OGH 13Os81/16k

OGH13Os81/16k6.9.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Jülg, als Schriftführer in der Strafsache gegen Blasius M***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 4. Mai 2016, GZ 37 Hv 26/16t‑25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00081.16K.0906.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Blasius M***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 6. Juni 2015 in S***** mit der am 11. Jänner 2008 geborenen Lilian K***** durch Einführen eines Fingers in ihre Scheide eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen.

Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Indem die Mängelrüge (Z 5) unter den Aspekten der Urteilsvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) sowie der hinreichenden Urteilsbegründung (Z 5 vierter Fall) die Frage nach der Intensität und der Tiefe des Eindringens in die Scheide des Opfers releviert, verfehlt sie den Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes, weil sie sich nicht auf schuld‑ oder subsumtionsrelevante Umstände bezieht (RIS‑Justiz RS0106268). Das objektive Tatbestandselement des Unternehmens einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung ist nämlich nach ständiger Judikatur (RIS‑Justiz RS0095114 [T8, T9 und T10], RS0116530 [T3, T4, T8 und T9] sowie RS0120457 [T1]; zur digitalen Vaginalpenetration ausdrücklich 13 Os 141/06v) und herrschender Lehre (Hinterhofer SbgK § 206 Rz 26 f; Philipp in WK2 § 206 Rz 12) – soweit hier von Interesse – schon dann erfüllt, wenn es zu einer äußerlichen Berührung des Geschlechtsorgans des Opfers kommt.

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) die Sicht vertritt, nur ein gänzliches, längere Zeit andauerndes Einführen eines Fingers in die Scheide des Opfers hätte das Tatbestandsmerkmal des Unternehmens einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung erfüllt, ohne sich mit der gegenteiligen, zur Mängelrüge angeführten ständigen Rechtsprechung auseinanderzusetzen, entzieht sie sich einer meritorischen Erledigung (RIS‑Justiz RS0116962 [insbesondere T3]).

Der Hinweis auf ein Judikat aus dem Jahr 1995 schlägt schon angesichts der insoweit geänderten Gesetzeslage fehl.

Hinzugefügt sei, dass das Erstgericht fallbezogen eine massive, intensive Penetration festgestellt hat (US 4).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte