OGH 9ObA25/16s

OGH9ObA25/16s29.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Dr. Gerda Hörhan‑Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Robert Kugler, Mag. Michael Wohlgemuth, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei R*****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 75.417,72 EUR sA, über die Revisionen der klagenden Partei (Revisionsinteresse 38.813,50 EUR sA) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse 28.502,22 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 10. Dezember 2015, GZ 6 Ra 86/15m‑40, mit dem den Berufungen der klagenden Partei und der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 15. Juli 2015, GZ 32 Cga 219/12k‑32, nicht bzw teilweise Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00025.16S.1129.000

 

Spruch:

Den Revisionen der klagenden und der beklagten Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang des Zuspruchs von 8.100 EUR brutto samt 4 % Zinsen ab 1. 12. 2012 unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Begründung:

Der Kläger ist seit 1. 11. 1980 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Am 28. 7. 2008 wurde ihm gegenüber die fristlose Entlassung ausgesprochen. In einem vom Kläger angestrengten Gerichtsverfahren wurde diese Entlassung für rechtsunwirksam erklärt. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Bis zur Entlassung stand dem Kläger ein Dienstwagen, zuletzt ein BMW 530 Touring Diesel, zur Verfügung, den er auch privat nutzen durfte. Auf Aufforderung der Beklagten stellte er das Fahrzeug im Zuge der Entlassung zurück.

Von der Entlassung bis Ende Jänner 2009 nutzte er ein ihm von einem Bekannten überlassenes Fahrzeug. Im Februar 2011 wurde dafür eine Rechnung ausgestellt, in der eine Kilometerleistung von 20.784 km festgehalten wurde. Ob eine Vereinbarung über eine Zahlung getroffen wurde, ist nicht feststellbar, eine solche erfolgte jedenfalls bislang nicht. Im Jänner 2009 erwarb der Kläger einen Golf Highline TDI als Neuwagen, den er seit damals nutzte. Im Februar 2011 wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von ca 72.000 km auf. Zwischen März 2011 und Februar 2013 fuhr der Kläger ca 46.000 km. Jedenfalls ab März 2011 ist ihm wieder gestattet, die Firmentankstelle zu nutzen. Seit Dezember 2013 steht ihm wieder ein Dienstwagen zur Verfügung, ein Pkw der Marke Mercedes, A‑Klasse, 220 CDI.

Im Mai 2011 wurde dem Kläger von der Beklagten ein Bruttobetrag von 13.500 EUR, netto 6.819,86 EUR, als Ersatz für die Nutzung eines Fahrzeugs bezahlt.

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage 75.415,72 EUR sA als Äquivalent für den Entzug des Dienstwagens. Diesen habe er ohne Führung eines Fahrtenbuchs uneingeschränkt und überwiegend privat nutzen dürfen. Die Zurverfügungstellung des Fahrzeugs habe einen wesentlichen Entgeltbestandteil dargestellt. Für sämtliche Kosten sei die Beklagte aufgekommen. Im Abstand von zwei bis drei Jahren sei es zum Eintausch des Fahrzeugs gegen ein neuwertiges anderes Fahrzeug gekommen. Das letzte dieser Fahrzeuge habe zum Zeitpunkt der Entlassung des Klägers einen Kilometerstand von rund 120.000 aufgewiesen, der zu drei Viertel auf Privatnutzung zurückzuführen gewesen sei. Im Zuge der Entlassung habe er den Wagen zurückstellen müssen. Vom 28. 7. 2008 bis 31. 1. 2009 sei ihm ein Fahrzeug leihweise zur Verfügung gestellt worden, wofür er vereinbarungsgemäß amtliches Kilometergeld von 0,42 EUR pro Kilometer zu zahlen habe. Für diesen Zeitraum stünden ihm für eine Fahrleistung von 20.784 km 8.714,16 EUR zu. Im Jänner 2009 habe er einen PKW Golf angeschafft, bis 21. 2. 2011 habe er damit 71.943 km zurückgelegt. Unter Zugrundelegung des amtlichen Kilometergeldes errechne sich ein Betrag von 30.216,06 EUR. Abzüglich der von der Beklagten geleisteten Zahlung von 6.819,86 EUR ergebe sich eine Forderung von insgesamt 32.110,36 EUR.

Dem Ersatzanspruch sei nicht die Sachbezugswerteverordnung zugrunde zu legen, vielmehr sei ein entsprechendes Äquivalent als Abgeltung des Naturalbezugs zu leisten, wofür das amtliche Kilometergeld eine angemessene Grundlage biete. Die begehrte Geldersatzleistung stelle lohnsteuerpflichtiges Entgelt dar. Der Wert der entgangenen Nutzung habe sich an dem konkreten Schaden zu orientieren. Für die Höhe des Anspruchs sei maßgebend, welchen Betrag er für die Anschaffung und Nutzung eines vergleichbaren Wagens am freien Markt aufwenden müsse. Für den Zeitraum von März 2011 bis November 2012 habe er einen Entgeltanspruch von weiteren 43.305,36 EUR netto. Unter Berücksichtigung des Anschaffungswerts eines vergleichbaren Kfz von rund 70.000 EUR und einer regelmäßigen Verwendungsdauer von drei Jahren liege der monatliche Mietaufwand bei einer durchschnittlichen jährlichen Kilometerleistung von 35.000 km bei 2.062,16 EUR monatlich. Dieser Betrag sei für den Entzug des Naturalbezugs heranzuziehen, wobei die Bewertung dem freien richterlichen Ermessen unterliege.

Verjährung sei nicht eingetreten, die Beklagte habe die geltend gemachten Kilometergeldansprüche ausdrücklich anerkannt.

Die Beklagte bestritt und brachte vor, das Dienstfahrzeug sei dem Kläger primär zu dienstlichen Zwecken zur Verfügung gestellt worden. Ausgehend von einer durchschnittlichen jährlichen Kilometerleistung von ca 53.500 km habe der Kläger das Fahrzeug nur zu etwa 30 % für private Fahrten genutzt. Ab der Wiederaufnahme der Tätigkeit nach Beendigung des Anfechtungsverfahrens habe der Kläger kein Firmenfahrzeug mehr benötigt. Er habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Beklagte auch dann die Kosten für die Bereitstellung eines Fahrzeugs übernehme, wenn Dienstreisen nicht mehr notwendig seien. Die Forderung des Klägers sei daher schon aus diesem Grund unberechtigt. Für den exakt kaum fassbaren Mehraufwand durch die Privatnutzung sei der amtliche Sachbezugswert als Richtlinie heranzuziehen. Ein entsprechender Betrag von 13.500 EUR brutto für den Zeitraum August 2008 bis Juli 2010 sei bezahlt worden. Durch die leihweise Zurverfügungstellung eines Fahrzeugs seien dem Kläger überhaupt keine Kosten angefallen. Die Geltendmachung eines Mietaufwands ausgehend vom Anschaffungswert eines Luxuswagens sei nicht nachvollziehbar. Ansprüche, die mehr als drei Jahre zurücklägen, seien verjährt. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation hätte der Kläger nach Juli 2008 nur ein günstigeres Dienstfahrzeug erhalten. Das Entgelt diene nur der Abgeltung der Privatfahrten. Den Treibstoff erhalte der Kläger ohnehin von der Beklagten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 40.196,20 EUR netto sA statt, das Mehrbegehren von 35.219,52 EUR sA wies es ab.

Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht nicht, der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das erstinstanzliche Urteil dahingehend ab, dass die Beklagte schuldig sei, dem Kläger 36.602,22 EUR netto sA zu zahlen, das Mehrbegehren von 38.813,50 EUR netto sA wies es ab.

