OGH 1Ob188/02g

OGH1Ob188/02g25.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien

I. zu AZ 31 Cg 18/96m des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien:

1. Helmut F*****, 2. Dr. Johann J*****, 3. Josef G*****, 4. Dr. Fritz H*****, 5. Karl K*****, 6. S*****, 7. Hans G*****, 8. Hans-Jürgen B*****, 9. Branko S*****

II. zu AZ 31 Cg 37/96f des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien:

1. Franz P*****, 2. Anna S*****, 3. Harald K*****, 4. Simo V*****, 5. Vladimir K*****, 6. DI Vlado R*****, 7. Nediljko J*****, und 8. Nougzar L*****

sämtliche vertreten durch Dr. Harald Christandl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Feststellung (Streitwert zu I. und II. je 36.336,42 EUR) infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. April 2002, GZ 14 R 207/01s-100, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Juli 2001, GZ 31 Cg 18/96m-92, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts im Ausspruch über die Begehren der zu AZ 31 Cg 18/96m und AZ 31 Cg 37/96f des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien klagenden Parteien wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, diesen klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit 13.850,26 EUR (darin 1.246,63 EUR Umsatzsteuer und 6.370 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagenden Parteien hielten Einlagen bzw Sparkonten bei einer Bank Aktiengesellschaft (in der Folge kurz Bank), über deren Vermögen am 17. 3. 1995 der Konkurs eröffnet wurde. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens ist keine vollständige Befriedigung der Gläubiger zu erwarten.

Die klagenden Parteien begehrten die Feststellung, dass ihnen die beklagte Partei für jene Schäden hafte, die sie "dadurch erleiden, dass sie keine gänzliche Befriedigung" ihrer im Konkurs der Bank "angemeldeten und anerkannten Forderungen erhalten". Ursache des Konkurses der Bank und damit der zu erwartenden Vermögenseinbußen der klagenden Parteien sei die mangelhafte Bankaufsicht durch das Bundesministerium für Finanzen.

