OGH 4Ob108/16k

OGH4Ob108/16k12.7.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Kosesnik‑Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei X***** KG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. März 2016, GZ 1 R 35/16x‑20, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 31. Dezember 2015, GZ 2 Cg 19/15v‑16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00108.16K.0712.000

 

Spruch:

 

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, in ihrer Werbung konkrete Preisnachlässe für Wareneinkäufe, insbesondere Gutscheine in bestimmter Höhe für Wareneinkäufe ab einem bestimmten Mindesteinkaufswert, anzukündigen, wenn sie sich vorbehält, diese Preisnachlässe auf eine für den Umworbenen im Zeitpunkt des Lesens der Werbung nicht bestimmbare Warengruppe, etwa auf Waren aus ihrer Werbung oder auf bereits reduzierte Ware, nicht zu gewähren, ohne ausreichend deutlich auf diesen Umstand hinzuweisen, insbesondere, wenn sie die ausgenommenen Waren mit Bezeichnungen wie 'Werbepreise' umschreibt;

in eventu, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, den unrichtigen Eindruck zu erwecken, auf preisreduzierte Möbel und Einrichtungsgegenstände ab einem bestimmten Mindesteinkaufswert weitere Rabatte zu gewähren, etwa durch blickfangartige Ankündigungen 'Totalabverkauf – bis ‑70 %' unter gleichzeitiger Ankündigung von 'Räumungsgutscheinen im Wert von 500 EUR ab einem Einkaufswert von 3.500 EUR, im Wert von 300 EUR ab einem Einkaufswert von 2.000 EUR, oder im Wert von 100 EUR ab einem Einkaufswert von 600 EUR', wenn sie tatsächlich diese Rabatte auf die beworbenen Einrichtungsgegenstände nicht gewährt und auf diesen Umstand nicht ausreichend deutlich hinweist, insbesondere, wenn sie die ausgenommenen Waren mit Fantasiebezeichnungen wie 'Werbepreise' umschreibt.

Weiters werde der klagenden Partei die Ermächtigung erteilt, den klagestattgebenden Teil des Urteilsspruchs mit Ausnahme der Kostenentscheidung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des über diese Klage ergehenden Urteils einmal in einer Samstagsausgabe der Kronen‑Zeitung, bundesweite Ausgabe, im redaktionellen Teil in Fettdruck Umrandung und mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien, ansonsten in Normallettern, das heißt in der Schriftgröße redaktioneller Beiträge, auf Kosten der Beklagten zu veröffentlichen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.278,44 EUR bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens (darin 1.379,74 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist weiters schuldig, den beklagten Parteien die mit 10.015,92 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 874,82 EUR USt und 4.767 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt in Österreich mehrere Einrichtungshäuser. Im Jahr 2014 bewarb sie vom 13. bis 25. Oktober andauernde besondere Einkaufstage und bot den Kunden unter anderem einen Gutschein über 25 EUR bei einem Kauf ab 100 EUR als Geschenk an. Ein derartiger Vorteilsgutschein über 25 EUR war dem Werbeprospekt zum Ausschneiden angeschlossen. Der Gutschein sollte ab einem Einkaufswert von 100 EUR beim Kauf von Leuchten, Boutiqueartikeln, Böden, Heimtextilien und Vorhängen gelten. Der Vorteilsgutschein war groß herausgestellt. Ihm war eine Fußnote 1 zugeordnet, die klein gedruckt folgenden Inhalt hatte: „Pro Person und Einkauf ist nur ein Gutschein gültig. Ausgenommen Werbepreise. Bei Inanspruchnahme können keine weiteren Konditionen gewährt werden. Gültig vom 13. bis 25. 10. 2014. Nicht gültig auf bereits getätigte Aufträge, sowie bei Kauf von Gutscheinen, Büchern, Serviceleistungen und im Restaurant. Nicht mit Mitarbeiterrabatten kombinierbar. Keine Barauszahlung möglich. Nicht im Online‑Shop einlösbar. Weitere Gutscheine liegen in der Filiale auf!“

Der Werbung war weiters die Ankündigung von 20 % Preisnachlass auf lagernde Leuchten angeschlossen. Auch diese Ankündigung war mit der Fußnote versehen, dass Werbepreise ausgenommen seien, bei Inanspruchnahme keine weiteren Rabatte gewährt werden könnten, die Aktion bis 25. Oktober 2014 gültig sei, allerdings nicht auf bereits getätigte Aufträge und nicht mit Mitarbeiterrabatten kombinierbar sei.

