OGH 13Os40/16f

OGH13Os40/16f6.9.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Jülg als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen die belangten Verbände Z***** und C***** wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG iVm § 3 Abs 1 Z 2, Abs 2 VbVG sowie weiterer strafbarer Handlungen, AZ 609 St 47/08t der Staatsanwaltschaft Wien, über die Anträge der belangten Verbände auf Erneuerung des Strafverfahrens nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00040.16F.0906.000

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe:

Mit auf § 108 Abs 1 Z 1 und 2 StPO gestützten Anträgen vom 26. Jänner 2015 begehrten die belangten Verbände – soweit hier von Interesse – die Einstellung des gegen sie wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG iVm § 3 Abs 1 Z 2, Abs 2 VbVG geführten Verfahrens (ON 243).

Mit Beschluss vom 28. Mai 2015, AZ 316 HR 431/09s, wies das Landesgericht für Strafsachen Wien die Anträge ab (ON 263).

Den gegen die Entscheidung gerichteten Beschwerden der belangten Verbände vom 16. Juni 2015 gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 17. September 2015, AZ 19 Bs 183/15y, nicht Folge (ON 264).

Rechtliche Beurteilung

Die mit Bezug auf diese Entscheidung erhobenen Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens der belangten Verbände sind unzulässig.

Die Anträge behaupten Verletzungen der Garantien des Art 6 MRK, nämlich des Rechts auf Entscheidung durch ein auf Gesetz beruhendes Gericht (Art 6 Abs 1 erster Satz MRK, unter dem Aspekt des § 363a StPO ohne nähere Begründung unverständlich auch „Art 83 B‑VG“) und auf Begründung gerichtlicher Entscheidungen (Art 6 Abs 1 MRK [ Grabenwarter/Pabel , EMRK 5 § 24 Rz 76; Meyer‑Ladewig , EMRK 3 Art 6 Rz 109; jeweils mwN]), weil sich das Oberlandesgericht mit wesentlichem Vorbringen nicht auseinandergesetzt und seine „rechtliche Beurteilung nicht hinreichend begründet“ habe.

Die Anträge beziehen sich somit ausschließlich auf Konventionsgarantien, welche auf die Entscheidung über eine strafrechtliche Anklage zielen ( Grabenwarter/Pabel , EMRK 6 § 24 Rz 28) und die demgemäß in der Hauptverhandlung (§ 238 StPO) oder im Rahmen der Urteilsanfechtung im Sinn des Art 13 MRK wirksam durchgesetzt werden können (13 Os 51/15x; vgl auch 11 Os 119/10z, SSt 2010/75 und RIS‑Justiz RS0126370). Da die Anträge nicht erkennen lassen, weshalb die belangten Verbände hier dennoch bereits im Ermittlungsverfahren in seinen durch Art 6 MRK garantierten Rechten verletzt worden sein sollen, legen sie die Opfereigenschaft (Art 34 MRK) nicht deutlich und bestimmt dar (13 Os 51/15x, 13 Os 90/15g).

Die Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 363b Abs 1 und 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung als unzulässig zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte