OGH 7Ob150/16h

OGH7Ob150/16h31.8.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Minderjährigen E* L*, geboren am * 2006, in Pflege und Erziehung seiner Mutter E* L*, Vater N* L*, vertreten durch Mag. Sigrun Teufer‑Peyrl, MMag. Christian Hennerbichler, Rechtsanwälte in Freistadt, wegen Kontaktrecht, über den Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 25. Mai 2016, GZ 23 R 222/16v‑39, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Melk vom 1. April 2016, GZ 22 PS 243/14i‑25, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E115823

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs und die Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

1. Voranzustellen ist, dass die Mutter bereits in ihrer eigenhändig unterfertigten Revisionsrekursbeantwortung klarstellte, eine Unterfertigung durch einen Anwalt nicht nachholen zu wollen bzw zu können. Im Hinblick darauf konnte ein Verbesserungsauftrag unterbleiben.

2. Der Revisionsrekurs ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof – nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Die vom Rekursgericht als erheblich iSd § 62 Abs 1 AußStrG beurteilte Rechtsfrage einer Kontaktregelung gegen den ausdrücklichen Willen des nicht betreuenden Elternteils und deren nach nunmehriger Gesetzeslage auch möglichen zwangsweisen Durchsetzung, wird im Revisionsrekurs des Vaters nicht releviert. Vielmehr geht der Vater in Übereinstimmung mit dem Rekursgericht davon aus, dass aufgrund der mit dem KindNamRÄG 2013 geänderten Gesetzeslage, die Frage ob und wie eine Regelung oder gar Durchsetzung des Kontakts gegen den Willen des hiezu verpflichteten Elternteils zu erfolgen habe, ausschließlich unter Beachtung des Kindeswohls im Einzelfall zu klären ist.

Da der Oberste Gerichtshof nicht dazu berufen ist, theoretisch zu einer Rechtsfrage, deren Lösung durch die zweite Instanz vom Rechtsmittelwerber gar nicht bestritten wird, Stellung zu nehmen, ist auf die Frage nicht weiter einzugehen (RIS‑Justiz RS0102059 [T8]). Dieser Grundsatz gilt auch im außerstreitigen Verfahren jedenfalls dann, wenn im Revisionsrekurs eine erhebliche Rechtsfrage nicht einmal angesprochen wird (RIS‑Justiz RS0102059 [T15]).

3. Der vom Vater angekündigte Rechtsmittelgrund der Nichtigkeit wird inhaltlich nicht ausgeführt.

4. Erstmals im Rekurs vom 20. 4. 2016 brachte der Vater vor, das gerichtliche Verfahren belaste ihn körperlich und psychisch dermaßen, dass ihm ein Aufrechterhalten des bisherigen Kontakts unmöglich und auch nicht im Kindeswohl gelegen sei.

5. Sachverhaltsänderungen nach dem erstgerichtlichen Beschluss sind zwar von der Rechtsmittelinstanz (auch vom Obersten Gerichtshof) zu berücksichtigen, wenn dies das Interesse des pflegebefohlenen Kindes erfordert (RIS‑Justiz RS0006893). Der Grundsatz der Bedachtnahme auf das Kindeswohl erfordert es daher in Kontaktrechtsverfahren, dass – selbst noch vom Obersten Gerichtshof – alle während des Verfahrens eingetretenen Entwicklungen voll zu berücksichtigen sind (RIS‑Justiz RS0048056). Dies bezieht sich aber nur auf unstrittige und aktenkundige Umstände. Im Übrigen sind daher neue Tatsachenbehauptungen in einem Rechtsmittel nicht zu berücksichtigen (7 Ob 16/13y mwN).

Soweit der Vater darauf verweist, ihm sei die Ausübung des Kontaktrechts (der Kontaktpflicht) aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, handelt es sich um eine unzulässige Neuerung. Die Beantwortung der Frage, ob gesundheitliche Beeinträchtigungen des Elternteils der Ausübung einer Kontaktpflicht grundsätzlich entgegenstehen könnten, kann daher dahingestellt bleiben. Eine allenfalls dadurch bedingte Beeinträchtigung des Kindeswohls selbst – in Form negativer Auswirkungen auf die Ausübung der Kontakte – ergibt sich weder aus dem Akt noch aus dem vorgelegten ärztlichen Attest den Vater betreffend. Allein das neue Vorbringen im Rechtsmittel macht die Behauptung nicht schon zur berücksichtigenden Tatsachengrundlage.

5.1 Darüber hinaus gilt für die vom Vater – erstmals im Revisionsrekurs – reklamierte Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens über seinen Gesundheitszustand und weiters eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens, dass die Entscheidung, ob die Einholung solcher Gutachten geboten ist, grundsätzlich den Tatsacheninstanzen obliegt (5 Ob 188/11z mwN).

5.2 Im Übrigen verkürzte das Rekursgericht ohnedies die vom Erstgericht festgelegten Kontakte auf einmal im Monat für drei Stunden im Rahmen einer Besuchsbegleitung.

6. Gegen den Auftrag an einer Eltern‑ und Erziehungsberatung teilzunehmen wendet sich der Revisionsrekurs nicht.

7. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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