OGH 1Ob128/16d

OGH1Ob128/16d27.9.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei R***** C*****, vertreten durch Dr. Alois Schneider, Rechtsanwalt in Rattenberg, gegen die beklagten und widerklagenden Parteien 1. Mag. M***** S*****, und 2. C***** S*****, beide ohne Beschäftigungsangabe, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH, Wien, wegen Räumung bzw wegen Einräumung des Eigentumsrechts, über die Revision der beklagten und widerklagenden Parteien gegen das Teilurteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. Februar 2016, GZ 2 R 112/15g‑42, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Rattenberg vom 10. März 2015, GZ 1 C 790/13y‑29, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00128.16D.0927.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die widerbeklagte Partei trägt die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst.

 

Begründung:

Die Rechtsvorgängerin der beklagten und widerklagenden Parteien (im Folgenden nur mehr die Kläger) errichtete auf einer zur Gänze dem Rechtsvorgänger der klagenden und widerbeklagten Partei (im Folgenden nur mehr die Beklagte) gehörenden Grundstück eine Doppelgarage. Vor Errichtung der Garage hatten sie vereinbart, dass der Eigentümer der Liegenschaft, somit der Rechtsvorgänger der Beklagten, den Grund für die Doppelgarage zur Verfügung stellt, während „die gesamte Errichtung der Garage, nämlich das Material und die Arbeitskosten dafür“ von der Rechtsvorgängerin der Kläger „getragen werden“, und die so errichtete Garage in Holzbauweise beiden je zur Hälfte gehören und genutzt werden sollte. Später wurde diese Liegenschaft zwangsversteigert und danach an die Beklagte verkauft.

Die Vorinstanzen wiesen das auf Zustimmung der Beklagten zur Einverleibung des Eigentumsrechts ob einem Hälfteanteil an der bestimmt bezeichneten Liegenschaft „je zur Hälfte, sohin je zu einem Viertel“ ab.

Die Revision der Kläger ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts – mangels Erörterung einer im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Damit kann sich die Begründung auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO):

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision nachträglich für zulässig und begründete dies damit, dass es zwar weiterhin der Ansicht sei, dass das Vorbringen der Kläger keine Einschränkung dahin habe erkennen lassen, das zumindest der Zuspruch einer abstrakt definierten Teilfläche eventualiter gewünscht werde, jedoch bestehe ein Klärungsbedarf, ob dann, wenn allenfalls eine Teilfläche originär erworben worden sein könnte, deren Zuspruch angesichts der Entscheidungen 1 Ob 55/87, 1 Ob 137/14z und 6 Ob 226/00d als aliud oder als minus anzusehen sei. Aus einem vom Berufungsgericht unmittelbar eingesehenen Beiakt, nämlich dem Sachverständigengutachten, einem Plan, und dem offenen Grundbuch habe sich ergeben, dass die Grundstücksgesamtfläche 349 m2 und die mit Garagen verbaute Fläche knapp 39 m2 betrage.

Die Kläger bemängeln, dass dazu das Erstgericht keine Feststellungen getroffen habe, führen aber in der Revision selbst aus, dass das Berufungsgericht wenn es „eine Beweiswiederholung vorgenommen“ hätte, erkannt hätte, dass die „nutzbare Fläche“ der gegenständlichen Liegenschaft nahezu zur Gänze mit der (in Holzbauweise errichteten) Doppelgarage verbaut sei und die nicht verbaute „nutzbare Fläche“ zu deren bestimmungsgemäßen Benützung unentbehrlich sei. Damit gestehen sie aber ohnehin zu, dass die Liegenschaft über diese Bereiche hinaus einen weiteren Flächenanteil hat. Das für die rechtliche Beurteilung wesentliche Tatsachensubstrat, nämlich dass die Fläche der Liegenschaft über den verbauten und nach Ansicht der Beklagten „nutzbaren“ Teil hinausgeht, haben sie (wohl in Übereinstimmung mit den Fakten) daher ohnehin zugestanden.

Die Revision macht geltend, es sei die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Klage sei wegen Unschlüssigkeit abzuweisen, verfehlt, weil ihnen die Möglichkeit gegeben hätte werden müssen, ihr Widerklagebegehren zu präzisieren und schlüssig zu stellen.

Es trifft zwar zu, dass das Gericht, bevor es ein unbestimmtes, unschlüssiges oder widersprüchliches Begehren abweist, dessen Verbesserung anzuregen hat (RIS‑Justiz RS0037166 [T1]); dies gilt auch für das Berufungsgericht, das dann das Urteil des Erstgerichts zur Durchführung eines solchen Verbesserungsverfahrens aufzuheben hätte (RIS‑Justiz RS0036355). Eine erfolgreiche Geltendmachung der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens als Folge eines Verstoßes gegen die §§ 182, 182a ZPO setzt aber voraus, dass die Partei die Relevanz des Mangels darlegt und das Unterlassene nachholt (vgl 1 Ob 18/09t mwN; 1 Ob 156/15w). Hier hätten die Kläger daher entweder Behauptungen dazu, warum sich aus dem oben wiedergegebenen Sachverhalt, der ihrem Vorbringen zum Ablauf zwischen den Rechtsvorgängern entsprach, ein Eigentumserwerb an Grund und Boden der Gesamtfläche der Liegenschaft ableiten lassen sollte, aufstellen müssen, was unterblieben ist, oder aber darlegen müssen, für welche bestimmt bezeichnete Teilfläche ihrem Begehren auf Zustimmung zur Einverleibung des Eigentumsrechts stattzugeben gewesen wäre. Das in der Revision als minus geltend gemachte Eventualbegehren ist nun darauf gerichtet, dass die Beklagte „im Sinn des § 418 Satz 3 ABGB schuldig“ sein solle, „in die Einverleibung des Hälfteeigentums der Kläger – sohin zu je ein 1/4 – hinsichtlich des Grundes, auf dem die gegenständliche Garage steht, nebst den zur bestimmungsgemäßen Benützung des Gebäudes unentbehrlichen Grundflächen jeweils inneliegend in der [bestimmten bezeichneten Liegenschaft] einzuwilligen“. Dieses erweist sich als nicht ausreichend konkret und wäre in der begehrten Form (weil es der Abschreibung eines Liegenschaftsteils bedürfte) auch nicht verbücherbar. Dass – ohne Beigabe einer Skizze oder eines Plans – bloß mit der Umschreibung „nebst den zur bestimmungsgemäßen Benützung des Gebäudes unentbehrlichen Grundflächen“ die Teilfläche ausreichend nach Merkmalen in der Natur oder nach der Grundbuchsmappe bestimmt oder zumindest bestimmbar angegeben worden wäre, ist zu verneinen (vgl 6 Ob 25/98i = RIS‑Justiz RS0037434 [T2]; 1 Ob 28/03d = RS0037434 [T3]), weil die einzige Umschreibung jener Fläche mit dem (einer individuellen und zweckabhängigen Bewertung unterliegenden) Ausdruck „nutzbar“ wiederum unbestimmt bleibt.

Damit kommt es aber auf die von der Revisionswerberin im Weiteren als erheblich bezeichneten Rechtsfragen des materiellen Rechts gar nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 40 iVm § 50 Abs 1 ZPO (vgl RIS‑Justiz RS0035972 [T2]). Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen, weil sie auf diese Unzulässigkeit nicht hingewiesen und auch nur beantragt hat, der Revision keine Folge zu geben (vgl RIS‑Jusitz RS0035979 [T2, T23]; 2 Ob 21/15z ua).

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