Ausgehend von dem weiten Entgeltbegriff des Arbeitsrechts stelle auch die unentgeltliche Überlassung eines Kraftfahrzeugs zur privaten Nutzung einen geldwerten Vorteil und damit Entgelt dar. Das vom Kläger begehrte amtliche Kilometergeld als Pauschalabgeltung aller Kosten, die durch die Verwendung eines privaten Kraftfahrzeugs für Fahrten im Zuge einer Dienstreise anfallen, biete eine taugliche Grundlage, um dem von der Rechtsprechung geforderten Äquivalent gerecht zu werden. Dabei sei irrelevant, dass eine Vereinbarung eines Entgelts für die Zurverfügungstellung eines Fahrzeugs für den Zeitraum bis Ende Jänner 2009 nicht nachgewiesen habe werden können. Der Schaden sei mit dem Entzug des Fahrzeugs eingetreten. Allfällige Leistungen durch die unentgeltliche Zurverfügungstellung des Fahrzeugs sollten nicht zu einer Begünstigung der Beklagten führen, weil durch eine allfällige Schadensverlagerung vom Geschädigten auf einen Dritten der Schädiger nicht von seiner Ersatzpflicht befreit werden sollte. Für diesen Zeitraum stünden daher für die festgestellte Kilometerleistung die geltend gemachten 8.714,16 EUR zu. Auch für den nachfolgenden Zeitraum sei vom amtlichen Kilometergeld für die Kilometerleistung von 71.943 km auszugehen. Die geleistete Zahlung von 13.500 EUR brutto sei mit diesem Bruttobetrag in Anrechnung zu bringen, da sämtliche Geld‑ und Sachbezüge der Lohnsteuer‑ und Sozialversicherungspflicht unterlägen. Damit stünden dem Kläger bis Februar 2011 25.430,22 EUR (netto) zu. Ein fiktiver Mietaufwand sei dagegen nicht zu ersetzen. Abgesehen davon, dass der Kläger das von ihm angeschaffte Fahrzeug weiter benutzt habe, könnten nicht die Kosten eines Fahrzeugs zuerkannt werden, das nie in Gebrauch gestanden habe. Vielmehr sei auch bis November 2012 davon auszugehen, dass Kilometergeld ausgehend von einer Kilometerleistung von 39.900 km zu ersetzen sei. Davon sei nach § 273 Abs 1 ZPO ein Abzug von einem Drittel vorzunehmen, weil der Kläger in dieser Zeit das Fahrzeug über die Firmentankstelle habe betanken können.

Eine Verjährung von Ansprüchen sei nicht eingetreten. Die Verjährungsfrist beginne grundsätzlich nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen. Sie werde regelmäßig erst mit Kenntnis des Schadens und des Ersatzpflichtigen in Gang gesetzt. Die Beweispflicht dafür treffe den, der sich auf Verjährung berufe. Die Beklagte habe jedoch kein ausreichend konkretes Vorbringen zur Beurteilung der Verjährung erstattet. Auch sei der Schaden zwar mit dem Entzug des Fahrzeugs eingetreten, nach der Judikatur sei jedoch bei erfolgreicher Anfechtung einer Entlassung das Entgelt für die Dauer des Verfahrens nachzuzahlen. Durch das anhängige Anfechtungsverfahren sei der Kläger im Ungewissen gewesen, ob überhaupt ein ersatzfähiger Schaden entstanden sei und er diesen mit Aussicht auf Erfolg geltend machen könne. Erst mit Ende des Anfechtungsverfahrens habe darüber Klarheit bestanden und beginne daher die Verjährungsfrist zu laufen. Insgesamt stünden daher dem Kläger 36.602,22 EUR netto sA zu.

Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, da sowohl zur Verjährungsproblematik als auch zurFrage, ob im Fall des Entzugs eines Dienstwagens mit unbeschränkter Privatnutzung Kilometergeld ein angemessenes Äquivalent bilde, Rechtsprechung fehle.

Gegen die Abweisung eines Betrags von 38.813,50 EUR sA richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, dem Klagebegehren vollinhaltlich stattzugeben. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Gegen die Klagsstattgebung im Umfang von 28.502,22 EUR sA richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, dass dem Kläger nur ein Betrag von 8.100 EUR brutto samt 4 % Zinsen seit 1. 12. 2012 zuerkannt wird.

Die Parteien beantragen, der Revision der Gegenseite jeweils nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig und im Sinn des – jedem Abänderungsantrag immanenten Aufhebungsantrags – auch berechtigt.

Da hinsichtlich beider Revisionen die gleichen Rechtsfragen zu beurteilen sind, werden sie im Folgenden gemeinsam behandelt.

