European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00145.16D.0830.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Zu Unrecht wendet sich der Revisionsrekurswerber gegen die Auffassung der Vorinstanzen, dass die während der Ehe aus dem gemeinsamen Familieneinkommen angeschafften Wertpapiere nicht zur Aufteilungsmasse gehörten, weil diese als sogenannte Tilgungsträger mit Kreditverbindlichkeiten verknüpft und damit keine frei verfügbaren Vermögensbestandteile seien.
Soweit der Antragsgegner in diesem Zusammenhang ausführt, die betreffenden Kredite hätten (auch) der Finanzierung von zu einem Unternehmen gehörigen Sachen gedient, entfernt er sich von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen, wonach die aufgenommenen Darlehen (ausschließlich) seinem eigenen Lebensbereich dienten, unter anderem seinem Hobby, der Jagd, und/oder seiner unternehmerischen Tätigkeit mit einem zwischen 1994 und 1997 betriebenen Kaffeehaus. Dem Umstand der Verknüpfung der Wertpapierdepots mit den Bankverbindlichkeiten wurde ohnehin dadurch Rechnung getragen, dass auch diese Aktiva dem Antragsgegner verbleiben. Eine Privilegierung der Depotwerte im Sinne des § 82 Z 3 EheG ist auch deshalb fraglich, weil diese Norm nach dem Gesetzeszweck nur lebende Unternehmen erfassen soll (vgl nur RIS‑Justiz RS0057534), wogegen der Kaffeehausbetrieb bereits etwa 16 Jahre vor Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft geschlossen worden ist. Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass diese Vermögenswerte (teilweise) der Aufteilung entzogen wären, wäre damit für den Rechtsmittelwerber nichts gewonnen, wäre doch der Wert des von den Ehegatten insoweit für das frührere Unternehmen des Antragsgegners Verwendeten gemäß § 81 Abs 2 Satz 1 EheG rechnerisch in die Aufteilungsmasse einzubeziehen.
Die Auffassung des Rekursgerichts, auch das Aktivvermögen aus den Wertpapierdepots sei rechnerisch bei der Ermittlung des Werts der Aufteilungsmasse letztlich zu berücksichtigen, begegnet somit keinen Bedenken.
2. Da der Revisionsrekurswerber im Übrigen die Auffassung des Rekursgerichts über das – zumindest rechnerisch – der Aufteilung unterliegende Aktivvermögen (Wertsteigerung seines Hauses durch Investitionen während der Ehe, drei Wertpapierdepots) nicht in Frage stellt, ergibt sich (rechnerisch) ein Gesamtbetrag von 243.314 EUR, wovon (lediglich) ein Wertpapierdepot im Wert von 12.400 EUR der Antragstellerin zugekommen ist, wogegen die übrigen Vermögenswerte dem Antragsgegner verblieben. Bei einer – vom Revisionsrekurswerber nicht in Zweifel gezogenen – Vermögensaufteilung im Verhältnis 1 : 1 hätte die Antragstellerin grundsätzlich Anspruch auf einen wertmäßigen Anteil von rund 121.650 EUR, wovon nach Abzug der bereits erhaltenen 12.400 EUR noch fast 110.000 EUR verblieben. In diesem Betrag ist die von den Vorinstanzen zuerkannte Ausgleichszahlung von 100.000 EUR jedenfalls gedeckt.
3. Zutreffend ist der Hinweis des Revisionsrekurswerbers darauf, dass das Rekursgericht im Zuge seiner Rechtsausführungen nicht ausdrücklich berücksichtigt hat, dass der Gesamtbetrag der ihm von seinen Eltern in den Jahren 1987 bis 1997 zugewendeten Geldbeträge nach den Feststellungen des Erstgerichts (umgerechnet) rund 109.000 EUR betragen hat. Es hat daraus aber keine ihn belastenden (unrichtigen) rechtlichen Konsequenzen gezogen. Auch im Revisionsrekurs gelingt es dem Antragsgegner nicht, schlüssig darzulegen, welche für ihn günstigen Auswirkungen es auf die Bemesssung der der Antragstellerin zustehenden Ausgleichszahlung haben sollte, wenn man insoweit den vom Erstgericht festgestellten Betrag zugrundelegt.
