OGH 10ObS55/16k

OGH10ObS55/16k7.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Andreas Hach (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. G*****, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich‑Hillegeist‑Straße 1, 1021 Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 2. Juni 2015, GZ 7 Rs 26/15t‑31, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:010OBS00055.16K.0607.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Wird der Rechtsmittelgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht, muss der Rechtsmittelwerber – sofern die Erheblichkeit des Mangels nicht offenkundig ist – die abstrakte Eignung des Verfahrensmangels, eine unrichtige Entscheidung des Berufungsgerichts herbeizuführen, dartun (RIS‑Justiz RS0043049, RS0116273). Die Revisionswerberin führt nicht aus, inwiefern sich die behauptete Verletzung der Manuduktionspflicht durch das Berufungsgericht in Bezug auf die Darstellung der Berufungsgründe ihrer Ansicht nach auf das Ergebnis des Verfahrens ausgewirkt haben sollte.

2. Betreffend die in der Berufung nicht enthaltene Rechtsrüge ist darauf zu verweisen, dass die in § 40 Abs 1 Z 2‑4 ASGG genannten qualifizierten Personen in Bezug auf die Anleitungspflicht nicht anders zu behandeln sind als Rechtsanwälte (8 ObS 156/97t). Die differenzierende Ausformung des § 40 ASGG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Dass es für eine Berufung zwingend einer Vertretung durch eine qualifizierte Person bedarf, wirkt sich insofern aus, als inhaltliche Mängel eines Rechtsmittels im Sinne eines unvollständigen Vorbringens, welches Folge einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung ist, nicht verbesserungsfähig sind (4 Ob 521/85). Daher kann die nicht gesetzmäßige Ausführung eines Rechtsmittels bzw von Rechtsmittelgründen nicht zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens führen (RIS‑Justiz RS0036173 [T16]). Die fehlende gesetzmäßige Ausführung der Rechtsmittelgründe ist ja – da dem Rechtsmittelverfasser als qualifizierter Person nicht das Fehlen der Kenntnis von den Erfordernissen einer Rechtsmittelschrift unterstellt werden kann – Ausdruck des Fehlens von Argumenten gegen die angegriffenen Urteilsausführungen ( E. Kodek in Rechberger , ZPO 4 § 471 Rz 10).

3. Die Entscheidung, ob eine Berufungsverhandlung erforderlich ist, steht seit dem Budgetbegleitgesetz 2009 im Ermessen des Berufungsgerichts (RIS‑Justiz RS0126298).

4. Mit der Tatsachenrüge hat sich das Berufungsgericht auseinandergesetzt, weshalb das Vorliegen des Revisionsgrundes der „Außerkraftsetzung des Rechtsmittelgrundes der unrichtigen Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht“ zu verneinen ist (vgl RIS‑Justiz RS0043371). Dass der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist und insofern eine inhaltliche Rechtsmittelbeschränkung besteht, begegnet keinen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Art 6 EMRK, der in Zivilrechtssachen kein Recht auf einen Instanzenzug vorsieht (RIS‑Justiz RS0043962; RS0074613; RS0074833; RS0121377).

5. Eine in der Berufung versäumte Rechtsrüge kann nicht in der Revision nachgetragen werden (RIS‑Justiz RS0043480).

6. Mangels erheblicher Rechtsfrage ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Stichworte