1. Eine Aktenwidrigkeit liegt grundsätzlich in einem Widerspruch zwischen Akteninhalt und darauf beruhenden wesentlichen Tatsachenfeststellungen, der nicht Ergebnis eines richterlichen Werturteils ist. Sie liegt vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen wurden, also auf einem Irrtum beruhen, der aus den Prozessakten selbst erkennbar und behebbar ist. Die vom Kläger als aktenwidrig gerügte Feststellung wurde vom Erstgericht basierend auf der Aussage des Klägers getroffen und vom Berufungsgericht unter Bewertung dieser Aussage nicht als Wiedergabe des Kilometerstandes, sondern als während einer bestimmten Periode gefahrener Kilometer übernommen. Sie gründet daher auf eine in der Revision nicht mehr anfechtbaren Beweiswürdigung, nicht auf einer Aktenwidrigkeit.

2. Richtig hat das Berufungsgericht dargelegt, dass der Begriff „Entgelt“ weit auszulegen ist. Er umfasst im Sinn des auf dem Gebiet des Arbeitsrechts allgemein üblichen Sprachgebrauchs jede Leistung, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dafür bekommt, dass er ihm seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, also neben dem eigentlichen Gehalt oder Lohn auch alle anderen, ordentlichen oder außerordentlichen Bezüge, darunter auch alle Arten von Naturalleistungen des Arbeitgebers zum Gesamtentgelt (RIS‑Justiz RS0030847).

Können Naturalleistungen während des Arbeitsverhältnisses nicht in Anspruch genommen werden, sind sie mit Geld abzulösen (RIS‑Justiz RS0103306). Ein Geldersatz als Entgeltdifferenz steht auch dann zu, wenn der Arbeitnehmer an der Inanspruchnahme gehindert wird, da der Naturalbezug seinen kontinuierlichen Zweck im bisherigen Sinn nicht mehr erfüllen kann (vgl 9 ObA 2019/96v).

Dieser Geldersatz stellt ebenfalls Entgelt dar und ist damit auch lohnsteuer‑ und sozialversicherungspflichtig. Inwieweit der Arbeitnehmer darüber hinaus aufgrund eines rechtswidrig schuldhaften Entzugs einer Naturalleistung einen Schadenersatzanspruch hat, richtet sich nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen.

3. Die Höhe des Geldersatzes richtet sich nach dem Vorteil, der dem Dienstnehmer durch den Naturalbezug entstanden ist, also danach, was er sich durch die Naturalleistung erspart hat (9 ObA 68/07a mwN; Wachter in Reissner [Hrsg], Angestelltengesetz [2013] § 23, Rz 60). Zweck der Abgeltung von Naturalbezügen ist es, ein entsprechendes Äquivalent zu ermitteln (9 ObA 2019/96v mwN).

4. Auch die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens zu privaten Zwecken stellt eine Naturalleistung dar. In der Entscheidung 9 ObA 220/93 wurden vom Obersten Gerichtshof die amtlichen Sachbezugswerte als brauchbare Richtlinien für eine Privatnutzung des vom Arbeitnehmer für dienstliche Zwecke benötigten Fahrzeugs angesehen, da diese gewissermaßen nur einen Annex zur primär dienstlichen Nutzung des Fahrzeugs darstellen (so schon Schrank in Runggaldier , Abfertigungsrecht 173; vgl auch 8 ObA 42/98d). Dass bei der Ermittlung des Werts des Naturalbezugs wiederholt die nach der Sachbezugswerteverordnung vorzunehmende fiskalische Bewertung als brauchbare Orientierungshilfe akzeptiert wurde, ändert aber nichts daran, dass Naturalbezüge grundsätzlich mit ihrem tatsächlichen Wert zu berücksichtigen sind. Bei einem erheblichen Auseinanderfallen der fiskalischen Bewertung vom tatsächlichen Wert kann daher auf diese Berechnungshilfe nicht zurückgegriffen werden. In einem solchen Fall kann nur auf den tatsächlichen Wert des Naturalbezugs abgestellt werden, da es sonst zu einer ungebührlichen Schmälerung der gesetzlichen Ansprüche des Arbeitnehmers kommt (vgl 9 ObA 68/07a mwN zur Abgeltung des Anspruchs auf Naturalwohnung).