Nach seiner eigenen Darstellung, konnte nicht mehr festgestellt werden, welche Gegenstände mit diesen Zuwendungen angeschafft wurden, weshalb auch nicht wirklich abgrenzbar sei, was mit dem geschenkten Geld bezahlt wurde. Unrichtig ist seine daraus gezogene Schlussfolgerung, in einem solchen Fall seien diese Zuwendungen „wertverfolgend“ zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob nun Investitionen oder Jagdausgaben damit bezahlt wurden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt eine solche „wertverfolgende“ Berücksichtigung aber gerade nur dann in Frage, wenn die mit dem „freien Vermögen“ im Sinne des § 82 Z 1 EheG angeschafften Vermögenswerte noch abgrenzbar – zumindest als Surrogat – vorhanden sind und damit festgestellt werden kann, in welchem aktuellen Vermögenswert die seinerzeit eingesetzten Geldbeträge noch fortwirken (vgl nur RIS‑Justiz RS0057478). Dass diese Voraussetzungen gegeben wären, behauptet der Revisionsrekurswerber gerade nicht. Soweit Geldbeträge etwa für Zwecke der Jagd ausgegeben wurden, wäre eine vermögensmäßige „Fortwirkung“ – entgegen seiner Rechtsauffassung – jedenfalls zu verneinen.
Nur der Vollständigkeit halber ist schließlich darauf hinzuweisen, dass auch im Falle einer in der Aufteilungsmasse noch vorhandenen Wertschöpfung durch die Zuwendungen der Eltern des Antragsgegners bei der der Antragstellerin gebührenden angemessenen Ausgleichszahlung nicht außer Acht gelassen werden kann, dass während der Ehe aus dem gemeinsamen Familieneinkommen ganz erhebliche Kreditrückzahlungen geleistet wurden, die lediglich der Verminderung von Schulden dienten, die der Antragsteller zur Finanzierung von Vorhaben seines „eigenen Lebensbereichs“ eingegangen war. Hätte sich nicht auch die Antragstellerin – insbesondere durch finanzielle Beiträge, intensive und lange Mitwirkung im Beherbergungsbetrieb des Antragsgegners ohne Entgelt und ihre im Verhältnis zu ihm äußerst sparsame private Lebensführung – an der Schuldentilgung beteiligt, wären die „Privatschulden“ des Antragsgegners, die er jedenfalls allein zu tragen hat, stehen sie doch in keinem Konnex zum Aufteilungsvermögen (vgl § 81 Abs 1 Satz 2 EheG) oder zum „ehelichen Lebensaufwand“ (§ 83 Abs 1 Satz 2 EheG), ganz erheblich höher. Auch der dadurch dem Antragsgegner zukommende Vermögensvorteil ist im Rahmen der Bemessung der Ausgleichszahlung an die Antragstellerin maßgeblich zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist etwa darauf zu verweisen, dass in bestimmten Zeiträumen monatlich ca 3.300 EUR auf die Kredite des Antragsgegners zurückgezahlt wurden.
4. Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers ist dem Rekursgericht auch bei Festlegung der Leistungsfrist für die Ausgleichszahlung keine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste. Wenn der Antragsgegner eine Leistungsfrist von sechs Monaten anstrebt, bringt er damit zum Ausdruck, dass er in diesem Zeitraum in der Lage wäre, die Voraussetzungen für eine Zahlung an die Antragstellerin zu schaffen. Zu Recht hat das Rekursgericht aber darauf hingewiesen, dass das Verfahren bereits seit Juli 2014 anhängig ist, der Antragsgegner mit der Auferlegung einer Ausgleichszahlung rechnen musste und daher gehalten gewesen wäre, in zumutbarer Weise Vorsorge für diese Leistung zu treffen (RIS‑Justiz RS0057642). Dagegen führt der Revisionsrekurswerber nichts Überzeugendes ins Treffen.
5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
6. Die Revisionsrekursgegnerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen, weil eine Beantwortung vor ihrer Freistellung durch den Obersten Gerichtshof nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dient (§ 508a Abs 2 Satz 2 ZPO analog; RIS‑Justiz RS0124792).
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