Weiters bewarb der Prospekt Stühle in mehreren Farben zu je 39 EUR statt 149 EUR und einen TV‑Sessel und Hocker zu 149 EUR statt 409 EUR. Darüber hinaus bewarb die Beklagte in Form von Gutscheinen diverse verbilligte Artikel, etwa Gläser und Kochgeschirr, Regale, Leuchten, diverse Sessel, Blumenständer und Couchtische.

Der klagende Verein für Konsumenteninformation begehrte, die Beklagte zu verpflichten, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, in ihrer Werbung konkrete Preisnachlässe für Wareneinkäufe, insbesondere Gutscheine in bestimmter Höhe für Wareneinkäufe ab einem bestimmten Mindesteinkaufswert, anzukündigen, wenn sie sich vorbehalte, diese Preisnachlässe auf eine für den Umworbenen im Zeitpunkt des Lesens der Werbung nicht bestimmbare Warengruppe, etwa auf Waren aus einer Werbung oder auf bereits reduzierte Waren, zu gewähren, ohne ausreichend deutlich auf diesen Umstand hinzuweisen, insbesondere, wenn sie die ausgenommenen Waren mit Bezeichnungen wie „Werbepreise“ umschreibe. Hilfsweise beantragte er das Verbot, den unrichtigen Eindruck zu erwecken, auf preisreduzierte Möbel und Einrichtungsgegenstände ab einem bestimmten Mindesteinkaufswert weitere Rabatte zu gewähren, etwa durch blickfangartige Ankündigungen „Totalabverkauf – bis ‑70 %“ unter gleichzeitiger Ankündigung von „Räumungsgutscheinen im Wert von 500 EUR ab einem Einkaufswert von 3.500 EUR, im Wert von 300 EUR ab einem Einkaufswert von 2.000 EUR, oder im Wert von 100 EUR ab einem Einkaufswert von 600 EUR“, wenn sie tatsächlich diese Rabatte auf die beworbenen Einrichtungsgegenstände nicht gewähre und auf diesen Umstand nicht ausreichend deutlich hinweise, insbesondere, wenn sie die ausgenommenen Waren mit Fantasiebezeichnungen wie „Werbepreise“ umschreibe. Damit verband der Kläger ein Veröffentlichungsbegehren. Die Beklagte führe den Umworbenen in relevanter Weise über eine vorgebliche Vergünstigung des Preises in Irrtum und verstoße damit gegen § 2 Abs 1 Z 4 UWG. Zur informierten Entscheidung, ob man die Geschäfte der Beklagten aufsuchen möchte, um Gutscheine einzulösen, müsse man die von der Beklagten getroffenen Ausnahmen vom Gutscheinangebot kennen. Es müsse vor allem klar sein, dass diese Gutscheine nicht auf gleichzeitig beworbene Waren eingelöst werden, sondern offenbar jegliche (wann und wo auch immer) beworbene Ware davon ausgenommen sei.

Die Beklagte wendete ein, die beanstandeten Ankündigungen seien mit einer klar erkennbaren Fußnote mit weiterführenden Informationen versehen gewesen. Mit der genannten Ausnahme von Werbepreisen sei dem Durchschnittsverbraucher mitgeteilt worden, dass er auf die bereits beworbenen (Vorzugs‑)Preise keine weiteren Rabatte beanspruchen könne. Es sei auch darauf verwiesen worden, dass bei Inanspruchnahme der Preisnachlässe keine weiteren Konditionen gewährt werden könnten. Die Bedingungen für die Preisnachlässe seien damit klar und verständlich angegeben gewesen. Ein Durchschnittsverbraucher wisse, was unter einem Werbepreis zu verstehen sei. Dieses Verständnis entspreche sowohl der Vorerwartung als auch der Aufklärung, dass bei Inanspruchnahme der Preisnachlässe keine weiteren Konditionen gewährt werden könnten. Es sei verständlich geschrieben, dass die Aktion nur für diejenigen Produkte nicht gelte, die der Beklagte gegenüber Verbrauchern in Prospekten oder Inseraten konkret als verbilligt beworben habe. Jeder angemessen aufmerksame Verbraucher wisse, welche Produkte die Beklagte in Printmedien beworben habe, welche Produkte sie mit Werbepreisen ankündige. Außerdem kennzeichne sie in ihren Filialen die Produkte, für die Werbepreise gelten, unübersehbar auf Hinweisschildern mit „Werbung“. Bei allfälligen Zweifeln würde der Kunde vom Verkaufspersonal aufgeklärt. Dem angesprochenen Publikum sei es nicht zuletzt auch aufgrund üblicher Ankündigungen zahlreicher anderer Anbieter bekannt, dass bei Preisnachlässen mit Beschränkungen zu rechnen sei und Gutscheine, Rabatte etc mit anderen Preisreduktionen und Angeboten im Regelfall nicht kombinierbar seien, sofern nicht ausdrücklich Gegenteiliges angekündigt werde.