Für diese Fälle wurden sowohl in der Literatur als auch der Judikatur wiederholt die Wiederbeschaffungskosten als angemessene Abgeltung bezeichnet (9 ObA 247/94; 9 ObA 220/93; Schramm in Runggaldier , Abfertigungsrecht 173; Migsch , Abfertigung für Arbeiter und Angestellte, §§ 23, 23a Rz 261; Rauch , Der Dienst-Pkw, ASoK 2006, 93 ff; Weiss , Private Nutzung von Dienstfahrzeugen, DRdA 2008, 531 [533]), wobei aber zugleich darauf verwiesen wurde, dass die Zugrundelegung des Wiederbeschaffungswerts im Einzelfall zu schwierigen Bewertungsproblemen führen könne . Es sei allenfalls nach § 273 Abs 1 ZPO vorzugehen (9 ObA 247/94).

5. Unstrittig stand dem Kläger ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Da ihm dieser für den klagsgegenständlichen Zeitraum entzogen worden war, hat der Kläger grundsätzlich Anspruch auf eine entsprechende geldwerte Leistung. Bei dessen Ermittlung kommt es, wie bereits ausgeführt, auf den tatsächlichen Wert des Naturalbezugs an.

Der Kläger, der davon ausgeht, dass der Wert seiner privaten Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens erheblich von der fiskalischen Bewertung nach der Sachbezugswerteverordnung abweicht, ist bei Bewertung dieser Ansprüche zunächst vom amtlichen Kilometergeld als Richtwert ausgegangen. Dieses stellt eine Pauschalabgeltung für alle Kosten dar, die durch die Verwendung eines privaten Kraftfahrzeugs für Fahrten im Zuge einer Dienstreise anfallen. Es dient dazu, sämtliche mit der Anschaffung und Erhaltung eines Pkws verbundenen Kosten angemessen abzudecken (RIS‑Justiz RS0047476; VwGH 2007/10/0297). Grundsätzlich kann daher dem Berufungsgericht darin gefolgt werden, dass das amtliche Kilometergeld eine angemessene Berechnungshilfe für den Geldersatz der entzogenen Privatnutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs darstellt, entspricht es doch am ehesten den Kosten, die dem Kläger bei Nutzung eines eigenen Wagens statt eines Dienstwagens entstehen, sollen doch durch das Kilometergeld sämtliche mit der Verwendung des Fahrzeugs im Zusammenhang stehende Kosten wie Wertverlust, Treibstoff, Versicherungen, Steuern und Gebühren abgegolten werden (vgl auch Weiss , Private Nutzung von Dienstfahrzeugen, DRdA 2008, 533).

Das beantwortet aber nicht die Frage, in welchem Umfang dem Kläger Anspruch auf Geldersatz zusteht, sondern nur, wie dieser gegebenenfalls angemessen bewertet werden kann. Da der Geldersatz ein Äquivalent für die entzogene Naturalleistung darstellt, hat er sich notwendigerweise daran zu orientieren, in welchem Umfang der Arbeitnehmer Anspruch auf Naturalleistung hatte. Dies lässt sich nur durch Auslegung der konkret getroffenen Vereinbarung im Einzelfall feststellen. Lässt sich aus dieser ein bestimmter Nutzungsumfang nicht ableiten, wird sich die Bewertung nach der betrieblichen Übung (vgl etwa 9 ObA 2019/96v) bzw nach der zwischen den Parteien einvernehmlich gelebten Übung zu orientieren haben. Diese kann aber nicht wie von den Vorinstanzen angenommen aus der Fahrleistung nach dem Entzug des Dienstwagens, sondern nur aus der durchschnittlichen Privatnutzung vor diesem Zeitpunkt abgeleitet werden. Das ist, sofern sich aus der Auslegung der Vereinbarung nichts anderes ergibt, auch für den Fall anzunehmen, dass die Privatnutzungsmöglichkeit für einen Dienstwagen zwischen den Parteien nicht beschränkt wurde. So führt nach Körber beispielsweise die bloße Möglichkeit der Privatnutzung ohne tatsächliche Inanspruchnahme durch den Arbeitnehmer noch nicht zu einem Sachbezug (Die Privatnutzung von Dienstfahrzeugen, ZAS 2005/13 [69]). Auch kann der Arbeitnehmer üblicherweise aus der Überlassung des Dienstfahrzeugs nicht auf einen Willen des Arbeitgebers schließen, jeglichen Art und Umfang einer privaten Nutzung zuzustimmen, dies losgelöst von der dienstlichen Verwendung oder der sich aus der arbeitsrechtlichen Verpflichtung des Arbeitnehmers üblicherweise rein faktisch ergebenden zeitlichen und örtlichen Beschränkungen. Mangels konkreterer Vereinbarungen über den Umfang des Naturalbezugs richtet sich die Ermittlung des Werts daher an der tatsächlichen Nutzung bis zum Entzug.

