European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00096.16B.0825.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs des Treuhänders wird zurückgewiesen.
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Ob der gegenständlichen Liegenschaft wurde im Februar 2015 das Wohnungseigentum an allen Wohnungseigentumsobjekten erstmals eingetragen. Die Antragstellerin (Wohnungseigentumsorganisatorin und Bauträgerin) ist unter anderem Miteigentümerin der Anteile B‑LNR 39, 43 und 46, mit denen Wohnungseigentum an den Wohnungseigentumsobjekten 12, 16 und 19 verbunden ist. Zugunsten des nach § 12 BTVG bestellten Treuhänders war zu TZ 3879/2014 die Rangordnung nach § 42 WEG 2002 eingetragen worden.
Die Wohnungseigentumsorganisatorin und Bauträgerin begehrt mit dem vorliegenden Grundbuchsgesuch, im Rang TZ 3879/2014 die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 an den genannten Einheiten für den Erwerber anzumerken. Sie legte den mit dem Erwerber geschlossenen Kauf‑ und Bauträgervertrag vom 7. 10. 2015 vor, der die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum an den Objekten 12, 16 und 19 enthielt.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Ein Erwerber eines bereits bestehenden Wohnungseigentums-objekts könne die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 nicht in Anspruch nehmen. Dieser Grundsatz gelte nur dann nicht, wenn das Objekt durch bauliche Maßnahmen in mehrere selbständige Objekte geteilt werden solle. Das sei hier nicht der Fall.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und wies den Rekurs des Treuhänders zurück.
Der Treuhänder sei weder Antragsteller noch in seinen bücherlichen Rechten verletzt. Soweit er geltend mache, die angefochtene Entscheidung mache es ihm unmöglich, die im Kauf‑ und Bauträgervertrag vereinbarten Pflichten zu erfüllen, sei ihm entgegenzuhalten, dass eine Verletzung schuldrechtlicher Interessen und Ansprüche keine Rekurslegitimation in Grundbuchsachen verschaffe.
Der Oberste Gerichtshof habe zwar in mehreren Entscheidungen die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 hinsichtlich eines Objekts, an dem bereits Wohnungseigentum begründet worden sei, nicht zugelassen. Davon sei er allerdings zu 5 Ob 219/13m im Fall der erstmaligen Begründung von Wohnungseigentum des Wohnungs-eigentumsorganisators offenbar abgegangen, indem er die Löschung der Anmerkung der Rangordnung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 nicht zugelassen habe. Er gehe eindeutig davon aus, dass auch nach Begründung des Wohnungseigentums und Einverleibung des Wohnungseigentums zugunsten des Wohnungseigentumsorganisators derjenige, der von diesem Wohnungseigentum erwerbe, immer noch Wohnungs-eigentumsbewerber iSv § 2 Abs 6 und §§ 40, 42 WEG 2002 sei. Sowohl die Anmerkung nach § 40 Abs 2 als auch die Rangordnung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 bezweckten den frühzeitigen grundbücherlichen Schutz von Wohnungseigentumsbewerbern gegenüber dem Wohnungs-eigentumsorganisator. Es könne nur logische Konsequenz der Entscheidung 5 Ob 219/13m sein, die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 zugunsten eines Käufers im Rang der bereits vor der Wohnungseigentumsbegründung angemerkten Treuhänderrangordnung durchführen zu können. Diese habe nach § 42 Abs 2 Z 2 WEG 2002 ja gerade die Rechtswirkung, dass Wohnungseigentumsbewerber die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 in diesem Rang verlangen könnten. Im Hinblick auf § 37 Abs 1 WEG 2002 bestehe ein Bedürfnis des Wohnungseigentumsorganisators an der Eintragung der Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002.