Das Erstgericht gab dem Hauptunterlassungs‑ und dem Veröffentlichungsbegehren statt. Die Beklagte habe mit ihrer Werbung den Umworbenen in relevanter Weise über eine vorgebliche Vergünstigung des Preises in Irrtum geführt und damit gegen § 2 Abs 1 Z 4 UWG verstoßen. Sie löse die Gutscheine auf zahlreiche, vom Umworbenen vorweg nicht eingrenzbare Waren nicht ein. Auf welche Waren die Gutscheine einzulösen seien, könne der Kunde nur bei einem Besuch in den Filialen der Beklagten feststellen. Aus der Ausnahme der Werbepreise, eines nicht sehr gängigen Begriffs, sei dem Kunden die Einschränkung nicht ausreichend deutlich erkennbar. Umso weniger rechne der Umworbene damit, dass er die Gutscheine nicht auf die in der Werbeaussendung gleichzeitig beworbenen Waren einlösen könne. Wenn die Beklagte bestimmte Waren von ihren Gutscheinen ausnehmen möchte, so müsse sie dies in einer dem Umworbenen klar verständlichen Weise machen.

Das Berufungsgericht bestätigt dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Ein durchschnittlich informierter und verständiger Interessent für die beworbenen Artikel bzw ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Kreise werde die Ankündigung der Beklagten dahin verstanden haben, dass er den zum Ausschneiden angeschlossenen Gutschein beim Einkauf von Waren der genannten Warengruppen bei der Beklagten verwenden könne. Mit dem zum Gutschein – im Kleindruck – gegebenen Hinweis „ausgeschlossen Werbepreise“ sei für einen durchschnittlich informierten und verständigen Interessenten nicht klargestellt, dass die Beklagte den im Prospekt angeführten Vorteil in Form des angeschlossenen Gutscheins nicht gewähren wolle, wenn er die im selben Prospekt oder sonst in der Werbung der Beklagten als vergünstigt beworbenen Produkte kaufe, „Statt‑Preise“ von der Beklagten aber nicht als Werbepreise verstanden würden und die damit beworbenen Produkte nicht von der Gutscheinaktion ausgenommen seien. Ohne Darlegung, an welche Produkte oder Werbung die Beklagte anknüpfe, um Produkte von der Einlösung des Gutscheins auszuschließen, bleibe für den Interessenten unklar, beim Kauf welcher Produkte der Gutschein eingelöst werde. Sollte er „ausgenommen Werbepreise“ so umfassend verstehen, dass damit die im selben Prospekt und alle von der Beklagten in der Werbung beworbenen Produkte, allerdings nicht die mit „Statt‑Preisen“ beworbenen, von der Gutscheinaktion ausgeschlossen seien, dann müsse er einen Überblick über jene 50 bis 150 Produkte haben, die die Beklagte pro Woche als vergünstigt bewerbe. Auch wenn es sich dabei nur um einen kleinen Bruchteil des Gesamtsortiments der Beklagten handle und der Werbepreis extrem kalkuliert sei, sodass es sich um besondere Schnäppchen handle, verstehe der Interessent bei Durchsicht des Werbeprospekts unter Aufwendung angemessener Aufmerksamkeit doch nicht, auf welche Artikel er den Gutschein einlösen könne und auf welche nicht. Dadurch, dass Konkurrenten mit Wortwendungen wie „ausgenommen Werbepreise“ werben, werde der Inhalt der gebrauchten Worte nicht klarer. Die Unklarheit werde auch nicht dadurch beseitigt, dass sich der Satz „bei Inanspruchnahme können keine weiteren Konditionen gewährt werden“ in der Fußnote finde. Die beanstandete Werbung der Beklagten ließe daher mehrere Deutungen zu. Das der für die Beklagte ungünstigsten Auslegung entsprechende Verständnis ihrer Werbung werde den Tatsachen aber nicht gerecht. Eine derartige Ankündigung übe eine Anziehungskraft aus, die dadurch, dass der Durchschnittsinteressent den Werbeprospekt der Beklagten in Ruhe studieren könne, nicht verringert werde. Eine Aufklärung in der Filiale, sei es durch Kennzeichnung der Produkte, für die Werbepreise gelten, oder durch ein regelmäßig und umfassend über die Beschränkung von Werbeaktionen geschultes Personal, mache die Beeinflussung der Kaufentscheidung der Verbraucher im Rahmen der Prospektwerbung nicht wett. Der Anlockeffekt einer Gutscheinaktion, die einer Vergünstigung um 25 % entspreche, verlange es, dass dem Verbraucher schon vor dem Besuch der Filiale klar sei, welche Produkte von der beworbenen Gutscheinaktion ausgenommen seien. Dass die irreführende Angabe der Beklagten geeignet gewesen sei, den Durchschnittsinteressent zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte, sei nicht zu bezweifeln. Der Tatbestand des § 2 Abs 1 Z 4 UWG sei daher erfüllt.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten, mit der sie die gänzliche Klageabweisung anstrebt, ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und auch berechtigt.

