der Behauptung begründet, die Beklagte als behördlich akkreditierte Zertifizierungsstelle für den Bereich der VO (EG) 834/2007 des Rates vom 28. 6. 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) 2092/91 habe schuldhaft und rechtswidrig das Zertifikat für die „Bio‑Hühner“ aus seinem Betrieb verspätet ausgestellt, stellt die Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht in Frage, dass es sich bei der Zertifizierung nach der genannten Verordnung um einen Akt der Hoheitsverwaltung handelt, weshalb er berechtigt wäre, Ersatzansprüche nach dem AHG zu erheben. Auf die Zurechnung zur Hoheitsverwaltung ist daher nicht einzugehen. Seine weitere Rechtsauffassung, man könne darüber hinaus auch – nach allgemeinem Zivilrecht – Schadenersatzansprüche aus Vertragsverletzung gegen eine mit hoheitlichen Aufgaben betraute juristische Person erheben, zu der eine vertragliche Beziehung bestehe, widerspricht allerdings der mittlerweile langjährigen Rechtsprechung des Fachsenats für Fragen der Amtshaftung.
2. Der Revisionswerber, der sich für seine Rechtsansicht, er könne Ersatzansprüche – neben der Haftung des Rechtsträgers nach dem AHG – auch gegen seinen Vertragspartner geltend machen, wenn es sich um eine juristische Person des Privatrechts handelt, die als beliehenes Unternehmen hoheitliche Tätigkeiten vorzunehmen hat, allein auf die in RIS‑Justiz RS0115014 wiedergegebene Judikatur beruft, übersieht offenbar, dass in diesem Zusammenhang schon vor längerer Zeit eine grundsätzliche Rechtsprechungsänderung stattgefunden hat. Der von ihm herangezogene Rechtssatz, mit dessen Grundlagen er sich allerdings nicht näher auseinandersetzt, weist für seinen Rechtsstandpunkt lediglich zwei Entscheidungen aus. Zu 1 Ob 25/01k (SZ 74/55) wurde argumentiert, es müsse dem Geschädigten möglich sein, einerseits den auf einen Vertrag gestützten Ersatzanspruch gegen den Schädiger, der kein Organ eines Rechtsträgers iSd § 1 Abs 2 AHG ist, und andererseits den Ersatz des durch das Organ des Rechtsträgers schuldhaft rechtswidrig verursachten Schadens im Wege der Amtshaftung gegen diesen geltend zu machen. Zu 1 Ob 188/02g (SZ 2003/28) wird ausgeführt, die sich aus einem Vertrag des Bankprüfers mit einem Kreditinstitut ergebende Haftung des von der Behörde in Pflicht genommenen Prüfers schließe eine Amtshaftung des Rechtsträgers für durch seine Organe schuldhaft rechtswidrig zugefügte Schäden nicht aus; da im dortigen Verfahren lediglich Amtshaftungsansprüche erhoben worden waren, bestand keine Veranlassung, sich mit der Haftung des Bankprüfers selbst näher auseinanderzusetzen.
Wie dargestellt, beruhte die seinerzeitige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auf der Annahme, es sei nicht ausgeschlossen, vertragliche Schadenersatzansprüche gegen den als juristische Person des Privatrechts organisierten beliehenen Unternehmer geltend zu machen, der „kein Organ eines Rechtsträgers iSd § 1 Abs 2 AHG ist“. Der Rechtsordnung sei keine Bestimmung zu entnehmen, die – außer § 9 Abs 5 AHG für eine Klage gegen ein Organ – anordnet, der Geschädigte könne den durch einen Hoheitsakt versuchten Schadenersatzanspruch nicht im ordentlichen Rechtsweg geltend machen. Damals ging die Rechtsprechung davon aus, als Organe iSd § 1 Abs 2 AHG kämen nur natürliche Personen in Betracht und auch der Anwendungsbereich des § 9 Abs 5 AHG sei auf diese beschränkt.
In Abkehr von der dargelegten älteren Rechtsprechung wird aber seit 1 Ob 176/08a (SZ 2009/30) judiziert, dass auch für Klagen gegen juristische Personen des Privatrechts, die für hoheitliches Handeln in Pflicht genommen oder beliehen wurden, – ebenso wie für Klagen gegen physische Personen als Organe – der Rechtsweg gemäß § 9 Abs 5 AHG unzulässig ist (RIS‑Justiz RS0124590). Dieser Rechtsprechung ist das Rekursgericht gefolgt. Da sich der Revisionsrekurswerber mit dieser, bereits gefestigten höchstgerichtlichen Rechtsprechung überhaupt nicht auseinandersetzt, zeigt er keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.
3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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