Die Antragstellerin sei jedoch nur Miteigentümerin der Liegenschaft. Zahlreiche weitere Miteigentümer hätten bereits Wohnungseigentum erworben. Die Antragstellerin habe die zufolge § 40 Abs 2 WEG 2002 erforderlichen Zustimmungserklärungen weder vorgelegt noch im Antrag erwähnt. Es könne dahingestellt bleiben, ob in einem solchen Fall ein Verbesserungsverfahren nach § 82a Abs 2 GBG überhaupt zulässig sei. Ein Antrag auf Anmerkung einer Rangordnung könne nicht verbessert werden. Die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 wirke wie die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung, der sie nachgebildet sei.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels gesicherter Rechtsprechung zu den Fragen zu, ob 1. die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 hinsichtlich eines Objekts noch zulässig sei, an dem bereits Wohnungseigentum zugunsten des Wohnungs-eigentumsorganisators erstmals einverleibt worden sei, 2. in einem solchen Fall Zustimmungserklärungen aller anderen Miteigentümer der Liegenschaft iSd § 40 Abs 2 WEG 2002 vorgelegt werden müssten und 3. eine Verbesserung des Antrags auf Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 iSd § 82a Abs 1 GBG ausscheide.
Diese Entscheidung bekämpfen die Antragstellerin und der Treuhänder in ihrem Revisionsrekurs.
Rechtliche Beurteilung
Nur das von der Antragstellerin erhobene Rechtsmittel ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Es ist aber nicht berechtigt.
1.1 Die zugunsten des nach § 12 BTVG bestellten Treuhänders eingetragene Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von Wohnungseigentum hat nach § 42 Abs 2 WEG 2002 folgende Rechtswirkungen:
Soweit für wohnungseigentumstaugliche Objekte noch keine Wohnungseigentumsbewerber vorhanden sind, übt der Treuhänder die Rechte aus, die Wohnungs-eigentumsbewerbern nach § 41 Abs 2 WEG 2002 und § 44 WEG 2002 zustehen würden (Z 1).
Wohnungseigentumsbewerber können die Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum im Rang der Anmerkung der Rangordnung verlangen (Z 2).
1.2 Es ist vor allem Zweck der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung von Wohnungseigentum, späteren Wohnungseigentumsbewerbern und Erwerbern von Wohnungseigentumsobjekten den Rang für die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 zu wahren (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³, § 42 WEG Rz 8; Gartner in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht² § 42 WEG Rz 8). Sie dient der Sicherung der Rechte der (potentiellen) Wohnungseigentumsbewerber gegenüber dem Bauträger (5 Ob 219/13m; 5 Ob 186/14k).
1.3 Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass – abgesehen vom hier nicht vorliegenden Fall der künftigen Teilung des Objekts in selbständige Einheiten (5 Ob 277/00x mwN) – die Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum (§ 24a Abs 2 WEG 1975; § 40 Abs 2 WEG 2002) nicht mehr hinsichtlich eines Objekts erfolgen kann, an dem bereits Wohnungseigentum einverleibt ist (RIS‑Justiz RS0108146). Dies wurde damit begründet, dass die Möglichkeit der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und der Vormerkung des Eigentums dem künftigen Erwerber eines Wohnungseigentumsobjekts gleichwertigen Rechtsschutz bieten (5 Ob 276/00z).
1.4 Böhm (Anmerkung der Wohnungseigentumszusage nach Wohnungs-eigentumsbegründung?, immolex 2001, 53) kritisierte diese Rechtsprechung für jene in der Praxis häufigen Fälle, in denen das Wohnungseigentum des Wohnungs-eigentumsorganisators erstmals einverleibt wurde. Seiner Auffassung nach zeigte gerade der mit dem BTVG eingeführte § 24c WEG 1975 (Vorgängerbestimmung des § 42 WEG 2002), dass die Begründung von Wohnungseigentum die Anmerkung nach § 24a WEG 1975 nicht hinderte.
1.5 Zu 5 Ob 219/13m ließ der Oberste Gerichtshof die Löschung der Anmerkung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 als gegenstandslos nicht zu, wenn der Wohnungseigentumsorganisator bzw Bauträger als erster Wohnungseigentümer im Rang nach der Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von Wohnungseigentum eingetragen wurde. Mit der Löschung werde der mit der Rangordnung verfolgte Zweck, nämlich der frühzeitige grundbücherliche Schutz potentieller Wohnungs-eigentumsbewerber gegenüber dem Bauträger gänzlich verfehlt.