Beim Irreführungstatbestand ist zu prüfen, a) wie ein durchschnittlich informierter und verständiger Interessent für das Produkt, der eine dem Erwerb solcher Produkte angemessene Aufmerksamkeit aufwendet, die strittige Ankündigung versteht, b) ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht, und ob c) eine nach diesem Kriterium unrichtige Angabe geeignet ist, den Kaufinteressenten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (RIS‑Justiz RS0123292).

Für die Irreführung durch Unterlassen kommt es – abgesehen von den allgemeinen Kriterien (Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände, durchschnittlicher Verbraucher etc) – darauf an, a) ob wesentliche Umstände verschwiegen werden, die der Durchschnittsverbraucher zu einer informierten geschäftlichen Entscheidung benötigt, und b) ob sich dies auf sein geschäftliches Verhalten auszuwirken vermag; dabei ist c) den allenfalls beschränkten Möglichkeiten zur Informationsvermittlung Rechnung zu tragen (RIS‑Justiz RS0124472). Insofern erfasst § 2 Abs 4 UWG auch Geschäftspraktiken, die bloß einen durch Irreführung verursachten Anlockeffekt entfalten und bei denen der beim Verbraucher zunächst veranlasste Irrtum durch eine nachträgliche Ergänzung und/oder Richtigstellung der Produktinformation noch vor dem Zeitpunkt seiner endgültigen geschäftlichen Entscheidung aufgeklärt wird. Das Fehlen solcher wesentlichen Informationen in blickfangartigen Ankündigungen ist dann nicht durch für das verwendete Kommunikationsmedium typische Beschränkungen bedingt, wenn die gebotene Information von Durchschnittsverbrauchern über die für sie wesentlichen Punkte eines Angebots im Fall einer Werbung mit Zeitungsinseraten, Plakaten und Folder ohne einen ins Gewicht fallenden erhöhten Platzbedarf oder im Fall einer Werbung im Hörfunk oder Fernsehen ohne eine wesentlich höhere Sendezeit möglich ist (RIS‑Justiz RS0124471). Enthält eine Ankündigung wesentliche Informationen als Voraussetzung einer informierten geschäftlichen Entscheidung des Marktteilnehmers nicht, liegt also schon eine irreführende Geschäftspraxis nach § 2 Abs 4 UWG vor, ohne dass es noch weiters darauf ankäme, ob die Ankündigung als bereits konkrete und unmittelbare Aufforderung an Verbraucher zum Kauf mit gegenüber allgemeiner Aufmerksamkeits‑, Image‑ oder Gefühlswerbung erhöhten Informationspflichten zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0124473). Welche Informationen dabei wesentlich sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (4 Ob 203/15d mwN). Vom Begriff der wesentlichen Information sind im Allgemeinen solche Umstände erfasst, deren Vorenthalten, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände, beim Verkehr einen unzutreffenden Gesamteindruck erweckten. Es ist nicht nur auf das Zustandekommen oder Nicht‑Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts abzustellen, auch täuschende Unterlassungen über Nebenpunkte, die ein Rechtsgeschäft nicht per se scheitern lassen würden, können dem Wesentlichkeitserfordernis genügen ( Anderl/Appl in Kodek/Wiebe UWG² Rz 483 f zu § 2 UWG mwN).

