OGH 6Ob160/16x

OGH6Ob160/16x27.9.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Mag. A* L*, vertreten durch die Likar Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die Antragsgegnerin (gelöschte) c* GmbH (FN *), vertreten durch Dr. Christian Schubeck, Rechtsanwalt in Salzburg, als bestellter Kollisionskurator, wegen Entlohnung des Antragstellers als Nachtragsliquidator über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 16. Juni 2016, GZ 4 R 84/16d‑18, womit Rechtsanwalt Dr. Christian Schubeck zum Kollisionskurator für die Gesellschaft bestellt wurde und dem Rekurs der Gesellschaft Folge gegeben und der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Februar 2016, GZ 51 Fr 2367/14g‑6, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E115989

 

Spruch:

Der Revisionrekurs wird zurückgewiesen.

Der Revisionsrekurswerber ist schuldig, der Gesellschaft zu Handen des Kollisionskurators Dr. Christian Schubeck binnen 14 Tagen die mit 1.804,50 EUR (darin 300,75 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

Die c* GmbH wurde vom Erstgericht am 26. 1. 2013 wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG amtswegig gelöscht. Dkfm. A* H* war alleiniger Geschäftsführer und zuletzt Mehrheitsgesellschafter.

Nach der Löschung der Gesellschaft stellte sich heraus, dass diese über Miteigentum an Liegenschaften verfügte. Das Erstgericht bestellte daraufhin den Antragsteller zum Nachtragsliquidator gemäß § 93 Abs 5 GmbHG (richtig: § 40 Abs 4 FBG).

Mit Beschluss vom 22. 2. 2016 bestimmte das Erstgericht die Kosten des Nachtragsliquidators antragsgemäß mit 28.597,67 EUR. Der Nachtragsliquidator habe seine Kosten ordnungsgemäß dargelegt und aufgeschlüsselt und die Bemessungsgrundlage begründet.

Gegen diese Entscheidung erhoben Dkfm. A*H* und die Gesellschaft, letztere vertreten durch Dkfm. A* H*, dieser vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Christian Schubeck und Dr. Michael Schubeck, Rekurs.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Dkfm. A* H* mangels Legitimation zurück, bestellte Dr. Christian Schubeck zum Kollisionskurator für die Gesellschaft, welcher die Rekurserhebung genehmigte, gab dem Rekurs der Gesellschaft Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Zwar würde im Regelfall für das rechtliche Gehör der Gesellschaft die sorgfältige Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts iSd § 16 Abs 1 AußStrG ausreichen. Anderes gelte in besonderen Fällen, etwa bei besonders hohem, den Aufwand rechtfertigenden Ansprüchen auf Belohnung und Aufwandsersatz. Ein derartiger Fall sei im Hinblick auf die Höhe des geltend gemachten Anspruchs von 28.597,67 EUR hier gegeben. Daher sei im vorliegenden Fall ein Kollisionskurator zu bestellen.

Das von diesem genehmigte Rechtsmittel der Gesellschaft sei berechtigt. Die vom Nachtragsliquidator verzeichneten Leistungen seien nicht aktenkundig. Die Angemessenheit der begehrten Entlohnung könne – auch mangels substanzieller Begründung des Erstgerichts – nicht beurteilt werden.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Entlohnungsanspruch eines gemäß § 40 Abs 4 FBG bestellten Nachtragsliquidators nicht vorliege. Insbesondere erscheine fraglich, ob ausschließlich ein Bestimmungsbeschluss gefasst werden dürfe oder ob dieser mit der Schaffung eines Exekutionstitels gegen die Gesellschaft oder mit der beschlussmäßigen Erlaubnis des Nachtragsliquidators, sich vor Ausfolgung des Liquidationserlöses an die Berechtigten aus diesem in Höhe der bestimmten Kosten zu befriedigen, kombiniert werden müsse. Auch sei die Frage der Wahrung des rechtlichen Gehörs der gelöschten Gesellschaft zum Entlohnungsanspruch des Nachtragsliquidators (Kriterien für die amtswegige Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts bzw für die Bestellung eines Kollisionskurators) noch ungeklärt.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

1.1. Gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG ist ein Revisionsrekurs gegen den Kostenpunkt absolut unzulässig. Den Kostenpunkt betreffen alle Entscheidungen, die in irgendeiner Form, ob materiell oder formell, über Kosten ergehen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um deren Bemessung oder um die Frage handelt, ob überhaupt Kosten zustehen bzw in welcher Weise und von wem diese zu tragen sind (RIS‑Justiz RS0007695; RS0111498; RS0044233 [T26]; vgl auch RS0008673).

1.2. Der Rechtsmittelausschluss des § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG erstreckt sich auf sämtliche Entscheidungen zweiter Instanz, mit denen in irgendeiner Form über Kosten abgesprochen wird. Das Gericht zweiter Instanz entscheidet dazu in allen mit Kostenansprüchen zusammenhängenden Fragen endgültig (RIS‑Justiz RS0044233).

2.1. Dem Nachtragsliquidator steht ein Anspruch auf Entlohnung und Ersatz der Barauslagen zu. Dabei ist auf die gleichen Grundsätze wie bei der Entlohnung des Notgeschäftsführers abzustellen (Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 40 Rz 45; vgl RIS‑Justiz RS0108683). Die Vergütung des Notgeschäftsführers sowie des Nachtragsliquidators erfolgt in analoger Anwendung der Bestimmungen zur Entlohnung des Kurators (RIS‑Justiz RS0108684; 6 Ob 184/01d). Ein Revisionsrekurs gegen Kuratorkosten ist absolut unzulässig (RIS‑Justiz RS0008673; vgl insb 4 Ob 282/00z; 8 Ob 94/07t).