Die beklagte Partei wendete ein, der Konkurs der Bank sei einzig und allein auf kriminelle Verhaltensweisen der Vorstandsmitglieder dieser Bank zurückzuführen, die für die Organe der Bankenaufsicht nicht erkennbar gewesen seien.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte fset, nach dem Fehlschlagen eines Spekulationsgeschäftes eines Kreditnehmers der Bank habe dieser ein "Kreditausfall" von 40 bis 50 Mio S gedroht, weil der Kredit nur ungenügend besichert gewesen sei. Die beiden Vorstandsmitglieder der Bank hätten daraufhin beschlossen, den Kreditnehmer mit allen Mitteln "wirtschaftlich am Leben zu erhalten" und den "Problemfall" vor den "Aufsichtsgremien", den Abschlussprüfern und auch der Bankenaufsicht verborgen zu halten. Die daraufhin gewährten Kredite seien in den Büchern der Bank nicht aufgeschienen und die maßgeblichen Unterlagen vor den Abschlussprüfern verborgen gehalten worden. Zur Aufklärung dieser Malversationen sei es erst 1995 gekommen, als der Wertpapierabteilung der Bank ein "korrigierter" Depotauszug einer drittverwahrenden Bank aufgefallen sei. Die gemäß § 24a KWG - ab Inkrafttreten der KWG-Novelle 1986 - vorgeschriebene interne Kontrolle sei nicht zureichend und ordnungsgemäß organisiert gewesen. Der für die Jahre 1988 bis 1992 von der Bank bestellte Abschluss- und Bankprüfer habe ab 1987 jährlich den Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses und den bankenaufsichtlichen Prüfbericht an das Bundesministerium für Finanzen erstattet. Zur internen Kontrolle sei im Wirtschaftsprüfungsbericht 1987 angeführt worden, dass deren Errichtung veranlasst worden und sie weiter im Ausbau begriffen sei. Im bankenaufsichtlichen Prüfbericht sei die Frage der Errichtung und Erfüllung der Prüfpflicht mit "Nein" bzw "Erläuterungsbedürftig" beantwortet worden. In den bankenaufsichtlichen Prüfberichten ab 1988 sei die Frage nach einer gesetzeskonformen Einrichtung der internen Kontrolle und der Erfüllung der Prüfpflichten durch diese stets bejaht worden. Der Bankprüfer habe 1987 somit die Ordnungswidrigkeit der internen Kontrolle erkannt, ab 1988 aber deren Ordnungsgemäßheit bestätigt, obwohl er die Ordnungswidrigkeit erkannt habe bzw diese (zumindest) hätte erkennen können. Diese Bestätigung der "Ordnungsmäßigkeit" für das Jahr 1988 und die Folgejahre habe im Bundesministerium für Finanzen zum Schluss geführt, dass die interne Kontrolle zwar verspätet, aber ordnungsgemäß eingerichtet worden sei, weshalb die schwerwiegende Ordnungswidrigkeit der internen Kontrolle ab 1988 für die Organe der Bankenaufsicht im Bundesministerium für Finanzen nicht erkennbar gewesen sei. Die kriminellen Verhaltensweisen der Vorstandsmitglieder und der Vorstandssekretärin seien auch der Grund für die Konkurseröffnung gewesen. Da die Malversationen in den Büchern nicht aufgeschienen seien, seien sie weder für den Bankprüfer noch für die Organe der Bankenaufsicht erkennbar gewesen. Eine ordnungsgemäß organisierte und funktionierende interne Kontrolle hätte sie jedoch mit "höchster Wahrscheinlichkeit" aufgedeckt. Es hätten keine Anhaltspunkte bestanden, aus denen die Organe der Bankenaufsicht auf jene kriminellen Verhaltensweisen, die schließlich zur Insolvenz der Bank führten, hätten schließen können. Falls der Bankprüfer ab 1988 den Organen der Bankenaufsicht mitgeteilt hätte, dass die interne Kontrolle der Bank nicht ordnungsgemäß organisiert sei, hätte dies zu Aufsichtsmaßnahmen geführt und wäre dadurch "mit hoher Wahrscheinlichkeit" die Eröffnung des Konkurses verhindert worden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Schutzzweck der Bestimmungen des KWG bzw BWG umfasse auch die Einleger bzw Sparer für den Fall, dass ein durch ungenügende Aufsichtsmaßnahmen der Organe der Bankenaufsicht verursachter Insolvenzfall zu einer Schädigung dieser Personen führe. Zwar falle den unmittelbar im Bundesministerium für Finanzen tätig gewesenen Organen der Bankenaufsicht kein Verschulden zur Last, doch sei ein solches dem Bankprüfer anzulasten, der Organ im Sinne des § 1 AHG sei. Die vom Bankprüfer vorzunehmenden Anzeigen seien als "formneutrale Realakte" zu qualifizieren, die der Vorbereitung hoheitlicher Formalakte des Bundesministeriums für Finanzen als Bankenaufsichtsbehörde dienten; daher seien diese Akte dem Rechtsträger zuzurechnen. Dass der Bankprüfer auch persönlich (vertraglich) der Bank gegenüber hafte, schließe seine Organstellung nicht aus.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000, nicht aber 20.000 EUR übersteige und dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei. Bankprüfer seien keine Organe der Bankenaufsicht, weshalb das Fehlverhalten des Bankprüfers nicht der beklagten Partei zugerechnet werden könne. Die mangelnde Organeigenschaft ergebe sich aus mehreren Überlegungen:

Die Bestellung des Bankprüfers erfolge durch das jeweilige Kreditinstitut und nicht durch die zur Bankenaufsicht berufene Behörde, der lediglich ein Widerspruch im Sinne des § 270 Abs 3 HGB zustehe. Wenngleich der Bankprüfer weiterreichende Aufgaben als ein sonstiger Abschlussprüfer einer Kapitalgesellschaft habe, sei daraus nicht der Schluss zu ziehen, dass der Bankprüfer in diesen Angelegenheiten in erster Linie Vertrauensperson des Bundesministeriums für Finanzen (als Aufsichtsbehörde) sei. Nur wenn die Bankenaufsicht selbst den Bankprüfer bestellt, um die "bankenaufsichtlichen Überwachungsbefugnisse gemäß § 70 Abs 1 Z 1 BWG vornehmen zu lassen", werde dieser eigens mit Aufgaben im Rahmen der Bankenaufsicht beauftragt und sei dessen Tätigkeit dann der beklagten Partei zuzurechnen. Im Falle der Bestellung durch das Kreditinstitut selbst fehle es aber an einem Weisungsrecht der Bankenaufsicht gegenüber den Bankprüfern. Der Bankprüfer habe keine mit der Stellung eines Amtssachverständigen vergleichbare Funktion; die Bankenaufsicht sei an die Prüfungsergebnisse der Bankprüfer auch rechtlich nicht gebunden. Bei Vernachlässigung seiner Pflichten begehe der Bankprüfer eine Verwaltungsübertretung, und es wäre sinnwidrig, ein Organ im Sinne des AHG einer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung zu unterziehen.

