OGH 7Ob24/16d

OGH7Ob24/16d13.10.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Uitz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. F***** KG *****, 2. F***** E*****, beide vertreten durch Mag. Jürgen Payer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 184.461,60 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Dezember 2015, GZ 15 R 175/15p‑39, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0070OB00024.16D.1013.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat die behauptete Aktenwidrigkeit geprüft; sie liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Rechtsansicht des Erstgerichts dahin zusammengefasst, die Erstbeklagte habe das Verfahren zur Anerkennung als Hauptmieterin nur zum Zweck der Verzögerung ihres Auszugs eingeleitet. Damit hat das Berufungsgericht lediglich die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts – knapp zusammengefasst – wiedergegeben, aber keine Feststellung auf aktenwidriger Grundlage getroffen (vgl RIS-Justiz RS0043347).

2.1. Das rechtswidrige Verhalten der Beklagten besteht – entgegen ihren Revisionsausführungen – nicht primär in der prozessualen Verfolgung einer (aussichtslosen) Rechtsansicht, sondern zunächst in der evident vertragswidrigen Nichtrückstellung des Bestandobjekts nach vereinbartem Fristablauf. Dass der Erstbeklagten die Verletzung ihrer Rückstellungspflicht nicht vorwerfbar sei, hat nach § 1298 ABGB die Erstbeklagte zu beweisen (vgl 7 Ob 115/97f = immolex 1998/23 [Pfiel] = wobl 1998/160 [krit Iro]; 1 Ob 153/11y = wobl 2012, 135 [R. Wolff/J. Wolff/L. Wolff] = JBl 2012, 374) und nicht die Klägerin.

2.2. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten kein konkretes Vorbringen erstattet, warum deren Anerkennung als Hauptmieter der Befristung des Bestandverhältnisses entgegengestanden wäre und warum die Beklagten diese Anerkennung nicht schon lange vor Ablauf der zehnjährigen Benutzungsfrist hätten geltend machen können, ist Auslegung des Parteienvorbringens im Einzelfall und jedenfalls nicht unvertretbar, weshalb insoweit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (vgl RIS-Justiz RS0042828).

2.3. Zwar ist im Fall notwendiger richterlicher Beweiswürdigung in der Regel nur dann ein Einwand gegen die Räumung als schuldhaft anzulasten, wenn die Partei dabei bewusst die Unwahrheit sagt oder evident unhaltbare Behauptungen aufstellt (vgl 5 Ob 261/02x zur Prozessführung); die Annahme letztgenannter Voraussetzung durch das Berufungsgericht hält sich aber im Rahmen dazu vorliegender Judikatur. Die Erstbeklagte hat im Übergabeverfahren trotz des klaren gegenteiligen Vertragsinhalts nur unsubstanziiert eine Verlängerungsvereinbarung behauptet, ohne diese auf eine detaillierte Sachverhaltsgrundlage stützen zu können. Aus der Aussage des Geschäftsführers der Erstbeklagten ergeben sich ebenfalls keine Hinweise auf konkrete Willenserklärungen der Parteien, die das Vorbringen einer Verlängerungsvereinbarung hätten rechtfertigen können.

3. Die Beklagten führten – erstmals in ihrer Berufung – aus, die Klägerin hätte Umbaukosten aufwenden müssen, um den im Rahmen der Schadensberechnung zugrunde gelegten, vertraglich vereinbarten und später tatsächlich lukrierten Pachtzins erlangen zu können. Dass bestimmte Umbaukosten tatsächlich aufgelaufen sind, steht allerdings nicht fest und wurde dies vor dem Erstgericht auch nicht behauptet. Für das Fehlen anspruchsvernichtender oder -einschränkender Tatsachen traf – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht die Klägerin die Behauptungs- und Beweislast (RIS-Justiz RS0036710 [zum Vorteilsausgleich]; „negativa non sunt probanda“). Vielmehr wäre deren Vorliegen von den Beklagten zu behaupten gewesen, was diese – wie vom Berufungsgericht vertretbar erkannt – in erster Instanz unterlassen haben. Auch insoweit liegt also keine erhebliche Rechtsfrage vor.

4. Infolge Fehlens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision unzulässig und daher zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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