2.2. Die noch zur Rechtslage vor dem Außerstreitgesetz 2005 ergangene Entscheidung 6 Ob 184/01d, soweit diese inhaltlich über die Kosten eines Notgeschäftsführers abgesprochen hat, ist daher nicht aufrechtzuerhalten.

2.3. Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Aufhebung der Kostenbestimmung durch das Erstgericht wendet, ist dieser daher gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG unzulässig.

3.1. Gleiches gilt aber auch für die in einem Verfahren zur Kostenbestimmung vorgenommene Bestellung eines Kollisionskurators.

3.2. Unterliegt in einem Verfahren zur Entscheidung über die Kosten des Nachtragsliquidators aber – wie ausgeführt – die Sachentscheidung des Rekursgerichts keinem weiteren Rechtszug, wäre es widersprüchlich, die Bekämpfung der Bestellung eines Kollisionskurators, welcher die Erhebung des zur Sachentscheidung des Rekursgerichts führenden Rechtsmittels genehmigte, einer selbständigen Anfechtung zu unterwerfen. Vielmehr hat auch für diese Konstellation der Rechtssatz zu gelten, dass das Gericht zweiter Instanz in allen mit Kostenansprüchen zusammenhängenden Fragen endgültig entscheidet (vgl RIS‑Justiz RS0044233).

3.3. Dem steht nicht entgegen, dass der Rechtsmittelausschluss nach § 5 Abs 1 AußStrG sich nicht auf die Bestellung nach § 5 Abs 2 Z 1 AußStrG bezieht (Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 5 Rz 24). Für letzteren Fall wird aus der Erwähnung der „Rechtskraft“ der Entscheidung über die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters in § 5 Abs 4 Satz 2 AußStrG abgeleitet, dass der Bestellungsbeschluss selbständig anfechtbar ist (Rechberger in Rechberger, AußStrG2 § 5 Rz 7; vgl 10 Ob 9/15v). Dies betrifft jedoch nur die grundsätzliche Anfechtbarkeit des Bestellungsbeschlusses, sagt aber über die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs gegen die Bestellung eines Kollisionskurators in einem Verfahren zur Entscheidung über Kosten im Sinne des § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG nichts aus.

3.4. Dabei führt der Umstand, dass die Bestellung des Kollisionskurators nicht vom Erstgericht, sondern vom Rechtsmittelgericht vorgenommen wurde, zu keiner abweichenden Beurteilung. Zweck des § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG ist es, den Obersten Gerichtshof von der Befassung mit Verfahren, die lediglich Kosten zum Gegenstand haben, überhaupt zu entlasten (vgl auch RIS‑Justiz RS0044233 [T5, T11]).

4.1. Im Übrigen wäre dem Rechtsmittel insoweit auch bei meritorischer Behandlung kein Erfolg beschieden:

4.2. Die Auffassung des Rekursgerichts, dass für den Schutz der Gesellschaft, die im Verfahren zur Bestimmung der Entlohnung wegen des regelmäßig bestehenden Interessenkonflikts nicht vom bestellten Nachtragsliquidator vertreten werden kann, im Regelfall die sorgfältige amtswegige Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts (§ 16 AußStrG) ausreicht, sodass ein Kollisionskurator nur in besonderen Fällen, etwa bei besonders hohen Ansprüchen auf Belohnung und Aufwandersatz bestellt werden muss (Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 40 Rz 45; RIS‑Justiz RS0048964; vgl auch RS0048957), entspricht herrschender Auffassung.

4.3. Das Rekursgericht erachtete die Bestellung eines Kollisionskurators in Hinblick auf die besondere Höhe der begehrten Kosten für erforderlich. Zusätzlich besteht im vorliegenden Fall die Gefahr eines Rechtsschutzdefizits (vgl 6 Ob 160/05f), weil das Erstgericht weder die Bemessungsgrundlage noch die verzeichneten Leistungen näher überprüfte. Zudem zeigt die vom Antragsteller in der Rekursbeantwortung erklärte Zurückziehung des Rekurses, dass hier eine ordnungsgemäße Vertretung der Gesellschaft nicht gewährleistet ist (vgl Mondel, Die Kuratoren im österreichischen Recht Rz 6/161).

4.4. Die Auswahl des zu bestellenden Notgeschäftsführers oder Notliquidators obliegt dem Gericht (RIS‑Justiz RS0118770; ausführlich zur Auswahl der Person des Kurators Mondel aaO Rz 1/55 ff). Der Vorwurf des Revisionsrekurswerbers, das Rekursgericht habe keinen „neutralen“ Kurator bestellt, geht ins Leere, weil der Kollisionskurator die Interessen der Gesellschaft vertreten soll. Die Vorgangsweise des Rekursgerichts, den einschreitenden Rechtsanwalt zum Kollisionskurator zu bestellen, ist im konkreten Einzelfall insofern nachvollziehbar, als dieser mit dem vorliegenden Fall bereits vertraut ist und dadurch weitere Kosten vermieden werden können.

5. Das Rechtsmittel war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

6. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 AußStrG. Die Gesellschaft hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.

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