Dennoch sei das Verfahren nicht spruchreif, sondern ergänzungsbedürftig. Die klagenden Parteien hätten nämlich insbesondere die Feststellung gerügt, es bestünden keine Anhaltspunkte, aus denen die Organe der Bankenaufsicht auf die kriminellen Verhaltensweisen, die zur Insolvenz der Bank geführt hätten, hätten schließen können; es sei in mehrfacher Hinsicht eine mangelhafte Aufsicht durch die Organe der beklagten Partei vorgelegen. Das Vorbringen der klagenden Parteien sei vom Erstgericht nur äußerst kursorisch behandelt und begründet worden, obwohl umfangreiche Beweisergebnisse hiezu vorlägen. Dies bedinge die Aufhebung des Ersturteils, und das Erstgericht werde sich mit den Vorwürfen der klagenden Parteien, dass sich die Organe der Bankenaufsicht selbst - und nicht (nur) der Abschlussprüfer - im vorliegenden Fall rechtswidrig und schuldhaft verhalten und so die Schädigung der klagenden Parteien herbeigeführt hätten, auseinandersetzen müssen.

Der Rekurs der klagenden Parteien ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Organstellung des Bankprüfers zu Unrecht verneint:

Vorweg ist klarzustellen, dass die der Bankenaufsicht bzw dem Bankprüfer zur Last gelegten Verhaltensweisen zumindest großteils noch nach den Bestimmungen des KWG zu beurteilen sind, sind doch die von den Klägern beanstandeten Prüfmaßnahmen jedenfalls zum großen Teil noch vor Inkrafttreten des BWG getroffen worden; Gleiches gilt für die angelasteten Unterlassungen. Da die hier maßgeblichen (Vorläufer)Bestimmungen des KWG aber inhaltlich mit jenen des BWG zur Gänze übereinstimmen, erscheint es sinnvoll, die rechtliche Beurteilung auf der Grundlage der bis zur Einrichtung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) durch das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG), BGBl I 2001/97 - soweit hier bedeutsam, geändert durch BGBl I 2002/45 - geltenden Bestimmungen des BWG vorzunehmen und lediglich fallweise auf die Vorläuferbestimmungen zu verweisen. Ob die beklagte Partei auch für schuldhaft rechtswidriges, der seit 1. 4 2002 für die Bankenaufsicht zuständigen FMA - einer nunmehr weisungsfreien Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 1 Abs 1 FMABG idFd BGBl I 2002/45) - zuzurechnendes Organverhalten einzustehen hätte, muss hier nicht geprüft werden.

Gemäß § 69 BWG in der hier anzuwendenden Fassung (auf die sich sämtliche Zitate aus dem BWG in der Folge beziehen) (§ 25 KWG) unterlagen alle inländischen Banken der Aufsicht durch den Bundesminister für Finanzen. Dieser hatte die Einhaltung der Vorschriften des BWG und anderer für den Geld- bzw Kreditverkehr maßgeblicher Gesetze zu überwachen und dabei auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Bankwesen und an der Finanzmarktstabilität Bedacht zu nehmen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben konnte er gemäß § 70 BWG (§ 25 KWG) unter anderem durch Bankprüfer alle erforderlichen Prüfungen vornehmen lassen, von diesen Prüfungsberichte und Auskünfte einholen, aber auch eigene Prüfer mit der Prüfung von Kreditinstituten beauftragen. Zweck der Bankenaufsicht ist nicht nur eine formale, sondern eine inhaltliche, somit bankwirtschaftliche Prüfungstätigkeit. Durch das Instrument der Bankenaufsicht sollen auch Anleger (Sparer) vor Verlusten geschützt werden, insbesondere soll sie dazu dienen, der Insolvenz von Banken entgegen zu wirken, indem Missstände rechtzeitig erkannt und abgestellt sowie drohende Gefahren abgewendet werden (ÖBA 1996, 549; SZ 60/33; JBl 1987, 386). Die Unterlassung einer ordnungsgemäßen Bankenaufsicht kann Amtshaftungsansprüche der geschädigten Gläubiger gegen den Bund zur Folge haben (SZ 60/33; JBl 1987, 386). Daraus folgt, dass die unmittelbar bei der Aufsichtsbehörde tätigen Personen und auch die von dieser Behörde unmittelbar betrauten Bankprüfer jedenfalls Organe im Sinne des § 1 Abs 2 AHG sind, für deren schuldhaft rechtswidriges Verhalten die beklagte Partei haftet.

