OGH 1Ob18/09t

OGH1Ob18/09t26.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erika B*****, vertreten durch Dr. Heinz-Wilhelm Stenzel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Nergzel M*****, vertreten durch Dr. Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 8. Oktober 2008, GZ 39 R 152/08d-25, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 6. Februar 2008, GZ 43 C 292/06w-17, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin brachte am 13. 4. 2006 die gerichtliche Aufkündigung des Bestandobjekts der Beklagten ein. Als Kündigungsgrund machte sie erheblich nachteiligen Gebrauch des Bestandobjekts nach § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG geltend. Die Aufkündigung, die am 13. 4. 2006 durch Erlassung des Auftrags nach § 562 Abs 1 ZPO erledigt und der Beklagten am 20. 4. 2006 zugestellt wurde, enthält einleitend folgenden Wortlaut:

„Die kündigende Partei kündigt den mit der Gegenseite abgeschlossenen Mietvertrag betreffend ***** unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist für den auf und beantragt, der Gegenseite aufzutragen, das oben angeführte Bestandobjekt binnen 14 Tagen nach obigem Termin geräumt bei sonstiger Exekution zu übergeben oder gegen die Aufkündigung Einwendungen einzubringen."

Die Beklagte bestritt in ihren Einwendungen ausschließlich den Vorwurf eines erheblich nachteiligen Gebrauchs, sie rügte aber nicht den fehlenden Kündigungstermin.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab, weil der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG nicht verwirklicht sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, ohne auf den geltend gemachten Kündigungsgrund einzugehen. Es befasste sich nur mit dem fehlenden Kündigungstermin, der weder in der Berufung, noch in der Berufungsbeantwortung Thema gewesen war. Eine gerichtliche Aufkündigung ohne Kündigungstermin sei zu unbestimmt, um einen tauglichen Exekutionstitel darzustellen. Die Frage einer - in anderen Fällen - zulässigen Berichtigung des Kündigungstermins stelle sich nicht, wenn in der Kündigung überhaupt kein Kündigungstermin und kein Räumungstermin angeführt seien. Die zur Aufhebung führende Unbestimmtheit der gerichtlichen Aufkündigung sei im Rechtsmittelstadium auch ohne konkrete Einwendung der gekündigten Partei wahrzunehmen.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision wegen fehlender höchstgerichtlicher Judikatur zu der Frage zu, ob die mangelnde Angabe eines Kündigungs- und Räumungstermins auch ohne ausdrückliche Einwendung des Gekündigten noch im Rechtsmittelstadium aufgegriffen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist nicht zulässig.

Zwingendes Inhaltserfordernis einer gerichtlichen Aufkündigung ist nach § 562 Abs 1 ZPO unter anderem die Angabe des Kündigungstermins (RIS-Justiz RS0044846; Iby in Fasching/Konecny2 § 562 ZPO Rz 6 und 14). Bei Fehlen eines Inhaltserfordernisses ist nach § 562 Abs 2 ZPO ein Verbesserungsverfahren im Sinn des § 84 ZPO einzuleiten; bei dessen Erfolglosigkeit ist die Aufkündigung zurückzuweisen (Kodek in Fasching/Konecny² § 85 ZPO Rz 157; Iby aaO Rz 20). Die höchstgerichtliche Rechtsprechung lässt die Richtigstellung eines angegebenen Kündigungstermins nach Erlassung der Aufkündigung unter anderem bei Sanierung offenkundiger, das heißt auch für den Kündigungsgegner eindeutig erkennbarer, Ausdrucks- oder Schreibfehler zu (3 Ob 24/98w; 1 Ob 284/99t).

Die Revision wertet den fehlenden Kündigungstermin zunächst als offenkundige, daher auch nach Erhebung von Einwendungen berichtigungsfähige Auslassung, die durch einen Fehler des in der Kanzlei des Klagevertreters verwendeten Computerprogramms verursacht worden sei. Zusätzlich verweist sie auf den notwendigen, einer Verbesserung zugänglichen Inhalt der gerichtlichen Aufkündigung.

Mit ihren Ausführungen macht die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage geltend:

Der fehlende Kündigungstermin hätte nach Auffassung der Revisionswerberin in jedem Fall zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens führen müssen. Nur diese Konsequenz macht die Klägerin in der Rechtsrüge geltend. Das Unterlassen eines im Rahmen der Anleitungspflicht (§§ 182 f ZPO) gebotenen (RIS-Justiz RS0080096) Verbesserungsauftrags begründet aber den Rechtsmittelgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens (RIS-Justiz RS0048529; RS0037095). Der gegen das Erstgericht in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf kann als im Berufungsverfahren nicht gerügter Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens nicht in der Revision geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043111). Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens als Folge eines Verstoßes gegen die §§ 182, 182a ZPO (kein Auftrag zur Verbesserung) würde voraussetzen, dass die Revisionswerberin die Relevanz des Mangels darlegt, indem sie das unterlassene Vorbringen nachholt (1 Ob 215/05g; 1 Ob 204/07t). Die Klägerin hätte daher den Kündigungstermin in der Revision nennen müssen, was sie aber unterlässt.

Die Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen, weshalb ihr keine Kosten zustehen (Fucik in Rechberger³ § 41 ZPO Rz 5).

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