Berücksichtigt man, dass der Ermittlung des Geldwerts von Naturalbezügen gerade im Zusammenhang mit Abfertigungen besondere Bedeutung zukommt, kann bei Errechnung des Geldwerts unregelmäßiger Naturalbezüge auch auf die für Abfertigungen geltende Regelung abgestellt werden, dass, wenn die Monatsentgelte einer Schwankung unterliegen, von einem Monatsdurchschnitt des letzten Jahres ausgegangen wird (vgl RIS‑Justiz RS0043295).

6. Bereits daraus ergibt sich, dass das Verfahren ergänzungsbedürftig ist. Zum einen hat das Erstgericht zu dieser Nutzung keine Feststellungen getroffen. Zum anderen hat aber auch der Kläger, ohne dass die Unrichtigkeit seines Standpunkts mit ihm erörtert wurde, seine Ansprüche nicht auf Basis dieser Nutzung bis zur Entziehung, sondern unter Zugrundelegung der gefahrenen Kilometer nach Entziehung des Dienstwagens berechnet. Er wird daher anzuleiten sein, eine entsprechende Berechnung seiner Ansprüche vorzubringen.

7. Da es sich bei den Geldbezügen um einen Entgeltbestandteil handelt, der unabhängig davon zusteht, in welcher Weise und in welchem Umfang der Kläger nach der Entziehung des Dienstwagens seine Privatfahrten durchgeführt hat, ist es dabei nicht von Relevanz, ob dem Kläger in der Folge leihweise und unentgeltlich ein Fahrzeug tatsächlich zur Verfügung stand bzw inwieweit er sich ein eigenes Fahrzeug angeschafft hat. Zu berücksichtigen sein wird allerdings, inwieweit der Kläger ab einem bestimmten Zeitpunkt die Möglichkeit hatte, im Unternehmen zu tanken, und auf diese Weise die entzogene Naturalleistung wieder teilweise erhalten hat. Gegen den vom Berufungsgericht für diesen Zeitraum nach § 273 ZPO angenommenen Abzug von einem Drittel des Kilometergeldes bestehen keine Bedenken.

8. Der Kläger macht für einen Teil der klagsgegenständlichen Periode allerdings nicht Kilometergeld, sondern den fiktiven Mietaufwand für ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse geltend.

Soweit der Kläger meint, dass bei Entzug eines Dienstfahrzeugs auf die Wiederbeschaffungskosten des Fahrzeugs abzustellen ist, und er damit auf den Ersatz des Anschaffungswerts eines Fahrzeugs abzielt, lässt er unbeachtet, dass ihm nicht ein in seinem Vermögen stehendes Fahrzeug entzogen wurde, sondern nur die Nutzungsmöglichkeit, die vom Wert des Fahrzeugs zu unterscheiden ist. Daher besteht weder ein Anspruch auf die Kosten des tatsächlich vom Kläger angeschafften Fahrzeugs noch eines fiktiv anzuschaffenden, dem im Vermögen des Klägers ja auch ein adäquater Gegenwert gegenüberstehen würde.