Im vorliegenden Fall ist der Bankprüfer, dem rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten anzulasten ist, und der hiefür auch zur Verantwortung gezogen wurde (ÖBA 2001, 560), von der Bank (vertraglich) bestellt und nicht unmittelbar vom Bundesminister für Finanzen beauftragt worden. Es stellt sich daher vorliegendenfalls mit aller Schärfe die Frage, ob dieser Bankprüfer dennoch als Organ im Sinne des § 1 Abs 2 AHG zu beurteilen ist:

Gemäß § 63 Abs 1 BWG (§ 24 Abs 6 KWG) war (und ist) die Bestellung eines Bankprüfers der Aufsichtsbehörde unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Diese konnte (und kann) gegen die Bestellung eines Bankprüfers Widerspruch im Sinne des § 270 Abs 3 HGB erheben. Über den Widerspruch entschied (und entscheidet) das Gericht unter Berücksichtigung allenfalls vorliegender Ausschließungsgründe. Beim Bestellungsvorgang kommt der Aufsichtsbehörde somit keine ausschlaggebende Rolle zu: So kann sie den Bankprüfer nicht etwa nach freiem Ermessen ablehnen, sondern lediglich einen in der Person des gewählten Prüfers liegenden wichtigen Grund, insbesondere dessen mögliche Befangenheit, geltend machen, um dessen Bestellung abzuwenden. Sie hat aber keinerlei Entscheidungsbefugnis, vielmehr obliegt diese dem Gericht. Der ihr in § 63 Abs 1 BWG (§ 24 Abs 6 KWG) eingeräumte Einfluss auf die Bestellung des Bankprüfers reicht demnach für sich nicht aus, um den vom Kreditinstitut selbst bestellten Prüfer als Organ der beklagten Partei im Sinne des § 1 Abs 2 AHG beurteilen zu können. Dass der Gesetzgeber offensichtlich bewusst den Weg wählte, der Aufsichtsbehörde gegen die Bestellung des Bankprüfers bloß ein Widerspruchsrecht einzuräumen, weil er die nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften bestellten Abschlussprüfer aus verwaltungsökonomischen Gründen auch für bankaufsichtliche Prüfungen heranziehen, aber nicht zu Organen der Aufsichtsbehörde machen wollte (934 BlgNR 16. GP 37), kann für sich allein die Organeigenschaft allerdings nicht ausschließen, kommt es doch vielmehr entscheidend darauf an, ob der Bankprüfer tatsächlich in den "hoheitlichen Meinungsbildungsprozess" eingebunden wird (vgl SZ 58/42).

