OGH 13Os90/15g

OGH13Os90/15g28.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Oktober 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ortner als Schriftführer in der Strafsache gegen Ekaterina T***** sowie weitere Beschuldigte wegen Verbrechen der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, Abs 2 erster, zweiter, sechster und siebenter Fall, Abs 3, Abs 4 erster Fall StGB, AZ 317 HR 220/14a des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die Anträge der Ekaterina T*****, des Ildar G***** und der Tatiana R***** auf Erneuerung des Strafverfahrens nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00090.15G.1028.000

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft Wien führte wegen des Verdachts von Verbrechen der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, Abs 2 erster, zweiter, sechster und siebenter Fall, Abs 3, Abs 4 erster Fall StGB zur Zahl 610 St 9/14w ein Ermittlungsverfahren gegen Ekaterina T*****, Ildar G***** und Tatiana R*****. Dieses Ermittlungsverfahren wurde am 22. Oktober 2014 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt.

Mit Einsprüchen wegen Rechtsverletzung vom 8. Oktober 2014 wendeten sich Ekaterina T*****, Ildar G***** und Tatiana R***** gegen von der Staatsanwaltschaft in Bezug auf ein Konto und eine Liegenschaft getroffene Anordnungen der Sicherstellung (§§ 109 Z 1 lit b und 110 Abs 1 Z 3 StPO iVm §§ 20 und 20b StGB) und gegen die nach ihrem Dafürhalten verzögerte Gewährung von Akteneinsicht. Mit Beschluss vom 6. November 2014 wies das Landesgericht für Strafsachen Wien diese Einsprüche ab. Den dagegen erhobenen Beschwerden gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 4. Februar 2015 nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Die mit Bezug auf diese Entscheidung erhobenen, gemeinsam ausgeführten Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens der Ekaterina T*****, des Ildar G***** und der Tatiana R***** sind unzulässig.

Zu den Anordnungen der Sicherstellung:

Insoweit fehlt es den Anträgen schon am Zulässigkeitserfordernis der Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe (Art 35 Abs 1 MRK), weil eine Verletzung von Grundrechten diesbezüglich erstmalig vorgebracht wird ( Grabenwarter/Pabel , EMRK 5 § 13 Rz 25 und 34 mwN).

Hinzu kommt, dass die gemeinsam ausgeführten Anträge nicht erkennen lassen, wer von den Antragstellern aufgrund welcher vermögensrechtlichen Position von den Anordnungen der Sicherstellung betroffen und beschwert gewesen sei, womit die Opfereigenschaft (Art 34 MRK) nicht substantiiert und schlüssig behauptet wird (RIS‑Justiz RS0124359 [insbesondere T1]; Grabenwarter/Pabel, EMRK5 § 13 Rz 16 und Reindl‑Krauskopf, WK‑StPO § 363a Rz 31, jeweils mwN).

Zur Akteneinsicht:

Das Recht auf Akteneinsicht fällt in den Schutzbereich des Art 6 Abs 3 lit b MRK, weil es der Effektuierung hinreichender Verteidigung dient ( Grabenwarter/Pabel , EMRK 5 § 24 Rz 103 mwN). Solcherart beziehen sich die Anträge auf eine Konventionsgarantie, welche auf die Entscheidung über eine strafrechtliche Anklage, also über die Schuld oder Nichtschuld des Angeklagten, zielt ( Grabenwarter/Pabel , EMRK 5 § 24 Rz 26) und die demgemäß in der Hauptverhandlung (§ 238 StPO) oder im Rahmen der Urteilsanfechtung (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO) im Sinn des Art 13 MRK wirksam durchgesetzt werden kann (13 Os 51/15x, vgl auch RIS‑Justiz RS0126370). Da die Anträge nicht erkennen lassen, weshalb die Antragsteller hier in einem sodann eingestellten Ermittlungsverfahren durch die angeblich verzögerte Gewährung der Akteneinsicht in ihren durch Art 6 MRK garantierten Rechten verletzt worden sein sollen, legen sie auch insoweit die Opfereigenschaft nicht deutlich und bestimmt dar.

Die Anträge waren daher gemäß § 363b Abs 1 und 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung als unzulässig zurückzuweisen.

Stichworte