Aber auch Mietwagenkosten sind nicht zu ersetzen. Bereits in der Entscheidung 5 Ob 557/85 wurde darauf verwiesen, dass ein Benützungsentgelt nach dem ortsüblichen Mietzins bei Sachen, die auf lange Zeit (jedenfalls im privaten Bereich) üblicherweise nicht gemietet werden, sondern käuflich erworben werden, zu nicht sachgerechten, und damit ungerechten Ergebnissen führen, weil ein Benützungsentgelt schon in verhältnismäßig kurzer Zeit die Höhe des Barkaufpreises erreichen würde. Tatsächlich kann in solchen Fällen nicht davon ausgegangen werden, dass ein Mietentgelt dem entspricht, was sich der Kläger durch die Nutzungsmöglichkeit erspart hat. So würde der Zuspruch des gesamten Mietentgelts unberücksichtigt lassen, in welchem Umfang tatsächlich eine Privatnutzung erfolgte und dass der dem Kläger entzogene Dienstwagen selbst nach dem Vorbringen des Klägers jedenfalls teilweise auch für dienstliche Fahrten genutzt wurde. Durch einen Zuspruch der vollen Leasingraten würde daher dem Kläger letztlich mehr zukommen, als durch die zuvor eingeräumte Privatnutzungsmöglichkeit des Dienstwagens. Im vorliegenden Fall stellen daher fiktive Mietwagenkosten keine geeignete Berechnungsmethode für das dem Kläger zustehende Entgelt dar.

Allerdings hat der Kläger für diese Periode einen bestimmten Entgeltanspruch behauptet, zu dessen Begründung er sowohl auf fiktive Mietwagenkosten als auch auf die jährliche Kilometerleistung verwiesen hat. Insoweit ist auch dieser Teil des Klagebegehrens nicht im klagsabweisenden Sinn spruchreif. Vielmehr wird auch hier eine entsprechende Erörterung des Klagsvorbringens zu erfolgen haben.

Inwieweit durch die Zugangsmöglichkeit zur Nutzung eines Fahrzeugs der gehobenen Klasse allenfalls ein Zuschlag zum Kilometergeld entsprechend § 273 ZPO angemessen ist, muss mangels entsprechenden Vorbringens hier nicht geprüft werden.

9. Eine Prüfung des Begehrens des Klägers nach schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten erübrigt sich, weil über den Entgeltverlust durch Entziehung des Dienstwagens hinaus durch die Entziehung entstandene Schäden nicht behauptet und konkretisiert sind.

10. Da es sich bei dem Äquivalent für den Entzug der Naturalleistung um Entgelt handelt, ist dieses, wie bereits ausgeführt, lohnsteuer‑ und sozialversicherungspflichtig ( Körber , Die Privatnutzung von Dienstfahrzeugen, ZAS 2005/13 [71]). Soweit daher das Äquivalent in voller Höhe geltend gemacht wird, handelt es sich um einen Bruttobetrag. Darauf, dass ein Sachbezug steuerbegünstigt ist, also geringere Steuern anfallen, ist nicht weiter einzugehen, da vom Kläger nicht konkretisiert ist, inwiefern und in welchem Umfang sich dies auswirkt.

11. Allgemein wird mit der Wirksamkeit der Kündigung bzw der Entlassung das Arbeitsverhältnis beendet. Wird einer Anfechtungsklage nach § 105 ArbVG rechtskräftig stattgegeben, wird die Entlassung für rechtswirksam erklärt und ex tunc „vernichtet“. Das Arbeitsverhältnis lebt mit all seinen Rechten und Pflichten rückwirkend wieder auf. Den Entgeltausfall für den Zeitraum während des Anfechtungsverfahrens hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gemäß § 1155 ABGB zu ersetzen. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf das Entgelt, das ihm gebühren würde, wenn er die Dienste verrichtet hätte (vgl Wolligger in ZellKomm ² § 105 ArbVG Rz 251). Im Fall einer erfolgreichen Anfechtung würden die nach § 1155 ABGB nachzuzahlenden Entgeltansprüche mit der Rechtskraft des stattgebenden Anfechtungsurteils fällig (8 ObS 10/15a). Der vom Kläger geltend gemachte Entgeltanspruch war daher bei Einbringung der Klage noch nicht verjährt. Auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob dies auch für Schadenersatzansprüche gilt, kommt es, da solche, wie ausgeführt, nicht konkretisiert sind, nicht an.

12. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher, soweit sie noch nicht (wie der Zuspruch von 8.100 EUR brutto sA) in Rechtskraft erwachsen sind, zur Erörterung und Verfahrensergänzung aufzuheben.

Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 ZPO.

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