Nach dem hier vorliegenden Sachverhalt bediente sich die Aufsichtsbehörde - und damit die beklagte Partei - iSd § 70 Abs 1 Z 1 BWG der Mitwirkung eines "privaten" Bankprüfers, um ihre öffentlichen Aufgaben der Bankaufsicht zu erfüllen. In einem solchen Fall ist unter bestimmten Voraussetzungen hoheitliches Handeln der Hilfsperson anzunehmen, so dass dieser dann die Stellung eines Organs im Sinne des § 1 Abs 2 AHG zukommt und die Haftung des Rechtsträgers, für den die Tätigkeit entfaltet wird, zu bejahen ist. Für die Betrauung mit Aufgaben der Vollziehung ist es wesentlich, dass die handelnde Person mit Befugnissen ausgestattet ist, die ihr die Möglichkeit geben, hoheitliche Handlungen zu setzen. Sie muss aber dem Dritten gegenüber nicht selbst hoheitlich handeln, sondern es genügt ein Verhalten im Dienst der Erreichung hoheitlicher Zielsetzung. Ob die Privatperson mit Hoheitsrechten mit der Verpflichtung, diese wahrzunehmen, beliehen und dadurch mit der Kompetenz, über die Erlassung von Hoheitsakten selbständig zu entscheiden, ausgestattet oder bloß in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eingebunden wird, um andere Organe bei deren Besorgung hoheitlicher Aufgaben zu unterstützen oder zu entlasten, ohne dass damit eine Kompetenz zur Setzung von Hoheitsakten kraft selbständiger Entschließung verbunden wäre, ist dabei gleichgültig, weil in jedem Fall eine Heranziehung von Privatpersonen zur Besorgung hoheitlicher Aufgaben und damit deren Organstellung zu bejahen ist. Bedeutsam ist lediglich, dass der Dritte eine Aufgabe zu besorgen hat, die infolge eines engen Sachzusammenhangs im Dienst der Erreichung der hoheitlichen Zielsetzung steht. Dem Dritten muss zumindest unterstützende Mitwirkung bei der Besorgung der hoheitlichen Aufgaben zukommen (JBl 2001, 722 mwN = ÖZW 2002, 60 mit kritischer, jedoch die amtshaftungsrechtliche Judikatur zu den Realakten verkennender Glosse von Kucsko-Stadelmayer; vgl dazu nur Schragel, AHG2 Rz 79 ff unter Berufung auf dort zitierte Judikatur des Bundesgerichtshofs).

Unmittelbares selbständiges hoheitliches Handeln des Bankprüfers könnte nur darin gelegen sein, dass er der Bank gemäß § 63 Abs 3 BWG (§ 24 Abs 8 KWG) zur Behebung geringfügiger Mängel eine drei Monate nicht übersteigende Frist zu setzen hat. In der Wahrnehmung dieser Verpflichtung ist aber für sich allein noch keine hoheitliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs 2 AHG zu erkennen: Die Aufforderung zur Mängelbehebung dient nämlich lediglich dazu, behördliche (hoheitliche) Maßnahmen erst gar nicht zu veranlassen, doch ist die Anzeige an die Bankenaufsicht für den Fall der fristgerechten Behebung der aufgezeigten geringfügigen Mängel überhaupt nicht zu erstatten.

Andererseits wird der Bankprüfer aber durch die im § 63 Abs 3 BWG (§ 24 Abs 8 KWG) normierte Anzeigepflicht von der Aufsichtsbehörde "in die Pflicht genommen". Er hat nämlich unter gewissen Voraussetzungen der Aufsichtsbehörde bestimmte Tatsachen unverzüglich schriftlich anzuzeigen, insbesondere wenn er für die Bankenaufsicht maßgebliche gesetzliche oder sonstige Vorschriften oder Bescheide für verletzt erachtet. Insoweit bedient sich die Bankenaufsicht zur Erfüllung ihrer Aufgaben in ganz entscheidender Weise des vom Kreditinstitut vertraglich bestellten Bankprüfers.

Gleiches muss für die dem Bankprüfer auferlegte Verpflichtung, das Ergebnis der Jahresabschlussprüfung gemäß § 63 Abs 5 BWG (§ 24 Abs 10 KWG) in einen gesonderten bankaufsichtlichen Prüfungsbericht aufzunehmen und diesen den nach dem Gesetz bestehenden Aufsichtsorganen der Kreditinstitute zu übermitteln, gelten. Dieser durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen geregelte bankaufsichtliche Prüfungsbericht (BGBl 1994/119 idF BGBl 1999 II/378) dient der Behörde, um ihre durch das BWG geregelten Verpflichtungen der Bankaufsicht erfüllen zu können. Dieser bankaufsichtliche Prüfungsbericht wird somit im Dienst der Erreichung der hoheitlichen Zielsetzung (Bankenaufsicht) erstattet, sodass der Bankprüfer durch die Wahrnehmung dieser Aufgabe zumindest unterstützend bei der Besorgung der hoheitlichen Aufgaben der Aufsichtsbehörde mitwirkt. Begnügt sich diese - aus welchem Grunde immer - mit dem vom Bankprüfer erstatteten bankaufsichtlichen Prüfungsbericht, um ihrer im § 69 BWG normierten Überwachungsfunktion nachzukommen, so ist nicht daran zu zweifeln, dass der diesen Prüfungsbericht erstattende Bankprüfer in den "hoheitlichen Meinungsbildungsprozess" eingebunden wurde, weil der Bankprüfer gerade durch diese Tätigkeit die nach dem Gesetz zur Überwachung berufene Behörde unterstützt und entlastet.