1.6 Die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 im Rang der Anmerkung der Rangordnung nach § 42 WEG 2002 ist im Sinn dieser Rechtsprechung zulässig, wenn an dem Objekt bereits das Wohnungseigentum des Wohnungseigentumsorganisators oder Bauträgers (erstmals) einverleibt wurde.
2.1 Gemäß § 42 Abs 3 WEG 2002 kann die Anmerkung nur auf Antrag des Treuhänders gelöscht werden.
2.2 Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt, dass dem Treuhänder bei der Wahrnehmung der aus der Anmerkung resultierenden Befugnisse die entscheidende Schlüsselposition zukommt (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 42 WEG Rz 9). Der Liegenschafts‑(Mit‑)eigentümer (Bauträger) ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs jedenfalls – vom hier nicht vorliegenden Fall des § 42 Abs 4 WEG 2002 abgesehen – nicht zur Disposition über eine Anmerkung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 befugt. Er ist daher nicht legitimiert, die Einräumung des Vorrangs der Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung des Wohnungseigentums zu beantragen (5 Ob 186/14k = RIS‑Justiz RS0129910).
2.3 § 40 Abs 2 Satz 1 WEG 2002 berechtigt zwar neben dem Wohnungseigentumsbewerber grundsätzlich auch den Wohnungseigentumsorganisator, einen Antrag auf Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum zu stellen.
2.4 § 42 Abs 2 Z 2 WEG 2002 nennt als denjenigen, der die Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum im Rang der Anmerkung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 verlangen und damit im Ergebnis die Treuhänderrangordnung zu seinen Gunsten ausnützen kann, aber ausschließlich den Wohnungseigentumsbewerber.
2.5 Auch die Inanspruchnahme der Rechtswirkungen des § 42 Abs 2 Z 2 WEG 2002 ist als Disposition anzusehen, zu der die antragstellende Mit‑ und Wohnungseigentümerin – zugleich Bauträgerin und Wohnungseigentumsorganisatorin – im Sinn der Entscheidung 5 Ob 219/13m nicht befugt ist.
2.6 Schon mangels Antragslegitimation erweist sich die Bestätigung der Abweisung des Gesuchs auf Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum im Rang der Treuhänderrangordnung im Ergebnis als zutreffend.
2.7 Die im Zulassungsausspruch als zweite und dritte genannten und im Revisionsrekurs behandelten Fragen müssen nicht beantwortet werden: Das vorliegende Gesuch der nicht zur Antragstellung berechtigten Bauträgerin und Wohnungseigentumsorganisatorin kann nicht wiederholt werden.
3.1 Im Grundbuchverfahren ist im Regelfall (neben dem mit seinem Rechtsschutzbegehren gescheiterten Antragsteller) derjenige zum Rekurs legitimiert, der geltend machen kann, durch die bekämpfte Entscheidung in seinen bücherlichen Rechten verletzt worden zu sein (RIS‑Justiz RS0006677; RS0006710); sei es, dass diese Rechte belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden (RIS‑Justiz RS0006710 [T5, T37]).
3.2 Dem Treuhänder kam – wie bereits dargelegt – bei der Wahrnehmung der aus der Anmerkung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 resultierenden Befugnisse die entscheidende Schlüsselposition zu. Er ist schon deshalb nicht dadurch beschwert, dass der Antrag der nicht legitimierten Bauträgerin und Wohnungseigentumsorganisatorin abgewiesen wurde. Sein Argument, wonach die Zurückweisung seines Rekurses ihm die Absicherung jener Käufer nicht ermögliche, die entgegen dem Kauf‑ und Bauträgervertrag keine Bankgarantie erlegen wollen, um sich deren Kosten zu sparen, begründet als (allfällige) Verletzung rein wirtschaftlicher oder schuldrechtlicher Interessen keine Rechtsmittellegitimation (RIS‑Justiz RS0006710), wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannt hat.
3.3 Der Revisionsrekurs des Treuhänders ist somit zurückzuweisen, weil keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 GBG aufgezeigt wird.
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