Im Gegensatz zu der von den Vorinstanzen ihrer Beurteilung zugrundegelegten Auffassung war die Aufklärung der Beklagten für die Adressaten der Gutscheinwerbung im vorliegenden Fall ausreichend. Es trifft zwar zu, dass die mit der Gutscheinaktion beworbenen Warengruppen (Leuchten, Boutiqueartikel, Böden, Heimtextilien und Vorhänge) nicht wie in aller Regel teurere Möbel als Produkte anzusehen sind, für deren Beschaffung der Verbraucher im Allgemeinen größere Aufmerksamkeit und genauere Überlegung anwendet, die klargestellte Ausnahme von der Gutscheinaktion „ausgenommen Werbepreise“ ist aber, zumindest im Zusammenhang mit der weiteren Aufklärung, dass die Kombination mit weiteren Rabatten oder „Konditionen“ unzulässig sei, als hinreichend deutlich anzusehen. Der der Maßfigur entsprechende Verbraucher versteht die Angabe „ausgenommen Werbepreise“ insbesondere auch vor dem Hintergrund des ergänzenden Hinweises auf den Ausschluss der Kombination mit weiteren Rabatten („Konditionen“) dahin, dass damit, in welcher Weise auch immer, reduzierte Angebotspreise gemeint sind. Dass damit die Gutscheinaktion gerade für jene Waren nicht gilt, die sonst in dem den Gutschein enthaltenden Prospekt angepriesen werden (dort wird gerade eine wesentliche Verbilligung gegenüber dem ursprünglichen Preis herausgestellt) ist für den Verbraucher daher nicht weiter verwunderlich. Er hat eben die Wahl, entweder aufgrund sonstiger Rabattaktionen verbilligte Ware oder nicht verbilligte Ware, diese dann aber unter Verwendung des besonders beworbenen (allgemeinen) Rabattgutscheins zu erwerben.

Dass der durchschnittliche Verbraucher mit der vom Kläger beanstandeten Werbung keine konkrete Information vermittelt erhält, wie groß der Teil des unter Verwendung des Gutscheins zu kaufenden Sortiments im Vergleich zu den von diesem Rabatt ausgeschlossenen Anteil am Warenangebot ist, welcher in anderer Weise mehr oder weniger verbilligt angeboten wird, spielt keine Rolle. Ein Verbraucher, der sich für Leuchten, Boutiqueartikel, Böden, Heimtextilien oder Vorhänge interessiert, wird so gut wie nie genau wissen, wie umfangreich das konkret zur Verfügung stehende Angebot in Verbrauchermärkten, Großkaufhäusern oder Möbelhäusern vom Zuschnitt der Beklagten ist. Dass das unter Verwendung des beworbenen Gutscheins zu kaufende Warensortiment ganz verschwindend geringfügig im Vergleich zu dem von der Anwendung ausgeschlossenen Sortiment wäre, steht nicht fest und wurde auch gar nicht behauptet. Da aus anderen Gründen verbilligte Ware von der Anwendung des Gutscheins in deutlich erkennbarer Weise ausgeschlossen ist, wird der verständige Verbraucher auch nicht erwarten, gerade die im Prospekt mit einer besonderen Preisreduktion beworbenen Gegenstände auch noch mit dem Gutscheinrabatt erwerben zu können.

Der Umstand, dass die Beklagte eine bestimmte Preisreduktion (gegenüber „Statt‑Preisen“) sogar von ihrer Ausnahme wieder ausgenommen hat, für solche Preisreduktionen der Gutschein daher sogar verwendet werden kann, was aus dem Prospekt und den darin enthaltenen Erläuterungen nicht hervorgeht, schadet nicht. Dass der beworbene Gutschein in einem weiteren Umfang einsetzbar ist, als es aufgrund der klargestellten Ausnahme vom durchschnittlichen Verbraucher angenommen wird, ist nicht zu beanstanden, weil insoweit durch eine allfällige Irreführung kein Anlockeffekt, sondern eher das Gegenteil ausgelöst wird.

Auf die weiters als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, inwieweit die novellierte Fassung des § 2 Abs 5 UWG einer höchstgerichtlichen Klärung bedarf, ist nicht weiter einzugehen, weil die in der Werbung klargestellte Ausnahme von der Gutscheinaktion als hinreichend deutlich anzusehen ist. Auf zusätzliche Informationen, etwa aus dem Internet, ist der Verbraucher nicht angewiesen, ebensowenig auf Informationen in den Warenhäusern der Beklagten selbst. Diese wären auch nicht ausreichend, weil nicht geeignet, das durch einen allfälligen Irrtum veranlasste Verhalten des Verbrauchers (Aufsuchen der Warenhäuser der Beklagten) zu verhindern.

Da die Beklagte bei Bewerbung ihrer Gutscheinaktion die davon nicht erfassten Waren hinreichend deutlich angegeben hat, verstößt die vom Kläger beanstandete Prospektwerbung nicht gegen das Irreführungsgebot im Sinn des § 2 Abs 4 UWG. Das klägerische Unterlassungs‑(Haupt‑ und Eventual‑)begehren muss daher scheitern.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf § 41 ZPO; jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf §§ 41 und 50 ZPO.

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