Sofern die Aufsichtsbehörde aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht über einen angemessenen eigenen Prüferstab verfügt und deshalb die bankaufsichtlichen Prüfungsberichte der Bankprüfer heranzieht, um ihrer Überwachungsfunktion nachzukommen (vgl 934 BlgNR 16. GP 37), wird der Bankprüfer in die Besorgung hoheitlicher Aufgaben in augenfälliger Weise und ganz entscheidend eingebunden. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Bankprüfer erst auf Grund des ihm vom Kreditinstitut erteilten Auftrags zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Jahresabschlusses verpflichtet ist, den bankaufsichtlichen Prüfungsbericht zu erstatten. Dieser Bericht stellt nämlich ein ganz wesentliches Hilfsmittel für die Behörde dar, um auf dessen Grundlage allenfalls nötige Maßnahmen im Rahmen der Bankenaufsicht zu treffen. Der Umstand, dass der Bankprüfer organisatorisch nicht in die Aufsichtsbehörde eingebunden ist und dass er materiell bei Erstattung des bankaufsichtlichen Prüfungsberichts keiner Weisung durch die Aufsichtsbehörde unterliegt, kann nichts daran ändern, dass er eine im Dienst der Erreichung der hoheitlichen Zielsetzung gelegene Aufgabe zu besorgen hat. Die Rechtsprechung hat die einschreitenden physischen Personen nicht nur beliehener Unternehmer, wie der Österreichischen Nationalbank (§ 7 NBG; SZ 69/132) und der gemäß § 57a KfG ermächtigten Vereine und gewerblichen Unternehmer (SZ 54/19; JBl 1991, 180), sondern auch jener Unternehmer, die im Auftrag eines anderen Organs mit der Ersatzvornahme im Zuge von Vollstreckungsmaßnahmen (SZ 51/126) bzw mit der Abschleppung verkehrsbehindernd abgestellter Fahrzeuge (vgl VfSlg 7854/1976; Schragel aaO Rz 32) betraut sind oder Transporte als "ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan" begleiten (SZ 68/220), der Gasversorger bei der Überprüfung von Gasanlagen iSd §§ 6 und 6a Wr GasG (SZ 69/188), der akkredidierten Kesselprüfstellen (JBl 2001, 723), ja sogar denjenigen, dem Strafgefangene zur Arbeitsleistung im gelockerten Vollzug zugewiesen wurden (SZ 69/132), als Organe iSd § 1 Abs 2 AHG beurteilt. Bei all diesen Personen kann von einer organisatorischen Eingliederung in den Rechtsträger keine Rede sein.

Dass der Bankprüfer bei seiner zukunftsorientierten Prüfung dahin, ob er die Funktionsfähigkeit der Bank oder die Erfüllbarkeit von deren Verpflichtungen für nicht mehr gewährleistet erachtet, seine Tätigkeit im Dienste der Ziele der Bankenaufsicht entfaltet, kann auch der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (ÖBA 2000, 337) entnommen werden (vgl. auch 1 Ob 103/02g).

Auch die fehlende Bindung an Weisungen steht diesem Ergebnis nicht entgegen, hat der erkennende Senat die Amtshaftung des Bundes doch auch auf die Besorgung hoheitlicher Aufgaben durch die insoweit weisungsfrei gestellte Österreichische Nationalbank ausgedehnt, ganz abgesehen davon, dass der Bund auch für fehlerhafte Akte der Gerichtsbarkeit amtshaftungsrechtlich einzustehen hat, deren Organen die Unabhängigkeit bei der Wahrnehmung deren Aufgaben verfassungsrechtlich umfassend garantiert ist (SZ 69/191). Im Übrigen kommen Weisungen bei Organen, die mit der Ermittlung von Sachverhaltsgrundlagen betraut sind oder werden (vgl dazu VwGH in ÖBA 2000, 337), die zum Anlass bzw zur Grundlage von weiteren behördlichen Vorkehrungen gemacht werden können, wohl schon begrifflich nicht in Betracht, soweit es um deren Richtigkeit geht.

Die sich aus dem Vertrag des Bankprüfers mit dem Kreditinstitut ergebende Haftung des von der Behörde in Pflicht genommenen Prüfers schließt eine Amtshaftung des Rechtsträgers für durch seine Organe schuldhaft rechtswidrig zugefügte Schäden nicht aus (vgl JBl 2001, 722). Für die Haftung der beklagten Partei ist es daher auch bedeutungslos, dass der im vorliegenden Fall für die beklagte Partei tätig gewordene Bankprüfer auf Grund seiner vertraglichen Haftung als Abschlussprüfer rechtskräftig zur Zahlung von 5 Mio S verurteilt wurde (Fall der in ÖBA 2001, 560 veröffentlichten Entscheidung).

Letztlich versagt auch der Einwand der beklagten Partei, die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bankprüfers (§ 99 Z 10 BWG) bedeute, dass dieser nicht als Organ der Aufsichtsbehörde angesehen werden könne. Ob es systemgerecht ist, den Bankprüfer bei Verletzung der ihm obliegenden Anzeigepflicht gemäß § 63 Abs 3 BWG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich zu machen, kann dahingestellt bleiben. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit kann jedenfalls nicht zur Folge haben, dass eine von der Behörde bei der Besorgung ihrer hoheitlichen Aufgaben "in Pflicht genommene" Privatperson, die Aufgaben im Dienst der Erreichung hoheitlicher Zielsetzung zu besorgen hat, schon deshalb nicht als bei der Mitwirkung und Besorgung hoheitlicher Aufgaben tätiges Organ angesehen werden könnte.

Der erkennende Senat teilt deshalb im Ergebnis die Ansicht Krejcis (Amtshaftung für Bankprüfer, in ÖBA 1998, 16 ff), es sprächen "gute Gründe" dafür, dass der Bankprüfer, der einen bankaufsichtlichen Prüfungsbericht erstellt und diesen pflichtgemäß der Aufsichtsbehörde übermittelt, amtshaftungsrechtlich als Organ der beklagten Partei zu verstehen sei. Völlig unverständlich ist freilich seine versteckt polemische Bemerkung, der Oberste Gerichtshof werde sich schon deshalb nicht leicht davon überzeugen lassen, dass die Amtshaftung bei Fehlleistungen bei Bankprüfern zu bejahen sei, weil die "Subsumtion der Bankprüfer unter den amtshaftungsrechtlichen Organbegriff weitreichende, fiskalpolitisch wohl unerwünschte Folgewirkungen auch in anderen Bereichen staatlichen Handelns unter Heranziehung Privater zeitigen kann". Die Unterstellung solcher sachfremder Motive ist zurückzuweisen und zeugt auch von wenig tiefgehendem Studium der amtshaftungsrechtlichen Judikatur. Den gegenteiligen Stellungnahmen im Schrifttum (Herbst, Organe der Bankaufsicht und Amtshaftung, in ÖBA 1998, 278; Vavrovsky, Zur Haftung des Bankprüfers, in ÖBA 2001, 577 [587]; Aspetsberger, Bankaufsicht, 88 f; Pauger, Österreichisches Bankrecht, 95), die Argumenten der mangelnden organisatorischen Einbindung, der Weisungsfreiheit, der fehlenden Bindung der Behörde und der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung des Bankprüfers - zu Unrecht - ausschlaggebendes Gewicht beimessen wollen, ist aus den zuvor angestellten Erwägungen entgegenzutreten; Herbst - dessen Aufsatz die einzige eingehende Äußerung zu der hier interessierenden Frage ist - übergeht die Judikatur des erkennenden Senats zur beliehenen und in die Pflicht genommenen Person, Paugers Stellungnahme (aaO 95, 101) ist - worauf Krejci (aaO 17) zutreffend verweist - widersprüchlich, und Aspetsberger (aaO 39) zählt die Bankprüfer immerhin zu den "Mitteln der laufenden Aufsicht".

Die vom Berufungsgericht verfügte Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung erweist sich demnach als entbehrlich, sodass in Stattgebung des Rekurses der beklagten Partei die Entscheidung des Erstgerichts in Ansehung der verbliebenen klagenden Parteien wiederherzustellen ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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